August der Starke und sein Sohn König August III. waren bedeutende Mäzene und bemerkenswerte Kunstkenner. Ihre systematisch angelegten Kunstkabinette, die schon damals ausgewählten Kreisen zugänglich gemacht wurden, bilden den Kern der wunderbaren Kunstschätze der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
In den fünfundzwanzig Jahren seit der deutschen Wiedervereinigung hat sich in Dresden viel getan. Die Stadt ist kaum wiederzuerkennen. Häuser, Plätze, ganze Straßenzüge haben sich verändert und die Bauvorhaben sind noch längst nicht abgeschlossen. Die größte Kulturbaustelle im Freistaat Sachsen ist immer noch das Dresdner Residenzschloss. Denkmalpfleger, Architekten, Handwerker, Baumeister, Restauratoren und Kunsthistoriker, alle führend in ihrer Disziplin, leisten hier seit Jahrzehnten Großes. Das Residenzschloss ist wieder ein lebendiger Ort inmitten Dresdens, es bietet seit der Eröffnung des mit einer Glaskuppel überdachten kleinen Schlosshofes im Januar 2009 seinen Besuchern erstmals ein großzügiges Eingangsfoyer. Neben dem Grünen Gewölbe, einer der reichsten Schatzkammern Europas, dem Kupferstich-Kabinett, einer der wichtigsten Sammlungen von Zeichnungen, druckgrafischen Werken und Fotografien, beherbergt das Residenzschloss auch Sammlungsräume der Rüstkammer: Ein bedeutsamer Schritt im Wiederaufbau des Residenzschlosses wurde mit der Eröffnung des Riesensaals im Februar 2013 vollzogen. Auf 700 Quadratmetern sind circa 350 Objekte ausgestellt, einige in nachgestellten Turnierszenen. In Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Peter Kulka konnten die ursprünglichen Raummaße rekonstruiert und eine zeitgenössische Interpretation des historischen Gewölbes gefunden werden. Die Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist eine der bedeutendsten Harnisch-, Prunkwaffen- und Kostümsammlungen der Welt. Realisiert wurde dieses Unterfangen mit Mitteln des Freistaates Sachsen. Die Sparkassen-Finanzgruppe, Hauptförderer des Museumsverbundes, trat unterstützend hinzu.
Die Fürstengalerie, ein eleganter, mit Fürstenbildnissen gesäumter Saal, der auch für Präsentationsveranstaltungen und Feierlichkeiten genutzt werden kann, verbindet den Westflügel mit dem Ostflügel. Blickt man von hier in den großen Schlosshof und auf die gegenüberliegenden Fassaden, wird deutlich, dass das Residenzschloss an wichtigen Stellen noch eine Baustelle ist und sich in den kommenden Jahren wandeln wird.
In der Schlosskapelle wurde das spätmittelalterliche Schlingrippengewölbe anhand weniger erhaltener Stiche und Pläne rekonstruiert. Möglich war dies nur durch die Verbindung modernster Computertechnik und traditioneller Handwerkskunst. Die Schlosskapelle ist der erste Raum, in dem die Technik zum Bau bzw. zur Wiederherstellung einer spätgotischen Wölbtechnik erfolgreich angewendet werden konnte. Ein Team von Architekten, Bauleuten und Wissenschaftlern hatte sich die Grundlagen zuvor erschlossen. Besonders erfreulich ist es, dass der schon früher für musikalische Auftritte genutzte Raum seine Funktion langsam wiedergewinnt und heute für Konzerte genutzt wird. Auch für Firmenevents können die Räumlichkeiten gemietet werden.
Der Dresdner Zwinger steht unmittelbar neben dem Schloss. Ursprünglich geplant als Orangerie und dann in eine Festarchitektur verwandelt, sind heute drei Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden darin untergebracht: die Gemäldegalerie Alte Meister, die Porzellansammlung und der Mathematisch-Physikalische Salon. Die Gemäldegalerie Alte Meister ist wohl das bekannteste Museum Dresdens. Ihr weltweiter Ruhm gründet auf der hervorragenden Auswahl großer Meisterwerke. Am bekanntesten ist die „Sixtinische Madonna“ von Raffael, die auf eine 500-jährige Geschichte zurückblicken kann. Die zwei am unteren Bildrand „lümmelnden“ Engelchen werden seit etwa 200 Jahren als Werbemotiv in aller Welt vermarktet.
Die Porzellansammlung ist die qualitätsvollste und zugleich umfangreichste keramische Spezialsammlung der Welt, nicht zuletzt wegen ihrer herausragenden Bestände frühen Meißener Porzellans sowie ostasiatischer Porzellane des 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Der international renommierte New Yorker Designer Peter Marino gestaltete die beiden Bogengalerien und den Tiersaal neu, teils nach der eigenen Fantasie, teils das historische Konzept des Japanischen Palais von dem Architekten Zacharias Longuelune aus dem Jahre 1735 neu interpretierend.
