Sicherheit wird in der medizinischen Versorgung immer wichtiger. Im hektischen Krankenhausalltag, wo es oft um Leben und Tod geht, benötigen Ärzte und Pflegekräfte Medizinprodukte, die nicht nur die Therapie unterstützen, sondern ihnen und gleichzeitig auch den Patienten hohe Sicherheit bieten. Das betrifft nicht nur das einzelne Produkt, sondern den gesamten Behandlungsablauf. Bei B. Braun sehen wir die Aufgabe darin, Produkte und Abläufe stetig weiterzuentwickeln, um den Gesundheitsmarkt bestmöglich versorgen zu können.
In der medizinischen Versorgung ist Vertrauen entscheidend. Das gilt für die Patienten, die sich in sicheren Händen und optimal behandelt wissen wollen. Und es gilt für das medizinische Personal, das sich auf verlässliche und risikolos zu bedienende Technik stützt. Beide brauchen Vertrauen, und Vertrauen entsteht durch Sicherheit. Hier kann die Industrie unterstützen: Durch Produkte und Systemlösungen, die zuverlässig funktionieren und gleichzeitig durch innovative Entwicklungen den Schutz von Patienten und Anwendern verbessern.
Ein Beispiel: Auf dem Münchner Oktoberfest feiern jedes Jahr Millionen Menschen aus der ganzen Welt miteinander. Für die einen ein Spaß, für die Rettungssanitäter harte Arbeit. Sie müssen sehr viele Menschen versorgen. Dabei kann auch das Legen einer Venenverweilkanüle erforderlich sein, um eine Kreislaufschwäche behandeln zu können. Stechen sich die Helfer nach der Anwendung aus Versehen an der mit Blut kontaminierten Nadel, kann es schlimme Folgen für sie haben, denn das Blut könnte mit einer lebensbedrohlichen Krankheit infiziert sein. Das heißt Ärzte und Pflegepersonal benötigen Nadeln, die sie zuverlässig vor Verletzungen und dem Kontakt mit Blut schützen, ohne dass der Routineablauf durch zusätzliche Handgriffe gestört wird. Dasselbe gilt für medizinisches Personal, Pflegekräfte und sogar Reinigungskräfte in Krankenhäusern und Arztpraxen. Deshalb haben wir schon vor Jahren Venenverweilkanülen mit einem sich selbstaktivierenden Sicherheitsclip entwickelt, der zuverlässig vor Nadelstichverletzungen schützt. Inzwischen sind solche Vorrichtungen gesetzlich vorgeschrieben.
Sicherheit in der Chirurgie. Auch in der Chirurgie spielen Sicherheitsfragen die zentrale Rolle. Neben Behandlungsabläufen und medizinischen Methoden geht es dabei auch um die dazugehörigen Produkte. Sie müssen einfach, sicher und am Besten intuitiv zu bedienen sein. Unsere Chirurgie- und Orthopädiesparte Aesculap hat beispielsweise ein Skalpell entwickelt, bei dem sich die Klinge über einen Mechanismus am Griff per leichter Fingerbewegung in ihren Schaft zurückschieben lässt. So wird bei der Weitergabe des Skalpells während einer Operation niemand verletzt und die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion von Patient oder Arzt vermindert.
Dies sind nur zwei von vielen Entwicklungen, die dem Ziel dienen, Sicherheitsstandards in der medizinischen Versorgung zu steigern.
Anwender und Patienten im Blick. Sicherheit in der Medizin bezieht sich natürlich auf beide Gruppen, auf die Patienten und auf die Anwender. Beide Gruppen müssen zuverlässig geschützt werden. Allerdings mit unterschiedlichen Mitteln und nicht unbedingt vor denselben Risiken. Bei den Patienten ist es zum Beispiel wichtig, dass die Infusionstherapie nicht mit einer Belastung einhergeht oder gar krank macht. Risiken könnten entstehen, wenn die Infusion feste oder gasförmige Bestandteile enthielte. Diese können zum Beispiel auftreten, wenn Luftblasen enthalten sind, Medikamente miteinander reagieren oder Bestandteile wie Plastik oder Glas in die Lösung geraten.
