Faszination Raumfahrt. Weite des Weltalls und Hochtechnologie für internationale Kunden – all das finden Sie in Backnang in Baden-Württemberg. Wer schon einmal Fernsehen über Satellit geschaut hat, kann sich fast sicher sein, dass das Bild von einer Verstärkereinheit aus Backnang vom Weltall über seinen Bildschirm flimmert.
Raumfahrt made im Ländle. Über 50 Prozent der Sendeelektronik für Fernsehkanäle im All, die sich auf den Satelliten wie Astra oder Eutelsat befinden, kommen aus dem beschaulichen Backnang. Mehr als 500 Satelliten tragen seit 1974 schwäbische Geräte an Bord, damals noch unter dem Namen AEG Telefunken. In den mittlerweile mehr als vier Jahrzehnten Auf- und Ausbau der Kompetenzen auf dem Gebiet der nachrichtentechnischen Nutzlasten für Satelliten deckt das Nachfolgeunternehmen Tesat mit den angebotenen Hochfrequenz(HF)-Produkten die gesamte Palette der Weltraumtechnik ab. Rund 1.000 Mitarbeiter entwickeln, fertigen und vertreiben in der Stadt am Schwäbisch-Fränkischen Wald Systeme und Geräte für die Telekommunikation via Satellit.
Laser: Ein wesentliches Werkzeug für die Kommunikation der Zukunft. Neben der Entwicklung, Fertigung und dem Test hochzuverlässiger Geräte und Baugruppen hat man sich in Backnang inzwischen einer weiteren Herausforderung gestellt: der Laserkommunikation. Die Datenmengen, die durchs All geschickt werden, explodieren. Das bedeutet, dass – ähnlich wie bei den erdgebundenen Nachrichtennetzen – auch im Weltall jene Frequenzbänder, die zum Datenaustausch zur Verfügung stehen, knapp werden. Ein Ausweg aus der „Bandbreitenkrise“ ist die Übermittlung von Daten via Laserstrahl. Seit mehr als 30 Jahren beschäftigen sich die schwäbischen Ingenieure mit der Lasertechnologie für die Datenübertragung. Seit 1997 steht die Entwicklung und Fertigung sogenannter Laser Communication Terminals (LCT) im Fokus. Diese Geräte ermöglichen Punkt-zu-Punkt-Datenverbindungen mit hohem Datenvolumen. Der Laserstrahl wird scharf gebündelt und kann so über Entfernungen von 45.000 km Daten zu anderen Satelliten oder zur Erde übertragen. Die Anforderung an das Zielvermögen der Laser auf den LCTs sind dabei sehr hoch: So wäre es zum Beispiel möglich, ein einzelnes Fenster eines fliegenden Jumbojets vom Erdboden aus anzustrahlen.
Aber nicht nur die Reichweite, sondern vor allem die Übertragungsraten sind revolutionär – mehr als fünf Gigabit pro Sekunde sind bereits verifiziert.
In Bildern gesprochen, bedeutet dies eine Transfergeschwindigkeit, die es erlaubt, bis zu 200.000 DIN-A4-Seiten pro Sekunde oder den Inhalt einer DVD in acht Sekunden zu übermitteln. Damit ist die Kommunikation via Laser zehnmal schneller, als dies bisher mit Radiowellen möglich war.
Auch nicht unwesentlich ist der Vorteil der Abhörsicherheit. Durch die scharfe Bündelung des Lichtstrahls müsste man direkt neben einem Satelliten herfliegen, um etwas von dem Informationsaustausch mitzubekommen. Gleichzeitig ist durch die besondere Art der Datenübertragung sichergestellt, dass ein Spion keine dieser Daten als solche erkennt.

