Technologien für den Umwelt- und Klimaschutz sind die Wachstumstreiber des 21. Jahrhunderts. Zu diesem Schluss kommen so unterschiedliche Institutionen wie McKinsey, Roland Berger, die Deutsche Bank oder Unternehmensführer wie Peter Löscher von Siemens und Jeffrey Immelt von General Electric. Schon heute liegt das Weltmarktvolumen der Umwelttechnologie bei rund 1.5 Billionen Euro. Schon in zehn Jahren wird es sich nach Schätzungen verdoppelt haben. Der Grund sind globale Megatrends: ungebremster weltweiter Energiehunger, damit verbundener Verbrauch von Kohle, Öl und Gas, weiterhin steigender Ressourcenverbrauch, die drohende Klimakrise sowie die wachsende Weltbevölkerung. Diesen Trends können wir nur durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Anwendung von Effizienztechnologien begegnen.
Die Bedeutung des Klimaschutzes ist mittlerweile von vielen Regierungen erkannt worden. Es besteht Einigkeit, dass es darum geht, die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Zeiten zu begrenzen. Nur darüber, wer wie viel Treibhausgasemissionen reduzieren soll, wird noch diskutiert. Hintergrund ist der Wettlauf um die Vorherrschaft in der Low-Carbon-Economy. Die in den vergangenen zwei Jahren aufgelegten Konjunkturpakete zeigen dies sehr eindrucksvoll: Die USA stellten rund 115 Milliarden US-Dollar für Investitionen im Bereich GreenTech bereit, China mit über 220 Milliarden US-Dollar etwa doppelt so viel. In Südkorea wurden mehr als 80 Prozent des Konjunkturpakets grünen Maßnahmen zugeschrieben und das Ziel verkündet, bis zum Jahr 2020 zu einer der sieben führenden „grünen“ Wirtschaftsmächte zu gehören.
Deutschland hat dabei eine sehr gute Ausgangsposition: Als Exportweltmeister im Bereich der Umwelttechnologien haben wir mit 16 Prozent den größten Anteil aller Industrieländer am Weltmarkt, das ist ein Volumen von umgerechnet 224 Milliarden Euro. Hier liegen die Arbeitsplätze der Zukunft. Heute arbeiten in Deutschland schon 1,8 Millionen Menschen auf dem Feld der Umwelttechnologien, davon allein 340.000 im Bereich der erneuerbaren Energien. Schätzungen rechnen bis 2020 für grüne Dienstleistungen mit rund 800.000 und bei der Energieeffizienz mit circa 500.000 neuen Arbeitsplätzen. Und weil nicht nur hierzulande, sondern auch weltweit in grüne Energietechnik investiert wird, eröffnen sich neue Absatzmärkte. Allein 2010 wurden weltweit etwa 150 Milliarden US-Dollar in neue Kapazitäten der erneuerbaren Energien investiert. Davon profitiert auch der Standort Deutschland: Insgesamt bescherte das Auslandsgeschäft der Branche bereits im Jahr 2009 Einnahmen von etwa 12 Milliarden Euro, Tendenz steigend.
Wind- und Wasserkraftindustrie sind dabei führend: Ihre Exportquoten liegen bei rund 80 Prozent. Zwar drängen auch Unternehmen aus den USA, China, Indien und Japan verstärkt in den Markt, aber erneuerbare Technologien made in Germany haben weltweit weiterhin einen sehr guten Ruf. Jetzt gilt es, diesen Vorsprung zu halten.
Deshalb hat die Bundesregierung im Energiekonzept festgelegt, dass bis 2030 30 Prozent und bis 2050 rund 60 Prozent des Bruttoendenergiebedarfs in Deutschland aus erneuerbaren Energien gedeckt werden sollen. Die Ziele für die Stromerzeugung sind noch ambitionierter: Verdopplung des EE-Anteils auf 35 Prozent bis 2020, sowie weitere Steigerung auf 50 Prozent bis 2030 und 80 Prozent bis 2050. Diese Zielsetzungen verpflichten Wirtschaft und Politik, Investitionen in Forschung und Entwicklung zu stärken und weitere Innovationen anzureizen. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) haben wir bereits ein effizientes Instrument, das sehr gute Investitionsbedingungen sichert. Mit dem Sondervermögen, dessen Einrichtung im Rahmen des Energiekonzepts im Herbst 2010 beschlossen wurde, stellt die Bundesregierung zusätzliche Mittel bereit. Alle Akteure sind gefragt, wenn es darum geht, Umweltschutz, Klimaschutz, Ressourcenschutz und Energie- und Versorgungssicherheit auf einen Nenner zu bringen.
