168 Milliarden Euro beträgt der Umsatz des Forst-Holz-Clusters in Deutschland. Dennoch wird dieser „grüne Schatz“ zu wenig effektiv genutzt. Ziel des sächsischen Kompetenzzentrums LIGNOSAX ist es, durch vernetzte Forschung, Produkt- und Prozessinnovationen und durch effizienten Transfer einer der führenden Lignotechnologieexporteure in Europa zu werden und Holz im Energie- und Rohstoffkonzept der Bundesrepublik Deutschland besser zu verankern.
Steigender Ressourcenverbrauch, Klimawandel sowie demografische Veränderungen beeinflussen global, national und regional zunehmend gesellschaftliche Entwicklungen. Der Umbau der gegenwärtig noch fast ausschließlich auf fossile Rohstoffe ausgerichteten Wirtschaft auf eine ‚biobasierte’ Wirtschaft stellt die Gesellschaft in Sachsen wie in Deutschland vor ebenso gravierende Herausforderungen wie ehedem die Industrialisierung. Während die energetische Nutzung von Biomasse in Deutschland weit vorangeschritten ist, lassen Innovationen zur stofflichen Nutzung von Biomasse zu wünschen übrig.
Obwohl Deutschland in Europa – nach Russland – das holzreichste Land ist, ist absehbar, dass bei einer Weiterführung des gegenwärtig steigenden Holzverbrauchs in die Zukunft der Holzbedarf für eine traditionelle stoffliche und energetische Verwertung sowie eine biobasierte Wirtschaft nicht mehr gedeckt werden kann. Gleiches trifft auf Sachsen zu. Diese Entwicklung wird noch verschärft durch eine zunehmende Herausnahme von Waldflächen aus einer Bewirtschaftung, z. B. durch Ausweisung von Nationalparken und Totholzinseln.
Die Wälder in Deutschland wie in allen anderen europäischen Ländern erbringen – in unterschiedlichen Anteilen – ökologische Leistungen (u. a. Biodiversität, Kohlenstoff-Speicherung, Naturschutz), soziale Leistungen (Beschäftigung) und eben ökonomische Leistungen in Form von Holzprodukten und Dienstleistungen. Lignocellulose (vor allem Holz und Stroh) stellt in Deutschland wie in Sachsen das bei einer nachhaltigen Forst- und Landwirtschaft größte Reservoir nachwachsender Rohstoffe dar, das nach der Menge zwar begrenzt, nach der Zeit aber unbegrenzt zur Verfügung steht. Das unterscheidet den Rohstoff Holz von allen anderen s. g. ‚mineralischen’ Rohstoffen.
In der Tabelle sind wichtige Kennzahlen des Forst-Holz-Clusters in Deutschland und Sachsen dargestellt. Der Umsatz dieses Clusters beträgt in Deutschland etwa 168 Milliarden Euro und in Sachsen 2,7 Milliarden Euro. Der Anteil des Forst-Holz-Clusters am Gesamtumsatz liegt sowohl in Deutschland als auch in den verschiedenen Bundesländern zwischen 3,0 Prozent und 3,5 Prozent.
In der Abbildung sind Holzeinschlag und Holzverbrauch für Sachsen im Zeitraum 2010 bis 2040 gegenübergestellt. Deutlich ist die Deckungslücke zwischen beiden Größen zu erkennen. Nur durch Innovationen sowohl in der Holzforschung und der Holzwirtschaft als auch in den Forst- und Agrarwissenschaften lässt sich die heutige Differenz von über 2,5 Millionen auf etwa 1 bis 1,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr verringern. Dazu will LignoSax einen Beitrag leisten.
Diesen Herausforderungen widmet sich das Kompetenzzentrum LignoSax. Es existiert seit 2011 und ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Universitäts- und Industrie-Forschungseinrichtungen sowie ressortübergreifenden Forschungsinstituten aus Sachsen, in dem auch die Papiertechnische Stiftung München (PTS) mitarbeitet.

