In unserer Gesellschaft hat die Lasertechnik die meisten Bereiche wie Medizin, Kommunikation, Umwelt, Handel und Mobilität durchdrungen. Laser, die durch vielfältige Kooperationen am Fraunhofer ILT entwickelt wurden, eröffnen neue Anwendungen und weiteres Entwicklungspotenzial.
„Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erscheint.“ Der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein konnte mit seinem Zitat noch nicht ahnen, welchen unschätzbaren Nutzen seine theoretischen Erkenntnisse über die Wechselwirkung von Licht und Atomen haben würden. Erst in den 60er Jahren gelang es Theodore Maiman von den Hughes Research Laboratories, die Erkenntnisse zur Strahlungsverstärkung mittels stimulierter Emission in den ersten LASER (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation) einfließen zu lassen. Seitdem steht der Begriff LASER nicht nur für das Verstärkungsprinzip, sondern vielmehr für die haptische Strahlquelle. Während in der Anfangsphase des Lasers noch die Rede „von einem Gerät auf der Suche nach Anwendungen“ war, sieht die Situation heute genau umgekehrt aus.
Kaum eine Aufgabenstellung wird nicht auch dahingehend überprüft, ob der Laser zu einer wesentlichen Verbesserung beitragen kann. Einige Anwendungen sind durch den Laser überhaupt erst ermöglicht worden. So wurden Augenoperationen zur Beseitigung von Fehlsichtigkeit erst durch das laserunterstützte Verfahren möglich. In unserer Gesellschaft hat die Lasertechnik die meisten Bereiche wie Medizin, Kommunikation, Umwelt, Handel und Mobilität durchdrungen. Der Erfolg der Lasertechnik beruht in Deutschland auf der traditionell engen Verknüpfung von Industrie, Wissenschaft und Forschungsministerien. So konnten systematisch seitens der Wissenschaftsorganisationen sehr gute Nachwuchskräfte für die Industrie ausgebildet werden. Die Industrie nutzte über viele Jahre die fokussierten und strategisch ausgelegten Forschungsprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie der Landesministerien, um innovative Laserstrahlquellen und Laserprozesse im engen Schulterschluss mit den Forschungszentren zu entwickeln.

Erster Ultrakurzpulslaser im Femtosekundenbereich mit einer mittleren Leistung
über 1kW (Weltrekord) entwickelt 2009 am Fraunhofer ILT in Aachen.
In Nordrhein-Westfalen konnte diese Symbiose im Umfeld des Fraunhofer-Institutes für Lasertechnik ILT exzellent umgesetzt werden. Seit der Gründung im Jahre 1985 zählen sowohl Laserstrahlquellenhersteller als auch Laseranwender zu den FuE-Partnern. Neue Laser, die am Fraunhofer ILT entwickelt wurden, eröffneten neue Anwendungen, und neue Anforderungen der Fertigungstechniker führten wiederum zur Entwicklung neuer Laserstrahlquellen. Ein geschlossener Kreislauf, der die Technologie konsequent voranbrachte und zu einem schnellen Wachstum des Zentrums in Aachen führte. Drei Jahre nach der Gründung siedelten sich erste Unternehmen direkt im Gebäude des Fraunhofer ILT an, um als „Spin-ins“ vor Ort in gemischten Projektteams besonders risikoreiche Entwicklungen voranzutreiben. Nicht nur Anwender aus der Stahlindustrie, der Mikrotechnik und der Messtechnik, sondern auch Laserstrahlquellenhersteller nutzten die in Europa einzigartige Infrastruktur. Zahlreiche Innovationen entstanden in diesem Umfeld wie das laserunterstützte Reinigen von Oberflächen, das Generieren von Zahnersatz durch laserunterstützte Rapid-Manufacturing-Verfahren oder das automatisierte Laserpolieren von Oberflächen. Mit über 350 Mitarbeitern und zusätzlich rund 150 Mitarbeitern der verbundenen RWTH-Lehrstühle zählt das Fraunhofer ILT zu den führenden Auftragsforschungs- und Entwicklungszentren der Branche. In 25 Jahren wurden über 380 Patente angemeldet und rund 30 Unternehmen ausgegründet. Diese Spin-offs stellen entweder Laserstrahlquellen her oder nutzen sie als Anwender oder Systemhersteller. Bei allen Initiativen gilt die Maxime der Institutsleitung: „Vor jedem Projekt sollte eine Vision, neben jedem Projekt ein professionelles Management und hinter jedem Projekt ein gesellschaftlicher Nutzen stehen.“
Wo liegt nun die Besonderheit des Laserlichtes? Es sind die außergewöhnlichen Eigenschaften wie hohe Leistungen, gerichtete Strahlung, gute Fokussierbarkeit und kurze Pulse. Die Laserstrahlung kann maßgeschneidert werden, und zwar für jegliche Anwendung. Das führt zu hoher Flexibilität, Produktivität und Qualität. Das Anwendungsspektrum des Lasers ist sehr breit gefächert und reicht von Fügen und Trennen über Generieren und Abtragen bis hin zum Strukturieren und Polieren. Der Laser ist ein multifunktionales Werkzeug, das flexibel zur Materialbearbeitung eingesetzt werden kann. Da die Laserverfahren auch kontinuierlich überwacht oder gar gesteuert werden können, sind sie für automatisierte Produktionsprozesse mit Online-Qualitätskontrolle prädestiniert.
