Seit mehreren Jahrhunderten erfreut der Gruyère AOC, als Götterspeise des Berggebietes der Westschweiz gepriesen, den Gaumen der Käsekenner.
Die Produktion erfolgt nach wie vor gemäss einem althergebrachten Rezept, das von den Partnern der Sortenorganisation, nämlich von den Milchproduzenten, den Käsern und den Affineuren, täglich eingehalten wird.
Die Milch wird jeden Tag angeliefert und immer wird sie einer strengen Kontrolle unterworfen sowie analysiert. Die Milch darf bis zu ihrer Verarbeitung zu Käse nicht thermisch behandelt werden. Mit diesem Vorgehen wird die Flora geschont, die dem Gruyère AOC seinen einmaligen Geschmack sichert.
Der Käser fügt Betriebskulturen bei, welche die Milch reifen lassen.
Es handelt sich um Milchsäurebakterien auf der Grundlage von Molke, die in der Käserei gezüchtet werden. Sobald die Reifung abgeschlossen ist, lässt der Käser das Kälberlab in das Kessi fliessen. Es handelt sich um eine völlig natürliche Zutat, die dem Magen von mit Milch aufgezogenen Kälbern entnommen wird.
Sie enthält Enzyme, die zu einer nach 35 bis 40 Minuten sichtbaren Gerinnung der Milch führen wird.
In diesem Augenblick wechselt der Inhalt des Kessis in drei bis vier Minuten sein Aussehen vollumfänglich. Ein warmer Geruch verbreitet sich in der Käserei. Das Auge des Käsers ist ausschlaggebend, um die Produktion im richtigen Zeitpunkt einzuleiten. Bei der mit Betriebskulturen angereicherten Milch handelt es sich um eine lebendige Materie; eine Minute mehr oder weniger kann die Qualität des Gruyère AOC bei dessen Verkauf entscheidend beeinflussen.
Sobald die Milchmasse ein festes Aussehen erreicht hat, lässt der Käser drei grosse Messer (die Käseharfen) drehen, welche die geronnene Milch im Kessi langsam rühren, damit sich die verdickte Materie in Körner auflöst (in der Grösse von Weizenkörnern).
Dieser Mischvorgang ohne Heizen – „Zerschneiden der geronnenen Milch“ genannt – nimmt zehn Minuten in Anspruch. Entscheidend ist das Fingerspitzengefühl des Käsers.
Allmählich wird die Masse von Körnern und von Schotte auf etwa 55 Grad geheizt. Nach dem Aufheizen während 40 bis 45 Minuten wird die Struktur durch den Käser ein letztes Mal überprüft und alsdann kann der Käse herausgenommen werden.
Die Käsemasse wird in Käseformen geschüttet, wo am Rand die besondere Markierung angebracht wird. Darunter nimmt ein grosser Kübel die Schotte auf, die den Formen entweicht, indem sie Dampf erzeugt; sie wird an die Schweine verfüttert.
Der Rhythmus der Arbeiten beschleunigt sich, während die von der Schotte befreite Käsemasse in die Formen gepresst wird. Der Käser hat die Empfangsröhren geschlossen. Er hat die nun überflüssigen Aufsätze entfernt, ergreift die Erkennungsmarken auf dem Gerät und bringt sie auf der Oberfläche der weisslichen Masse an, wo die Körner noch zu sehen sind. Nach einem Pressen von einigen Sekunden erscheint der Abdruck der Form: Nun erkennt man schon die Form und die Struktur des Äuseren eines Laibes Gruyère AOC.
Bis zur Mittagsstunde werden die Laibe Gruyère AOC allmählich und zunehmend einem Druck von 300 bis 900 Kilogramm ausgesetzt. Jeder Käse wird systematisch durch die Nummer des Laibes und der Käserei sowie durch das Produktionsdatum erkennbar sein. Diese schwarzen Marken werden auf der Grundlage von Kasein hergestellt, dem Milchprotein des Käses. Auch bei diesem Vorgang werden keine Fremd- oder künstliche Stoffe verwendet.
Das Kennzeichen Gruyère AOC am Rand jedes Laibes ist das passende Mittel, um gegen Betrug anzukämpfen und um seine Echtheit zu gewährleisten. Bei dieser Technik wird gekennzeichnetes Blech verwendet, das auf dem Laib eine Tiefenwirkung hinterlässt. Dank dieser Markierung wird jedem Laib seine Identität und Rückverfolgbarkeit verliehen.
Nach 20 Stunden des Pressens verbringen die Laibe Gruyère AOC einen vollen Tag in einem Salzbad zu 20 Prozent, wo sie bereits die Hälfte des gesamten Salzgehaltes aufnehmen.
Die Arbeit des Käsers wird im Keller bis zum letzten Tag fortgesetzt, in einem Keller, der bei 13 bis 14 Grad klimatisiert wird, wo es leicht nach Ammoniak riecht, was auf das Reifen des Gruyère AOC hinweist.
Die Käserinde – Schmiere genannt – schützt den inneren Teil des Laibes: sie hinterlässt die beim Gruyère AOC so besondere Atmosphäre. Während der ersten zehn Tage werden die Laibe täglich gewendet und mit einer Mischung aus Salz und Wasser gerieben. Anschliessend werden sie, allerdings nur mit leicht gesalzenem Wasser, über drei Monate wöchentlich zweimal und anschliessend einmal gewendet und gerieben. Dieses Waschen erzeugt eine schöne und gesunde Rinde und ist damit auch eine Garantie für einen einwandfreien Käse.
Das langsame Reifen im Keller bewirkt den Abbau der Komplexes Kasein-Fett, bis leicht verdauliche Aminosäuren auftreten.
Mit Worten, die der Gastronomie oder der Dichtung näher stehen: Das Reifen bewirkt eine Veredelung des Teiges bis zu einem sämigen und verdaulichen Käse.
Nach etwa drei Monaten werden die Laibe Gruyère AOC von einem Affineur übernommen, der sie weiter pflegen wird (es wird noch einige
Monate dauern, bis sie ihren vollen Geschmack erreichen). Zur Reife gekommen, werden die Laibe von einer Kommission, bestehend aus einem Spezialisten der Geschäftsstelle für Gruyère und einem noch berufstätigen Käser geprüft und taxiert. Die dabei kontrollierten und taxierten Punkte betreffen das Vorhandensein von Öffnungen, die Qualität des Teiges, den Geschmack des Käses und das Äussere (Form und Konservierungseigenschaften).
Das Reifen wird im Keller fortgesetzt und dauert zwischen fünf und zwölf Monate. Fünf Monate, um einen milden Gruyère AOC zu erhalten; etwa acht Monate für den halb gesalzenen (der am meisten gefragt und verkauft wird); ungefähr zehn Monate für den gesalzenen und mindestens zwölf Monate für den Surchoix. Alle diese Qualitäten sind gleichwertig, entscheidend ist der Geschmack jedes einzelnen Konsumenten.
Dies ist also der unveränderliche Weg des Laibes Gruyère AOC, bevor er auf den Teller des Konsumenten gelangt, ob in Form eines Imbisses mit Brot auf einer Käseplatte oder in einem Speisegericht, von der Käseschnitte bis zum traditionellen Fondue.
Philippe Bardet ist Direktor der Sortenorganisation Gruyère. Nach einer Ausbildung zum Landwirt sowie einem Studium an der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft in Zollikofen (Abschluss Diplom-Ingenieur Agronom) arbeitete Bardet zuvor beim Schweizerischen Bauernverband, bei der Waadtländischen Landwirtschaftskammer (Prometerre) und bei Agora (Zweigstelle des SBV in der Romandie).