Thüringen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem dynamischen Standort für anspruchsvolle Kunststoffprodukte entwickelt. Eine Vernetzung der vorwiegend klein- und mittelständischen Kunststoffunternehmen Thüringens ist unerlässlich, um die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft gegenüber dem Weltmarkt aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen.
Die Kunststoffbranche in Thüringen ist ein Beispiel für den erfolgreichen Aufbau und die nachhaltige Positionierung einer mittelständischen Unternehmensstruktur in Ostdeutschland. Mit über 700 Unternehmen die Kunststofftechnik betreiben ist die Branche mit ca. 50.000 Arbeitsplätzen eines der wichtigsten Wirtschaftsstandbeine des Landes. Die meisten Betriebe der Kunststoffbranche sind klein- und mittelständische Unternehmen, sogenannte KMUs. Nicht zuletzt wegen dieser Branchenstruktur befindet sich die Thüringische Kunststoffindustrie in den kommenden Jahren vor einigen Herausforderungen, die eine enge Zusammenarbeit und gute Vernetzung der Unternehmen fordern.
Die Vernetzung der Unternehmen erfolgt durch landesweite Cluster, wie dem PolymerMat e.V. – Kunststoffcluster Thüringen sowie durch themenspezifische, regionale Netzwerke. Die jeweiligen Verbände unterstützen ihre Mitglieder in diversen Bereichen; das landesweite Netzwerk PolymerMat e.V. agiert als Kommunikationsplattform, Dienstleister, Wissenstransfer und Intermediär zwischen Unternehmen sowie zur Öffentlichkeit und Politik.
Das Wachstum der Branche fordert die KMUs aus ihrer Rolle als verlängerte Werkbank heraus und verlangt intensivierte eigene Entwicklungs- und Innovationsaktivitäten, um die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig aufrechtzuerhalten – unabhängig von Standortvorteilen wie Regionalförderungen oder Lohnkostenvorteilen. Eine Möglichkeit für die Intensivierung der Entwicklungsaktivitäten wird den Unternehmen der Thüringischen Kunststoffbranche durch die Teilnahme an Förder- und Forschungsprojekten geboten, die vom Cluster begleitet werden. Hierbei erforschen und entwickeln Unternehmen gemeinsam mit thüringischen und anderen Forschungsinstituten innovative Materialien und Produktionsverfahren. Die Nutzung gemeinsamer F&E Plattformen und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen sichert den KMUs eine breite Kompetenzbasis. Die Kompetenzen der Kunststoffunternehmen werden zusätzlich durch ein großes Angebot an Fachgruppentreffen und Leitveranstaltungen gestärkt, beispielsweise der Mitteldeutschen Kunststofftag in Erfurt. Bei diesen Veranstaltungen steht neben dem Wissenstransfer besonders die Vernetzung der Unternehmen untereinander im Fokus.
Eine der Herausforderungen der kommenden Jahre wird darin bestehen, dass die KMUs in Thüringen wachsen. Hier steht nicht nur ein Geschäftswachstum sondern auch ein Strukturwachstum bevor, dem sich die Unternehmen stellen müssen. Weiterhin stehen viele Mittelständler in Thüringen vor dem Problem der Unternehmensnachfolge. Hierbei müssen thüringische Unternehmen der Kunststoffindustrie unterstützt werden. Primär erfolgt diese Unterstützung durch Informationsveranstaltungen, oftmals auch branchenübergreifend, um praktische Lösungsansätze anderer Unternehmen vorzustellen. In der Vergangenheit zeigte sich, dass besonders kleinere Informationsveranstaltungen wie ein „Unternehmerstammtisch“ die Unternehmer ermutigt haben, sich über die gegenseitigen Vorgehensweisen und Erfahrungen auszutauschen.
Die Sichtbarkeit der Branche, die öffentliche Argumentation zur Bedeutung und die Vertretung von Interessen der Kunststoffindustrie spielt in der modernen Kommunikationsgesellschaft eine große Rolle. Die Bildung von Netzwerken ist ein wichtiges Mittel um die Wahrnehmung der Kunststoffindustrie in der Öffentlichkeit, gegenüber der internationalen Branche und der Politik zu erhöhen. Gerade in den letzten Jahren steigt das Interesse der KMUs an der Teilnahme an Gemeinschaftsständen auf Fachmessen wie der FAKUMA; eine internationale Fachmesse für Kunststoffverarbeitung. Die Gemeinschaftsstände gewährleisten den einzelnen Unternehmen eine deutlich höhere Aufmerksamkeit und ermöglichen auch kleinen Unternehmen eine finanziell günstige Teilnahme an solchen Messen.
Die Netzwerke pflegen kontinuierlich eine positive Branchenwahrnehmung in der Öffentlichkeit. Im Sinne der Kunststoffbranche wird auf Messen und in den Medien der Stellenwert der Kunststoffindustrie in Thüringen verdeutlicht sowie Vorurteile gegenüber dem Werkstoff Kunststoff aufgeklärt. Auch im Bereich Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung ist die öffentliche Darstellung der Branche ein wichtiger Faktor. Cluster wie der PolymerMat e.V. koordinieren für ihre Mitglieder die Bewerbung offener Ausbildungs- und Arbeitsplätze und stellen den Unternehmen geeignetes Informationsmaterial für die Bewerbung ihrer Stellen zur Verfügung. Letztlich ist die Zusammenarbeit der Netzwerke mit Ministerien und Landesinstitutionen ein wichtiger Faktor, um die Brancheninteressen bestmöglich zu vertreten.
Die genannten Beispiele zeigen, dass eine Vernetzung der Unternehmen unerlässlich ist, um die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Standorts Thüringen gegenüber dem Weltmarkt aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen.
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Koch
Geboren im Jahr 1955 promovierte Prof. Koch 1987 im Fachgebiet Kunststofftechnik an der Universität Paderborn. Es folgten international leitende Stationen, unter anderem bei der Krupp Corpoplast Maschinenbau GmbH; Husky Injection Molding Systems in Canada und TetraPak Plastics Ltd. in der Schweiz sowie bei Ferromatik Milacron Maschinenbau GmbH. Seit 2009 ist Prof. Koch Fachgebietsleiter der Stiftungsprofessur Kunststofftechnik; Fakultät für Maschinenbau an der Technischen Universität Ilmenau. Zudem ist er Leiter der Geschäftsstelle des PolymerMat e.V. – Kunststoffcluster Thüringen.