Wo stehen wir und was erwartet uns in der Zukunft? Im Bereich des Laserschneidens, der den größten Teil des Marktes abbildet und sicherlich zu den besonders ausgereiften Verfahren zählt, sind die Anwendungen sehr vielfältig. Ob Stahlbleche, Papier oder Sperrholz, der Laser wird nahezu für alle Materialien zum Schneiden eingesetzt. Beispiele in der Mikrobearbeitung sind das Laserfeinschneiden von Stents (Gefäßstützen für die Herz- und Gefäßchirurgie) oder von Präzisionsbauteilen in der Uhrenindustrie.
Ob Schweißen, Löten oder Bonden, das Laserfügen wird sowohl im Makro- als auch im Mikrobereich eingesetzt. In der metallverarbeitenden Industrie werden beispielsweise Endlosrohre und in der Automobilindustrie Getriebekomponenten geschweißt. In den kommenden Jahren werden neue Materialkombinationen im Zentrum des Interesses stehen. So werden im Automobilbereich zukünftig vermehrt faserverstärkte Kunststoffe eingesetzt. Hier stehen Laserfüge- und -schneidverfahren erst am Anfang der Entwicklung.

Metallisches Musterbauteil mit Hohlgitter-Struktur generierend gefertigt mit dem am Fraunhofer ILT entwickelten und patentierten Selective Laser Melting (SLM) Verfahren.
Der weltweite Wettbewerb fordert zunehmend maßgeschneiderte Serienprodukte. Hier spielen generierende Verfahren wie das Selective Laser Melting SLM, das am Fraunhofer ILT in Aachen entwickelt wurde, eine zentrale Rolle. Mit diesem Verfahren können auf der Grundlage von CAD-Daten (computergestützte Entwürfe) dreidimensionale metallische Bauteile förmlich ausgedruckt werden. Dabei verfestigt ein Laserstrahl das pulverförmige Material Schicht für Schicht und baut somit sukzessive das Bauteil auf. Vorgegebene Hohlräume können mit diesem Verfahren ohne Weiteres realisiert werden. Die Flugzeugindustrie, der Werkzeugbau und die Medizintechnik haben die Vorteile des SLM-Verfahrens erkannt und setzen dieses bei der Herstellung von neuartigen Turbinen, innengekühlten Formeinsätzen oder maßgeschneiderten Titanimplantaten ein. In diesem Bereich ist eine neue Perspektive erkennbar: die Herstellung sogenannter resorbierbarer Implantate. Diese künstlichen Ersatzknochen bestehen aus Polylactid. Darin eingelagert sind Partikel aus Tricalciumphosphat (TCP), die für die Festigkeit sorgen und den natürlichen Knochenheilungsprozess anregen. In die interne poröse Struktur des Materials kann der angrenzende Knochen hineinwachsen. Die Besonderheit liegt nun darin, dass das Implantat in dem gleichen Maße körperintern abgebaut wird wie der gesunde Knochen nachwächst. Maßgeschneiderte resorbierbare Implantate könnten in Zukunft insbesondere bei Gesichts-, Kiefer- und Schädeloperationen eingesetzt werden.
Auch bei den Laserstrahlquellen bleiben die Entwicklungen nicht stehen. Während Gas- Festkörper- und Diodenlaser weit verbreitet sind, stehen die sogenannten Ultrakurzpulslaser erst am Anfang ihrer Entwicklung. Es handelt sich hierbei um spezielle Festkörperlaser, die extrem kurze Pulse (< 10-10 s) mit einer sehr hohen Spitzenintensität (> 1010 W/cm2) aussenden. Diese Pulse sind so kurz, dass sich im Gegensatz zu bisherigen Lasern das Material erst nach Ende des Pulses leicht erwärmt. Somit wird beispielsweise beim Bohren das Material fast ausschließlich über Verdampfung und kaum noch durch heraus getriebenes Schmelzmaterial abgetragen. Das erhöht deutlich die Qualität der Bohrungen und erlaubt es, auch sehr harte Materialien aus Keramik und Diamant hochpräzise zu bearbeiten.
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den zahlreichen Entwicklungen, die in den kommenden Jahren anstehen. Treibende Branchen wie die Medizintechnik, die Energietechnik und die Biophotonik eröffnen der Lasertechnik viele weitere ungeahnte Perspektiven. Insbesondere die forschungsintensiven und gut vernetzten Regionen in NRW können sich hier wertschöpfend einbringen. Zusammen mit ihren industriellen Partnern werden FuE-Zentren wie das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT auch weiterhin neue Horizonte für die optischen Technologien öffnen – ganz nach dem Credo von Antoine de Saint-Exupéry: „Was die Zukunft betrifft, so ist deine Aufgabe nicht, sie vorauszusehen, sondern sie zu ermöglichen.“
Prof. Dr. Reinhart Poprawe
Der Autor wurde 1954 geboren und beendete an der California State University, Fesno erfolgreich sein Physikstudium. Nachdem er sein Diplom und 1984 seinen Doktortitel in Darmstadt erworben hatte, wurde er Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik in Aachen. Von 1989 bis 1996 war Prof. Dr. Reinhart Poprawe Geschäftsführer der Thyssen Laser-Technik GmbH, bevor er als Institutsleiter an das Fraunhofer-Institut zurückkehrte.
Dipl.-Phys. Axel Bauer
Der Autor begann 1989 seine Karriere beim Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen als wissenschaftlicher Mitarbeiter, nachdem er sein Physikdiplom an der RWTH in Aachen erworben hatte. Seit 1994 ist er für das Marketing und die Kommunikation des Instituts zuständig. Axel Bauer ist seit 1995 Gründungsmitglied des Marketing-Netzwerkes der Fraunhofer-Gesellschaft und seit 2001 des PR-Netzwerkes sowie seit 2002 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Lasertechnik e.V., Aachen.