Thüringen ist heute ein dynamischer, innovativer Wirtschaftsstandort in der Mitte Europas. Im Freistaat werden Mikroskope, Planetarien, Schaltkreise, Autos, Medizintechnik und Solaranlagen gebaut und die vielen Erfolgsgeschichten beweisen: Thüringen ist im Aufwind
Wer kennt sie nicht, die berühmten Thüringer Klöße oder die Rostbratwurst. Weit über die Landesgrenzen hinaus bereiten diese Spezialitäten aus dem Freistaat den Genießern Gaumenfreuden. Aber Thüringen hat weit mehr zu bieten, als nur kulinarische Köstlichkeiten. Das Bundesland in der Mitte Deutschlands ist auch bekannt für seine Erfindungen und Entdeckungen. Die Industriealisierung Deutschlands erfolgte auch zum großen Teil aus Thüringen heraus. Von besonderer Bedeutung waren Bergbau, Metall- und Holzverarbeitung, Glas- und Porzellanherstellung und die Textilindustrie für die wirtschaftliche Entwicklung. In Thüringen liegt die Wiege der optischen Industrie. Hinlänglich bekannt ist, dass das Mikroskop ursprünglich aus Jena stammt. Dass diese Technologie vielfach weiterentwickelt wurde und nunmehr Basis für Geräte der Augenheilkunde, für Planetarien, Digitalprojektoren oder Rückprojektionsfernseher ist, erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Persönlichkeiten wie Ernst Abbe, Otto Schott oder Carl Zeiss legten die Grundlage für Unternehmen mit Weltruf, die heute Standorte in der ganzen Welt betreiben. Diese sind eng mit Thüringen und insbesondere mit der Universitätsstadt Jena verbunden.
Der Universitätsstandort Jena ist ein Zentrum für Optik, Medizin und Biologie/Biotechnologie. Hier werden beispielsweise marktreife Lösungen für eine schnelle Vor-Ort-Analyse akuter Infektionen wie Tuberkulose oder Malaria entwickelt. Diese erfolgreiche Arbeit wird anerkannt: In den vergangenen Jahren hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ein Forschungszentrum und drei neue Sonderforschungsbereiche an der Friedrich-Schiller-Universität Jena etabliert.
Neben der Optik zählen Firmen und Forschungsinstitute des Zweiges Life Science sowie der Laser- und Medizintechnik zu den Struktur bestimmenden Unternehmen in der Region. Ihre Produktpalette reicht von der Analytik über die Pharmaindustrie, dem medizinischen Instrumenten- und Gerätebau bis hin zu Implantat-Technologien. In den Operationssälen und Intensivstationen fast aller Kliniken sind die Erzeugnisse aus Thüringen zu finden.
Im Freistaat wurden viele Ideen entwickelt, die heute in täglicher Anwendung sind und von denen die wenigsten wissen, dass sie aus Thüringen kommen. Beispielhaft genannt seien der Gothaer Ernst Wilhelm Arnoldi, der Erfinder der Feuerversicherung, Franz Ferdinand Greiner, der 1830 im Thüringer Wald das erste deutsche Thermometer herstellte, oder Heinrich Geißler, der die nach ihm benannte Röhre – einen Vorläufer der Leuchtstoffröhre – entwickelte. Und bereits vor 100 Jahren wurden in Eisenach Automobile gebaut. Eine Brücke in die Zukunft hat der gebürtige Mühlhäuser Johann August Röbling mit dem Bau der Brooklyn-Bridge in New York geschlagen. Mit der Konstruktion der ersten Hängebrücke beschritt er neue Wege in der Bautechnik.
Grundlage des Erfolges war schon immer die enge Verzahnung der Wirtschaft mit den ansässigen Hochschuleinrichtungen. Nicht nur die Zahlen belegen, dass Thüringen über eine exzellente Hochschul- und Forschungslandschaft verfügt: Zentrale Akteure der Thüringer Forschungslandschaft sind die neun staatlichen Hochschulen, die außeruniversitären überregional tätigen Forschungseinrichtungen wie die drei Max-Planck-Gesellschaften, die fünf Fraunhofer-Gesellschaften, die Helmholtz-Gemeinschaft, die fünf Leibniz-Gemeinschaften sowie die insgesamt acht Forschungseinrichtungen der Deutschen Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse. Ihre erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit und ihr Zusammenwirken trägt wesentlich zum guten Ruf des Freistaats Thüringen als Technologiestandort bei.
Diese Forschungsakteure bieten Thüringer Studierenden und Wissenschaftlern gute Chancen im Studium sowie der wissenschaftlichen Arbeit und den Unternehmen eine enge Partnerschaft. Allein in Jena arbeiten rund 3.000 Wissenschaftler. Insgesamt gibt es an den Thüringer Hochschulen über 50.000 Studierende in nahezu allen akademischen Feldern. Die traditionsreichen Universitäten in Jena und Erfurt blicken auf eine bewegte Historie zurück: Die Universität Erfurt wurde bereits im Jahr 1379 gegründet, die Friedrich-Schiller-Universität Jena im Jahr 1558; namhafte Absolventen sind beispielsweise Gottfried Wilhelm Leibniz, Karl Marx oder Alexander von Humboldt. Doch auch heute sind die Thüringer Hochschulen weit über die Landesgrenzen hinaus für junge Menschen attraktiv: Etwa 40 Prozent der Studienanfänger kommen mittlerweile aus anderen Bundesländern oder aus dem Ausland.
Ein wichtiger Eckpfeiler des wissenschaftlichen Erfolges in Thüringen ist die enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft. Mit dem Thüringer Zentrum für Maschinenbau (ThZM), dem Forschungszentrum für Energie und Umweltchemie (CEEC), dem Thüringer Innovationszentrum Mobilität (ThIMo) oder dem Thüringer Zentrum für Existenzgründungen und Unternehmertum (ThEx) mit dem integrierten Kompetenzzentrum „Wirtschaft 4.0“ existieren eigene Plattformen und Netzwerke, die die Stärkung der Zusammenarbeit weiter vorantreiben. Die Wirtschaftskammern sind dabei als starke Partner aktiv eingebunden. Viele Aktivitäten werden auch in den Thüringer Clusterverbänden organisiert: Dabei stellen die Branchen Maschinenbau, Optik/Optotechnik, Life Sciences, Kunststoffverarbeitung oder die Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (MSR) nur einige der Wachstumsfelder Thüringens dar, die von der reichhaltigen Wissenschaftslandschaft des Freistaats profitieren und diese wiederum selbst weiterentwickeln. Thüringen – ein bedeutender Innovationsstandort in Deutschland – hat es geschafft, Tradition und Moderne in eine leistungsfähige Wirtschaft einzubinden.
Konsul Prof. Gerald Grusser
Der Autor hatte von 1982 bis 1990 Leitungsfunktionen in metallverarbeitenden Unternehmen in Leipzig und Erfurt inne, bevor er 1990 Geschäftsführer des Bereiches Industrie/Außenwirtschaft der IHK Erfurt wurde sowie Geschäftsführer der Thüringer Außenwirtschaftsfördergesellschaft. 1998 erfolgte die Ernennung zum Hauptgeschäftsführer der IHK Erfurt. Darüber hinaus ist er Honorarkonsul von Schweden sowie Honorarprofessor an der Universität Erfurt.