Eine weltberühmte Sammlung historischer Uhren und wissenschaftlicher Instrumente beherbergt der Mathematisch-Physikalische Salon. Dazu zählen Erd- und Himmelsgloben, faszinierende optische, astronomische und geodätische Geräte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen, historische Instrumente zum Rechnen, Zeichnen und zur Bestimmung von Längen, Massen, Temperatur und Luftdruck. Nach sechsjährigen Sanierungs-, Restaurierungs- und Erweiterungsarbeiten öffnete er im April 2013 mit einer neu konzipierten Dauerausstellung erneut seine Tore. Damit ist das älteste Museum des Zwingers wieder zu besichtigen. Die Ausstellungsfläche beträgt nun 1.110 Quadratmeter und wurde damit fast verdoppelt, sodass eine Auswahl die rund 3.000 Objekte umfassende Sammlung wieder würdig präsentiert.
Über dem Innenhof des Albertinums, dem Haus für die Kunst des 19., 20. und 21. Jahrhunderts, schwebt ein architektonisches Meisterwerk der Gegenwart: das hochwassersichere Depot- und Werkstättengebäude. Das im Zuge dieser Baumaßnahme umgebaute und generalsanierte Albertinum ist ein Ort, an dem Kunst von der Romantik bis zur Gegenwart auf wunderbare Weise erlebbar wird. Ergänzend wird die Kunsthalle im Lipsiusbau an der Brühlschen Terrasse insbesondere für Sonderausstellungen der Gegenwartskunst genutzt, wie für Sigmar Polke, Jeff Wall, Eberhard Havekost, Gerhard Richter, William Forsythe, aber durchaus auch für Gastspiele der verschiedenen Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
Neben der Kunsthalle im Lipsiusbau nutzen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bis Mitte Mai 2015 auch die noch unsanierten Räume des zweiten Obergeschosses im Residenzschloss, die ehemaligen Paraderäume August des Starken, als Ort für Sonderausstellungen, so auch für die Reihe der „Forschungsreisen im Depot“. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden haben dazu den Philosophen Wolfgang Scheppe eingeladen, neue Methoden und Formate zu erproben, um die Vielfalt der Sammlungen in anderen Kontexten zu präsentieren. Die neuen Forschungs- und Ausstellungsansätze verbinden die außereuropäischen Bestände mit den europäischen Sammlungen und binden die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen in Dresden, Leipzig und Herrnhut stärker in den Verbund der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ein. Sie tragen dazu bei, den eurozentrischen Blick zu weiten und schlagen eine Brücke zwischen den Fächern Ethnographie, Kunstgeschichte, Naturwissenschaften, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Sie erforschen die außereuropäische Kunst in den Sammlungen und untersuchen die weltweiten Handels- und Austauschwege seit dem 17. Jahrhundert. Die Beschäftigung mit den Beständen in Bezug auf die außereuropäischen Kulturen spannt einen Bogen nach China, Japan, Indien, Syrien und Afrika und integriert nichteuropäische Sichtweisen.
Im Jahr 1560 hatte der sächsische Kurfürst August der Starke die Kunstkammer gegründet und den Grundstein gelegt für die grandiosen Sammlungen, die in ihrem heutigen Verbund von vierzehn Museen den zweitgrößten Museumsverbund Deutschlands bilden. Dazu gehören neben den bereits genannten Museen auch das Kunstgewerbemuseum im Schloss Pillnitz, das Museum für Sächsische Volkskunst mit Puppentheatersammlung im Jägerhof, das Münzkabinett, das im Juni 2015 seine Pforten im Georgenbau des Residenzschlosses mit einer neuen Dauerausstellung öffnete, und vor allem auch die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen. Sie alle tragen zur einzigartigen kulturellen Vielfalt Dresdens und Sachsens bei.
Neben einer Vielzahl an nationalen und internationalen Kooperationen ist auch die regionale Zusammenarbeit der Wissenschaftseinrichtungen im Rahmen von DRESDEN-concept von Bedeutung. DRESDEN-concept, ein Verbund der Technischen Universität Dresden mit Partnern aus Wissenschaft und Kultur, soll durch Kooperationen der Mitglieder die Exzellenz der Dresdener Forschung weiterentwickeln und sichtbar machen, um den Wissenschaftsstandort Sachsen langfristig zu stärken. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wurden 2013 durch den Wissenschaftsrat, das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium des Bundes und der Länder in Forschungs- und Hochschulfragen, evaluiert. Bei der Bekanntgabe des Ergebnisses lautete die Überschrift der Pressemitteilung im Januar 2014: „Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden auf Weltniveau“.
Seit der Gründung der Kunstkammer vor mehr als 450 Jahren wurde an der Zukunft der Institution gearbeitet. Auch in den kommenden Jahren werden alle Kräfte gebraucht, um das kulturelle Erbe für die Zukunft zu bewahren und weiter für die künftigen Generationen mit neuen Fragestellungen zu erschließen. Die Gebäude der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bieten einen großartigen Rahmen für Veranstaltungen. Einige Räume werden für Tagungen, Konzerte, Lesungen, Seminare, Vorträge, Empfänge und Feste unterschiedlichster Art vermietet.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch in Dresden!
Prof. Dr. Hartwig Fischer
Der Autor (*1962 in Hamburg) studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie in Bonn, Paris, Rom und Berlin und wurde 1993 promoviert. Anschließend arbeitete er am Kunstmuseum Bonn und war von 1993 bis 2000 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kunstmuseum Basel tätig. 2001 folgte er ebenda der Tätigkeit als Konservator. Ab 2006 bekleidete Fischer das Amt des Direktors am Folkwang Museum in Essen. Im Dezember 2011 wurde er zum Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden berufen.