Die Transformation unseres Energiesystems hin zu erneuerbaren Energien und der Schutz des globalen Klimas sind zwei wichtige Säulen einer Politik für eine nachhaltige Entwicklung. Aber auch der Naturschutz, der Schutz der Biodiversität und die Erhöhung der Ressourceneffizienz sind zentrale Anliegen, wenn es darum geht, Deutschland für die Zukunft fit zu machen. Dabei kommt es immer mehr auf internationale Kooperation an. Ein besonders wichtiges Beispiel ist die Förderung von Solarstromprojekten in Nordafrika. Damit soll einerseits der wachsende Energiebedarf in Nordafrika effizient und auf klimaschonende Weise gedeckt werden und andererseits Solarstrom nach Europa importiert werden, um den Ausbau der Erneuerbaren in den Mitgliedstaaten zu unterstützen.
Die Bundesregierung unterstützt die Wirtschaft darin, in den Märkten der Zukunft Fuß zu fassen und mit Umwelttechnologien die Lebenssituation vor Ort zu verbessern und zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen. Die starke deutsche Wettbewerbsposition auf dem wachsenden Markt der Klima- und Umwelttechnologien ist auch unserer Vorreiterrolle in der Umweltpolitik zu verdanken. Mit verschiedensten Instrumenten wie dem Emissionshandel, einem Programm für Marktanreize, aber auch dem Ordnungsrecht, zum Beispiel in Form der Energieeinsparverordnung und kombinierten Instrumenten wie dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), kann Politik viel erreichen. Gerade das EEG hat sich bewährt und dient in über 50 Ländern sowie in der EU in 20 Mitgliedstaaten als Vorbild für vergleichbare Regelungen.
Doch wir stehen auch im Bereich der erneuerbaren Energien vor weiteren Herausforderungen. Der zügige Aus- und Umbau der Stromnetze ist eine zentrale Voraussetzung für die Transformation der Energieversorgung. Parallel dazu muss die Entwicklung von Speichertechnologien fortgesetzt werden, um mit der zum Teil fluktuierenden Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen auch bei deutlich sinkenden Anteilen konventionellen Stroms den Bedarf decken zu können. Effizienztechnologien müssen helfen, den Strom- und Wärmebedarf insgesamt zu senken. Mithilfe des Sondervermögens Klimaschutz wird die Bundesregierung diese Aktivitäten zusätzlich unterstützen, um rasch den Weg ins regenerative Zeitalter zu ebnen.
Und schließlich wird es darauf ankommen, dass die Menschen diesen Weg in das erneuerbare Zeitalter mitgehen. Das gilt für den privaten Konsum, aber auch, wenn es um den Ausbau von Netzen und die Errichtung von Anlagen zur Gewinnung und Speicherung von Energie geht. Die Ausgangslage dafür ist gut, da die Akzeptanz erneuerbarer Energien in Deutschland sehr hoch ist: Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung begrüßen den Ausbau der Infrastruktur. Es reicht jedoch nicht aus, sich darauf zu verlassen. Vielmehr sind Planerinnen und Planer, aber auch Industrie und Politik aufgefordert, die Bevölkerung frühzeitig in Entscheidungsprozesse einzubinden, ernsthaft zuzuhören und bestmögliche Kompromisse für alle zu finden. Ein wichtiges Merkmal des Standorts Deutschland ist die Investitionssicherheit. Alle Beteiligten müssen dafür sorgen, dass Investitionsentscheidungen auf guter Grundlage und das heißt: auf verlässlicher Basis und mit großer Transparenz getroffen werden. Dieser demokratische Prozess ist eine Stärke Deutschlands, die sich langfristig durchsetzen wird, wenn es darum geht, weltweit die Transformation hin zu erneuerbaren Energien zu vollziehen.
Wer an den Märkten der Zukunft teilhaben will, muss auf Ressourcen-, Umwelt- und Klimaschutz und damit auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz setzen. Der eingeschlagene Weg in das regenerative Zeitalter erfordert dabei ein gleichbleibend hohes Engagement aller Beteiligten. Es geht darum, die Gegenwartsbezogenheit unseres Handelns zu überwinden und die Folgen unseres heutigen Handelns für die Zukunft als entscheidenden Maßstab in den Blick zu nehmen. Es ist eine realistische und notwendige Vision, dass wir im Jahr 2050 unsere Energieversorgung nahezu vollständig auf regenerative Energien stützen werden. Das können, das müssen wir erreichen – zum Wohle unserer Kinder und Enkel.
Der Autor ist Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Er studierte Rechtswissenschaft an der Universität Saarbrücken. Von 2005 bis 2009 war er Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern sowie seit 2006 Präsident der Europa-Union Deutschland. 2009 wurde er zum Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ernannt.