Die Atomkatastrophe in Fukushima hat deutlich gemacht, dass die europäische und weltweite Energiepolitik umdenken muss. Diese Katastrophe wird auf Menschen und Umwelt noch Jahrzehnte bis Jahrhunderte Auswirkungen haben. Atomkraft und auch Öl und Gas sind von gestern, der Ausstieg daraus der einzig vernünftige Weg. Die Zukunft im Energiesektor muss nachhaltig, effizient und mit erneuerbarer Energie sein. Meine Vision für unser Land ist die Energieautarkie Österreichs, mit 100 Prozent Energie „Made in Austria“.
Der Energieverbrauch steigt weltweit massiv an. Beim Ölpreis werden hohe Preissteigerungen erwartet, die Ressourcen werden knapper. Die OPEC und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung prognostizieren einen Ölpreisanstieg von 200 Dollar pro Barrel in den nächsten Jahren. Das sind jährliche Mehrkosten von 3.360 Euro für eine durchschnittliche Familie mit Haus und Auto. Mein Ziel ist klar: Österreich soll unabhängig von Öl- und Gasimporten werden. Das ist machbar. Bis 2050 können wir Österreich zu 100 Prozent mit sauberer heimischer Energie versorgen. Davon profitieren die Umwelt und die Wirtschaft in Österreich. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden drei Schwerpunkte gesetzt: Energieeffizienz, erneuerbare Energie und green jobs.
Wir müssen unser Energiesystem ändern und unabhängig werden. Wir benötigen ein Energiesystem, das für morgen und nicht von gestern ist. Alle Verantwortungsträger und jede und jeder Einzelne müssen mittun. Vor allem unsere Gemeinden und Regionen sind dabei wichtige Motoren. Ich habe daher ein Förderprogramm im Rahmen des Klima- und Energiefonds gestartet, das Gemeinden und Regionen in Österreich auf ihrem Weg in die Energieautarkie begleitet. Bereits 66 Gemeinden haben den Förderzuschlag schon bekommen und damit ist schon ein Fünftel der Österreicherinnen und Österreicher in Richtung Energieautarkie unterwegs und heuer werden noch weitere Regionen dazukommen.
Wirtschaftsmotor green jobs. Kein Bereich ist so gut durch die Wirtschaftskrise gekommen wie der Umweltsektor. Mit einem Plus von 3,7 Prozent an green jobs in der Umweltwirtschaft liegt die Anzahl der Beschäftigten heute bei rund 200.000. Es ist uns in den letzten Jahren gelungen, diese Entwicklung mit gezielten Förderungen maßgeblich zu forcieren. Jede Investition in den Ausbau von green jobs bringt mehr Klimaschutz, Energiesicherheit, Wirtschaftswachstum und Aufschwung. Besonders stark entwickelt sich der Bereich der erneuerbaren Energie und Energieeinsparung.
Rund 40 Prozent der Beschäftigten erwirtschaften in diesem Bereich die Hälfte des gesamten Umweltumsatzes. Hier greift maßgeblich unsere Förderung der thermischen Sanierung sowie zur intensiveren Energieberatung und -planung. Mit der 400-Millionen-Euro-Sanierungsoffensive können wir bis 2014 mit einer Einsparung an Treibhausgasen von vier Millionen Tonnen und einem Zuwachs von 10.500 green jobs jährlich rechnen. Das zeigt: Jeder investierte Euro in die Umweltwirtschaft bringt Vorteile für die Menschen, den Klimaschutz und die Wirtschaft.
Die green jobs und das Wirtschaftswachstum sind eng miteinander verbunden. Bereits jetzt wird in Österreich jeder zehnte Euro mit der Umwelt verdient. Bis 2020 können 100.000 neue green jobs in den Schlüsselbereichen entstehen. Daher forcieren und fördern wir auch weiterhin den Ausbau dieses Arbeitsmarktes. Es geht darum, den Menschen in Österreich Zuversicht zu bieten. Und ich möchte ganz besonders junge Menschen motivieren, diese Option zu wählen und in den Umweltsektor einzusteigen.
