Baden-Württemberg ist die Heimat von Global Playern wie Bosch, Daimler oder SAP. International operierende Unternehmen wie ABB, IBM, Roche oder Michelin sind mit ihrer deutschen oder europäischen Zentrale in diesem Bundesland vertreten. „Hidden Champions“ wie Voith in Heidenheim an der Brenz oder Trumpf in Ditzingen haben hier ebenfalls ihren Sitz. Neben Weltfirmen und Großunternehmen verfügen auch viele mittlere und kleine Unternehmen (KMU) in Baden-Württemberg über eine starke Stellung im nationalen und internationalen Wettbewerb. In diesen innovativen, flexiblen KMU arbeiten rund zwei Drittel der Arbeitnehmer in Baden-Württemberg und erwirtschaften dort die Hälfte des Bruttosozialprodukts des Bundeslandes.

Es ist die Industrie, die in hohem Maße das Gesicht der baden-württembergischen Wirtschaft prägt. Dafür sind die meisten der genannten Firmennamen ein klarer Fingerzeig. Ein internationaler Vergleich mit anderen EU-Staaten sowie den Vereinigten Staaten oder Japan zeigt, dass in Baden-Württemberg mit einem 40-prozentigen Anteil des produzierenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung und einem Dienstleistungsanteil von rund 60 Prozent die Industrie noch immer ein deutlich größeres Gewicht hat als in anderen Industriestaaten. Insbesondere die Automobilbranche und ihre Zulieferunternehmen, der Maschinen- und Anlagenbau, die Mess- und Medizintechnik, die feinmechanische und optische sowie die elektrotechnische Industrie sind in Baden-Württemberg stark vertreten. Dazu kommen noch zahlreiche pharmazeutische Unternehmen, die hier angesiedelt sind.
Viele baden-württembergische Unternehmen, vor allem aus den genannten Branchen, sind nicht nur auf nationaler Ebene aktiv, sondern engagieren sich auch als Akteure im globalen Wettbewerb. Sie konkurrieren – aufgrund ihrer hohen technologischen Leistungsfähigkeit – sehr erfolgreich mit Wettbewerbern aus Asien, Europa oder Nordamerika. Die Wettbewerbsstärke wird in Baden-Württemberg allerdings nicht nur von Großunternehmen getragen, sondern geht in beträchtlichem Maße auch auf das Engagement einer großen Anzahl innovationsstarker kleiner und mittlerer Unternehmen zurück. Deren hohe Innovationsperformance resultiert, einer Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zufolge, vor allem aus einer spezifischen Kundenstruktur. Diese ist geprägt von forschungs- und exportorientierten Branchen sowie von einer größeren Verbreitung von Innovationsstrategien, die auf Technologieführerschaft setzen.
Es muss daher nicht wundern, dass sich in Baden-Württemberg Kapazitäten für Forschung und Entwicklung (FuE) konzentrieren, wie sie in diesem Ausmaß nirgendwo sonst in Deutschland und nur vereinzelt in anderen europäischen Hauptstadtregionen zu finden sind. Maßzahlen wie die FuE-Intensität, die Zahl der Beschäftigten in FuE oder das Patentaufkommen belegen die Stellung Baden-Württembergs als zentrales Wissensland in Europa ebenso wie das hervorragende Abschneiden bei der von Bund und Ländern durchgeführten Exzellenzinitiative oder dem Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Darüber hinaus befinden sich allein zwölf der insgesamt 80 Max-Planck-Institute und 14 der insgesamt 57 Fraunhofer-Institute sowie 25 Prozent der Forschungskapazität der Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft in Baden-Württemberg.
Als Grundlage für innovative Produkte, Produktionsprozesse oder Dienstleistungsangebote ist FuE von großer Bedeutung. Eine wichtige Grundlage für die Spitzenstellung bei FuE ist das gute Zusammenspiel vieler forschungsfreudiger Unternehmen mit hervorragenden FuE-Dienstleistern sowie mit leistungsstarken Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. So liegt Baden-Württemberg auf Platz eins bei den Patentanmeldungen der deutschen Bundesländer. Beleg für Baden-Württembergs Forschungsstärke ist zudem die Platzierung im Rahmen der von Bund und Ländern durchgeführten Exzellenzinitiative. Hier war Baden-Württemberg das erfolgreichste deutsche Bundesland. Insgesamt fließen an baden-württembergische Universitäten 621 Millionen Euro der rund 1,9 Milliarden Euro, die für die Exzellenzinitiative zur Verfügung stehen. Ebenfalls hervorragend im Rennen liegen baden-württembergische Forschungseinrichtungen und Unternehmen bei dem Spitzencluster-Wettbewerb des BMBF. Bisher wurde die Förderung von zehn Spitzenclustern in Deutschland beschlossen. An vier davon sind Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Baden-Württemberg maßgeblich beteiligt. Es sind dies der Biotechnologiecluster und das Forum Organic Electronics in der Metropolregion Rhein-Neckar, das Software Cluster sowie MicroTEC Südwest.

Mit seiner Wirtschafts- und Forschungsinfrastruktur ist Baden-Württemberg im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt. Die Voraussetzungen, um auch in Zukunft den technologischen Vorsprung der südwestdeutschen Wirtschaft zu bewahren, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die Arbeitsplätze zu sichern, sind daher gegeben. Unverzichtbar ist allerdings, neben den bereits vorhandenen leistungsstarken Sektoren neue zukunftsweisende Technologiefelder intensiv zu fördern.
Informations- und Kommunikationstechnologien sind hierbei ebenso zu nennen wie Bio-, Nano-, Energie- oder Umwelttechnologie. Eine wesentliche Grundlage, um neue Technologiefelder erfolgreich zu bearbeiten und in bereits starken Sektoren die Stärke zu bewahren oder weiter auszubauen, sind hochqualifizierte Fachkräfte, vor allem mit ingenieur- und naturwissenschaftlichem Abschluss oder mit einer technischen Ausbildung. Trotz einer sehr gut ausgebauten eigenen Bildungsinfrastruktur ist Baden-Württemberg aufgrund seines hohen FuE-Engagements, seines starken Industriesektors sowie der zahlreichen auch international engagierten KMU ein großer Importeur von qualifizierten und hochqualifizierten Arbeitskräften. Die industrielle Facharbeiterquote beispielsweise erreicht mit 52 Prozent in Baden-Württemberg einen internationalen Spitzenwert. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und um gegenüber anderen Staaten, die in der jüngsten Vergangenheit stark in Bildung und Ausbildung investiert haben, künftig zu bestehen, muss Baden-Württemberg Anreize schaffen und weiter darauf hinarbeiten, dass mehr junge Menschen eine Hochschul-, Meister-, Lehrlings- oder Facharbeiterausbildung abschließen. Nur so wird das Land künftig sein Potenzial als hochwertiger Wirtschaftsstandort ausspielen können. Empfehlungen dazu, wie dies gelingen kann, gibt der Innovationsrat Baden-Württemberg, der von der Landesregierung ins Leben gerufen wurde. Dem Gremium gehören über 50 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur sowie Vertreter von Kommunen, Verbänden und Kammern an.
Der Autor studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim und promovierte 1974. Seit 1997 ist er Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim und Inhaber eines Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Seit 2003 ist er Mitglied sowie seit 2009 Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.