Seit Beginn der neunziger Jahre nimmt die internationale Verflechtung von Wirtschaftsbeziehungen kontinuierlich und mit wachsender Geschwindigkeit zu. Begleitet wird dies durch einen stetigen Abbau von internationalen Handelshemmnissen und Investitionsbeschränkungen sowie durch den Siegeszug der Informations- und Kommunikationstechnologie. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Märkte in zunehmendem Maße transparent und frei zugänglich wurden. Weltweit können heute nicht nur heimische, sondern auch ausländische Güter und Dienstleistungen erworben werden. Technologie, Qualität, Service und Preis sind die entscheidenden Faktoren, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.
Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz hat diese Herausforderungen frühzeitig erkannt und angenommen. Durch innovative Technologien und qualitativ hochwertige Produkte ist es den Unternehmen in weit überdurchschnittlichem Maße gelungen, von der Marke „Made in Germany“ zu profitieren. Diese Innovationskraft, nicht zuletzt begründet durch einen engen Schulterschluss von Wissenschaft und Wirtschaft, macht die Unternehmen in Rheinland-Pfalz zu international erfolgreichen Playern insbesondere in den Bereichen Maschinenbau, chemische Industrie, Fahrzeugindustrie, aber auch in den Wachstumsbranchen Gesundheitswirtschaft und Umwelttechnik. Dabei handelt es sich aber nicht nur um einen „gefühlten“ Erfolg, sondern um eine Tatsache, die sich durch Zahlen belegen lässt: Rheinland-Pfalz profitiert mit einer Exportquote von über 50 Prozent in besonderem Maße von offenen Märkten und gehört damit traditionell zur Gruppe der Bundesländer mit den höchsten Exportquoten. Mehr als die Hälfte aller in Rheinland-Pfalz produzierten Güter wird vom Ausland nachgefragt – mit unmittelbar positiven Auswirkungen auf Wachstum und Wohlstand im Land. Auch die im Bundesdurchschnitt außerordentlich niedrige Arbeitslosenquote ist in großen Teilen dem Export zu verdanken: Etwa jeder zweite Arbeitsplatz hängt inzwischen am Export.
Der Autor, 1964 geboren, hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg studiert. Im Jahr 2011 erhielt er – als erster Rheinland-Pfälzer – den Verdienstorden des Landes Rumänien für die Entwicklung der deutsch-rumänischen Beziehungen. Volker Scherer ist Leiter des Geschäftsbereichs International der IHK Pfalz. Er schreibt regelmäßig Beiträge und Publikationen zu Fachthemen im außenwirtschaftlichen Bereich.
Getragen wird dieser Erfolg in besonderer Weise von einer gesunden Mischung aus Global Playern, mittelständisch geprägten Hidden Champions und vielen kleinen innovativen Unternehmen. Weltunternehmen wie beispielsweise die BASF SE in Ludwigshafen als das führende Chemieunternehmen der Welt, die Daimler AG mit ihrem weltweit größten LKW-Werk in Wörth, Boehringer Ingelheim als zweitgrößtes deutsches forschendes Pharmaunternehmen sowie die Schott AG in Mainz als bedeutender internationaler Technologiekonzern sind allesamt Namen, die weltweit bekannt sind und einen hervorragenden Ruf genießen. Aber auch die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen tragen in besonderer Weise zum Erfolg des Landes bei.
Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in Rheinland-Pfalz sind mittelständisch geprägt und erwirtschaften rund 60 Prozent der Unternehmensumsätze. Aufgrund ihrer Flexibilität und ihrer Dynamik sind sie in der Lage, ihren Kunden in der ganzen Welt individuell zugeschnittene und zukunftsweisende Lösungen anzubieten. Sie verkörpern damit in besonderer Weise das moderne Rheinland-Pfalz.
Ein Blick auf die Empfängerländer zeigt, dass heute über 60 Prozent der rheinland-pfälzischen Exporte in die Länder der Europäischen Union gehen; allerdings ist hier inzwischen ein unterdurchschnittliches Wachstum festzustellen. Auch die USA als bisher wichtigster außereuropäischer Abnehmer rheinland-pfälzischer Waren und Dienstleistungen verlieren nach und nach an Bedeutung. Dagegen gewinnt die Volksrepublik China zunehmend an Gewicht und kann überdurchschnittliche Wachstumsraten verzeichnen. Besonders gefragt sind im Ausland Vorleistungs- und Investitionsgüter, die insgesamt über 80 Prozent der rheinland-pfälzischen Exporte ausmachen.
Die internationale Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen wird durch die günstigen Standortbedingungen in Rheinland-Pfalz gefördert. Dazu gehört die geografische Lage im Herzen Europas und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Frankreich, Luxemburg und Belgien. Auch die internationalen Verkehrsanbindungen sind hervorragend, unabhängig davon, ob Waren über das leistungsfähige Straßennetz oder über die Verkehrswege Luft, Schiene und Wasser – der Rhein ist die wichtigste Wasserstraße Europas – transportiert werden. Mit Zweibrücken und Frankfurt-Hahn liegen zwei internationale Flughäfen direkt in Rheinland-Pfalz. Weitere drei sind nur wenige Kilometer entfernt, darunter mit Frankfurt Airport eines der bedeutendsten Luftverkehrsdrehkreuze der Welt. Zugleich sorgen mehr als 20 Hochschulen und Forschungseinrichtungen für qualifizierten Nachwuchs und gemeinsam mit gut ausgebildeten Fachkräften für Kontinuität und innovative Impulse.
Neben diesen zentralen Voraussetzungen sind eine sorgfältige Vorbereitung, ausreichende personelle Kapazitäten und vor allem die „richtigen“ Partner vor Ort entscheidend. Hier können rheinland-pfälzische Unternehmen auf die Unterstützung eines funktionierenden Netzwerks zugreifen. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium in Mainz und den anderen Wirtschaftsorganisationen des Landes haben die Industrie- und Handelskammern eine Art Baukastensystem entwickelt, das aus Unternehmerreisen, Messebeteiligungen, Wirtschaftstagen, Fachseminaren, Symposien, Vorträgen und Sprechtagen besteht. Kernstück ist die individuelle Beratung zu allen Fragen eines unternehmerischen Engagements im Ausland. Dabei wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern es werden auch Erfahrungen von Unternehmern an Unternehmer weitergegeben.
Auch in Zukunft wird der Export eine tragende Rolle in Rheinland-Pfalz spielen. Bei weitgehend gesättigten Märkten im Inland wird sich das Wachstum auch künftig vor allem aus dem Auslandsgeschäft speisen. Hier sind an erster Stelle die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) zu nennen, die aufgrund ihrer Größe und Entwicklungsdynamik eine herausragende Stellung einnehmen werden. Es werden aber nicht ausschließlich die „Großen“ sein, auch Wachstumsmärkte der zweiten Reihe rücken zunehmend in den Fokus des Interesses. Gerade die Region Südostasien gilt aufgrund ihrer hohen Bevölkerungszahlen und überdurchschnittlicher Wachstumsraten als der zentrale Schlüsselmarkt für die Zukunft.
Der außenwirtschaftliche Erfolg ist aber kein Selbstläufer. Um international erfolgreich zu bleiben, müssen die Rahmenbedingungen und Förderinstrumentarien auch weiterhin zeitgemäß und wirtschaftsfreundlich ausgestaltet sein. Ebenso sind Bildung und Qualifikation Grundvoraussetzungen für Innovation und damit für den wirtschaftlichen Erfolg rheinland-pfälzischer Waren auf dem Weltmarkt.