Feuerprobe im All bestanden. Die Forschungsergebnisse klingen vielversprechend: Es gelang bereits erfolgreich, per Laserstrahl Daten vom deutschen Satelliten TerraSAR-X zum amerikanischen Satelliten NFIRE zu übertragen. TerraSAR-X ist ein deutscher Erdbeobachtungssatellit, NFIRE ein Forschungssatellit der US-Airforce, bei dem verschiedene neue Technologien zum ersten Mal im Weltall erprobt werden. Bis heute wurden per Laser 91 Tbit, das ist die Datenmenge von mehr als 2.500 DVDs, im All fehlerfrei übertragen.
Bislang getestet wurde also der Datenaustausch zwischen Erdbeobachtungssatellit und Datenrelaissatellit. Mögliche Einsatzszenarien der Laserterminals sind Umwelt- oder Wetterbeobachtungen. Genaue Wettervorhersagen durch bessere Wettermodelle, Überblick über die globalen Ernten und Baumbestände sind nur einige Beispiele, bei denen Lasertechnologie zu signifikant besseren Ergebnissen führen kann. Aber auch für die Überwachung von Schiffsbewegungen oder für Katastrophenüberwachungsdienste ist der Blick von „oben“ wertvoll. Vor allem wenn es mit der schnellen Übertragung quasi in Realtime möglich ist, sich einen Überblick zu verschaffen.
Zusätzlich läuft eine Erprobung, die Daten auch zur Erde zu senden und dabei die Atmosphäre zu überwinden. Dafür wurde extra eine optische Bodenstation konstruiert und an verschiedenen hochgelegenen Orten – beispielsweise auf Hawaii, in Andalusien und auf Teneriffa – getestet.
Die Produktion der Laserterminals ist aufwendig und komplex. Vom Auftragseingang bis zur Lieferung müssen 22 Monate eingeplant werden, wobei mindestens zwölf Monate für die Bauteilebeschaffung und Fertigung veranschlagt sind. Während die Backnanger selbst für die strategischen Komponenten und die Software zuständig sind, kommen mechanische und optische Bauteile von deutschen und Schweizer Zulieferern. Erst sechs Monate vor Auslieferung beginnt der eigentliche Zusammenbau eines LCTs. Die notwendigen Tests unter Weltraumbedingungen dauern drei Monate. In einer eigens angefertigten Spezial-Thermo-Vakuum-Kammer werden neben Luftleere auch Temperaturen von – 45 bis + 65 Grad simuliert. Dieses Verfahren findet unter einer speziellen Reinraum-Atmosphäre statt, das heißt in Räumen, in denen die Luft 10.000-mal sauberer ist als in einem normalen Büro oder Wohnzimmer.

Und dahin geht die Reise. Die Europäische Raumfahrtagentur ESA hat das Potenzial der LCTs erkannt und zu einer entscheidenden Komponente in ihrem zukünftigen Erdbeobachtungssystem GMES (Global Monitoring for Environment and Security = Erdumspannende Beobachtung für die Umwelt und Sicherheit) ausgewählt.
Bei der neuen Generation von Erdbeobachtungssatelliten, die derzeit für die ESA gebaut werden, ist das LCT das „Datennetz“ der Informationsinfrastruktur. Demzufolge werden sämtliche Daten, die von den Satelliten aufgezeichnet werden, über die Backnanger Lasertechnologie übermittelt. Durch die kompakte Bauweise des LCTs sowie dem geringen Leistungsverbrauch bei sehr hoher Datenrate ermöglichen die Laserterminals neue Anwendungen in der Raumfahrt und stellen damit weltweit ein klassisches Spitzenprodukt „made in Germany“ dar.
Der Autor absolvierte als Diplom-Ingenieur Elektrotechnik die Fachhochschule des Saarlandes und graduierte an der National Defense University, Washington D.C. als Master of Science. Er war unter anderem Mitglied des Aufsichtsrates der EuroMIDS in Paris und für Siemens Sicherungstechnik in Unterschleißheim sowie in Chessington (UK) tätig. Er ist Vorsitzender der Geschäftsführung (CEO) der Tesat-Spacecom GmbH & Co. KG.