Das Lebensministerium kann dazu bereits viele Erfolge vorweisen: Mit dem Masterplan green jobs, mit der Förderoffensive zur thermischen Sanierung und der Umweltförderung im Inland genauso wie mit den Programmen im Klima- und Energiefonds, der Klimaschutzinitiative klima:aktiv, der green-jobs-Qualifizierungsoffensive und gezielten Förderaktionen zum Einsatz erneuerbarer Energie setze ich punktgenaue Maßnahmen. Neben den Arbeitsplätzen durch die Sanierungsoffensive haben wir mit den klima:aktiv-Mobilitätsprojekten bereits rund 2.700 green jobs und mit der Umweltförderung (UFI) 7.300 green jobs geschaffen und gesichert. Aber auch die Klima- und Energie-Modellregionen sowie die Elektromobilitäts-Modellregionen helfen bei der Schaffung und Sicherung regionaler Wertschöpfung und Arbeitsplätze.
Um die Energieautarkie im Mobilitätsbereich umzusetzen, ist es notwendig, auf alternative Antriebe, Biokraftstoffe und Elektromobilität zu setzen, damit unser Land unabhängig von Rohstoffimporten wird. Wir fördern daher mit der Klimaschutzinitiative klima:aktiv mobil den Umstieg auf Elektrofahrzeuge mit unterschiedlichen Angeboten, um den Anteil der Elektromobilität bundesweit zu steigern. Mit dem „10-Punkte-Aktionsprogramm zur Elektromobilität“, das gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich ins Leben gerufen wurde, haben wir ein klares Ziel vor Augen: Bis 2020 möchte ich 250.000 Elektrofahrzeuge auf Österreichs Straßen bringen und damit eine CO2-Einsparung von 430.000 Tonnen erzielen. Mit Elektrofahrzeugen wird Mobilität zukünftig nahezu ohne Emissionen und Schadstoffe möglich sein.
Das ist ein Meilenstein in der klimaschonenden Antriebstechnologie und ein Gewinn für die Umwelt und die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Wir arbeiten auch an der Bereitstellung von ausreichenden Ladestationen. Strom aus erneuerbaren Ressourcen ist genug in Österreich vorhanden. Dabei spielen die Modellregionen zur Elektromobilität als Multiplikatoren eine ganz wesentliche Rolle. In Eisenstadt, Graz, Linz, Wien und Vorarlberg wird Elektromobilität bereits erfolgreich in der Praxis getestet. Hier werden zum Beispiel bereits Leasing-Modelle, E-Car-Sharing und E-Ruf-Taxis eingesetzt.
Für die Energieversorgung von 250.000 Elektrofahrzeugen ist nur rund ein Prozent an zusätzlicher Stromproduktion erforderlich, ein Ausbau der bestehenden Kraftwerkskapazitäten ist damit nicht erforderlich, denn der Strombedarf kann zur Gänze aus erneuerbaren Energien aus Österreich – Wind- und Wasserkraft, Photovoltaik oder Biomasse – bereitgestellt werden. Beim Ausbau des Stromtankstellennetzes geht die realistische Planung davon aus, dass es bis 2020 etwa 4.000 öffentliche Ladestationen gibt, für die ein Investitionsvolumen von 150 Millionen Euro benötigt wird. Dem stehen positive Nettoeffekte sowohl für die Volkswirtschaft als auch für die Investitionen von 300 Millionen Euro gegenüber. Die Elektromobilität zeigt damit, dass aktiver Klimaschutz ein ganz wesentlicher wirtschaftlicher, aber auch arbeitsmarktpolitischer Faktor der Zukunft ist.
Für ein lebenswerteres Österreich. Um für Österreich und unsere Bürgerinnen und Bürger ein zukunftsfähiges und leistbares Energiesystem aufzubauen, müssen wir so rasch wie möglich auf erneuerbare Energie und Energieeffizienz umstellen. Das braucht aber einen gemeinsamen Schulterschluss aller Verantwortlichen. Anders werden wir es nicht schaffen. Durch moderne Umwelttechniken und Effizienztechnologien ist mittlerweile vieles machbar, was gestern noch Utopie war.
Eine sichere, saubere und unabhängige Energieversorgung ist eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz verbunden mit den vielfachen Vorteilen für Aufschwung, Wachstum und neue green jobs für Österreich sichert uns und unseren Kindern Lebensqualität und gibt wichtige wirtschaftliche Perspektiven für die Zukunft.
Der Umweltminister (Jahrgang 1961) ist Landwirt und Politiker der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Er gehört der burgenlandkroatischen Volksgruppe an. Berlakovich war Abgeordneter im Burgenländischen Landtag und Agrar- und Umwelt-Landesrat in der Burgenländischen Landesregierung. Seit Dezember 2008 ist Berlakovich Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.