Das Personal muss vor Nadelstichverletzungen beziehungsweise vor dem Kontakt mit Blut geschützt werden. Aber auch der direkte Kontakt mit Arzneien bei Vorbereitung oder Durchführung der Behandlung kann das Personal gefährden.
Um mit einem Ansatz beide Gruppen mit so unterschiedlichen Gefährdungen wirksam zu erreichen, ist es erforderlich, den gesamten Behandlungsprozess zu erfassen. Ein erster Schritt ist häufig die Vereinfachung des Ablaufs. Je weniger Einzelschritte nötig sind, desto weniger Fehlerquellen entstehen. Schon allein dadurch erhöht sich oft die Sicherheit.
Darüber hinaus ist es erforderlich, auch die verbliebenen Einzelschritte genau zu untersuchen, um zu einer „Komplettlösung“ kommen zu können. Im Sinne einer solch umfassenden Lösung arbeitet unsere Krankenhaussparte Hospital Care an der Weiterentwicklung von geschlossenen Systemen, von nadelfreien Systemen und sicheren intravenösen Zugängen. Diese Aspekte sind weltweit übrigens noch keine Selbstverständlichkeit.
Dazu kommen der Einsatz von Materialien, deren Bestandteile die Umwelt nicht belasten oder die durch bakterienhemmende Eigenschaften Infektionsrisiken reduzieren. Passend dazu entwickelt B. Braun auch ein neues Produktdesign. Alle Produkte folgen einer Linie sowohl bei Systemsicherheit, Ergonomie und Anwendung als auch bei der Gestaltung der Verpackung. Und nicht zuletzt trägt auch eine schnelle und zuverlässige Lieferfähigkeit zur Sicherheit bei.
Ökonomische und ökologische Effekte. Das Bewusstsein für die Bedeutung von Sicherheitsaspekten bei der Arbeit im Krankenhaus wächst. Dabei geht es neben dem verbesserten Schutz für Patienten und Anwender auch um organisatorische und ökonomische Effekte. Entsprechend legen viele Kliniken großen Wert darauf, ihre Vorstellungen zum Thema Sicherheit auch bei der Auswahl medizinischer Güter wiederzufinden. Natürlich sind bei vielen Anwendungen Einmalprodukte, die nach dem Gebrauch sofort entsorgt werden, unerlässlich. Doch auch hier lassen sich durch eine gute Qualität Ressourcen sparen: Reißen beispielsweise minderwertige Handschuhe zu schnell ein, müssen Ärzte und Pflegekräfte möglicherweise den Handschuh schon beim Anziehen mehrfach wechseln. Der Zusammenhang zwischen Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit besteht aber nicht nur bei Einmalprodukten. In der Medizintechnik, zum Beispiel bei Infusionspumpen oder Dialysegeräten, sorgt Qualität nicht nur für mehr Zuverlässigkeit und damit Sicherheit, sondern auch für eine längere Gerätelebenszeit, das heißt sie müssen nicht so häufig ersetzt werden. Das gleiche gilt für hochwertige chirurgische Instrumente. Zur Nachhaltigkeit gehört es auch, dass Ersatzteile und Zubehör langfristig zuverlässig erhältlich sind und dass Services rund um die Wartung zur Verfügung stehen. Insgesamt ist die Industrie immer wieder aufs Neue in der Pflicht, die Bedürfnisse zu erkennen, mit dem Produkt- und Leistungsangebot darauf einzugehen und neue Standards zu setzen.
Der Autor ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der B. Braun Melsungen AG und war Präsident des Deutschen Industrie und Handelskammertages. Für seine Verdienste um Wissenschaft und Kunst ehrte das Land Hessen den Ehrendoktor der Universität Freiburg im Jahr 2006 mit der Verleihung des Professorentitels.