Faserbewehrte Formholzprofile
(Prof. Dr. habil. Peer Haller, TU Dresden)
Holz ist ein zellulärer Polymer-Werkstoff, der unter Wärme zusammengedrückt und unter Feuchtigkeit wieder auseinander gezogen und fixiert werden kann. Auf diese Weise lassen sich Platten zu Rohren umformen, die eine wesentlich bessere Tragfähigkeit besitzen als ein kompakter Kreisquerschnitt. Durch einen Verbund mit Hochleistungsfasern aus Glas, Aramid oder Kohle kann die Tragfähigkeit weiter gesteigert werden.
LignoSax repräsentiert die gesamte Holzwertschöpfungskette, beginnend bei der Erzeugung forstlicher Biomasse über die Schnittholzindustrie, den Holzbau, die Holzwerkstoffindustrie, die Zellstoff- und Papierindustrie, das Recycling von Gebrauchtholz bis hin zur energetischen Holznutzung.
Die Preisentwicklung fossiler Energieträger und politische Steuerungsmaßnahmen zur Nutzung regenerativer Energieträger einschließlich der energetischen Holznutzung haben in den vergangenen Jahren der Holzverwendung enormen Auftrieb verschafft. Getragen von dieser Entwicklung sind Ungleichgewichte im Holzmarkt entstanden. Diese beeinflussen sowohl die Waldnutzung als auch eine sortiments- und mengengerechte Versorgung traditioneller Holz verarbeitender Unternehmen.

Sphärische Mikropartikel aus Perlcellulose
(Prof. Dr. habil. Steffen Fischer, Dr. Katrin Thümmler, TU Dresden)
Perlcellulose ist ein Celluloseregenerat. Sie wird nach einem patentierten Verfahren (EP0750007) aus einem Derivat (Celluloseacetat) hergestellt. Mikropartikel aus Perlcellulose sind sphärisch geformt und porös. Die Partikelgröße liegt zwischen 1 und 10 Mikrometer. Durch Aktivierung und Modifizierung dieser Cellulose-Mikropartikel kann vor allem auf biomedizinischem Gebiet ein breites Anwendungsspektrum erschlossen werden.
Aus Lignocellulose können sowohl chemische Grundstoffe als auch neuartige Faserstoffe und Biowerkstoffe gewonnen werden. Diese Entwicklung ist stark wissensbasiert. Es bedarf deshalb einer intensiven Forschungsförderung und einer starken Wirtschaftsförderung, um diesen neuen Produkten in Sachsen zu einem wirtschaftlichen Durchbruch zu verhelfen.
Die zukünftig für eine industrielle Verwertung bereitzustellende Menge an Lignocellulose in Deutschland wie in Sachsen wird etwa gleich bleiben oder nur unwesentlich steigen (s. Abbildung zu Sachsen). Die Wertschöpfung aus dieser Lignocellulose soll über Innovationen und im Rahmen von Nutzungskaskaden erhöht und die daraus resultierenden neuen Produkte sollen vorrangig in Unternehmen Deutschlands bzw. Sachsens hergestellt werden.
Dr. habil. Denie Gerold
Der Autor studierte Forstwirtschaft an der TU Dresden. 1986 erfolgte die Habilitation zum Thema: „Zielwälder und Prognosen für Nachhalteinheiten“. Von 1989 bis 1991 war er zunächst als Oberassistent und im Anschluss als Dozent für Forsteinrichtung an der TU Dresden, Sektion Forstwirtschaft Tharandt, tätig. Von 1991 bis 1994 arbeitete Dr. Gerold als Bereichsleiter für Forstplanung an der Sächsischen Landesanstalt für Forsten. 1995 wurde Dr. Gerold Leiter der Niederlassung Sachsen, der Ostdeutschen Gesellschaft für Forstplanung in Kesselsdorf.
Prof. Dr. Drs. h.c. Albrecht Bemmann
Der Autor studierte Forstwirtschaft an der Technischen Universität Dresden. Nach Habilitation und Dozententätigkeit war er von 1988 bis 1994 als Professor für Forstnutzung mit den Lehr- und Forschungsgebieten Holzforschung, Holzverwendung, Holzmarkt an der TU Dresden tätig. Ab 1994 übernahm er bis 2014 die Professur für Forst- und Holzwirtschaft Osteuropas an der TU Dresden. Darüber hinaus ist Prof. Bemmann seit 2010 Mitglied des politisch beratenden Ausschusses des Bundesverbandes für Bioenergie. Seit 2014 ist er Seniorprofessor an der TU Dresden.