Organische Leuchtdioden (OLED) kommen schon heute in vielen High-Tech-Produkten zum Einsatz. Da die OLED-Leuchten extrem dünn und biegsam sind, lassen sie sich für unterschiedlichste Lichtlösungen einsetzen. Ob als Fensterglas, als hauchdünnes Display, oder als großflächig leuchtende Wandtapete, die Möglichkeiten dieser einzigartigen Technologie sind noch lange nicht ausgereizt.
Die gedruckte organische Elektronik gehört zu den Technologien, die das Potenzial haben, in den nächsten Jahren die Welt zu verändern. Dies liegt zum einen an der möglichen Realisierung umweltfreundlicher Energiegewinnung, sparsamer Energieverwendung und ressourcenschonender Herstellung elektronischer Komponenten durch diese Technologien. Zum anderen aber auch an den speziellen Eigenschaften neuartiger Produkte und Anwendungen: hauchdünne energiesparende Beleuchtungssysteme, die nur halb so viel Energie wie heutige Energiesparlampen benötigen, hocheffiziente Solarzellenfolien, die, an Fensterfronten angebracht, Sonnenenergie in Strom umwandeln, intelligente Pflaster, die die Körpertemperatur des Patienten messen, Miniatur-Bildschirme in Zeitschriften.
Wichtiger Impuls, um das Kooperationsnetzwerk „Forum Organic Electronics“ (FOE) in Heidelberg als eines der führenden Netzwerke in der gedruckten organischen Elektronik zu etablieren, waren in erster Linie die Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Spitzencluster-Wettbewerbs sowie die Fördermaßnahmen des Landes Baden-Württemberg. Seit dem Gewinn des Spitzencluster-Wettbewerbs im Jahr 2008 sind mehrere Millionen Euro in die Erforschung der Zukunftstechnologie investiert worden.
Mittelpunkt des Clusters bildet die InnovationLab GmbH (iL) in Heidelberg, eine neue Form einer Public Private Partnership von Industrie und Wissenschaft, die auch über den Förderzeitraum hinaus als gemeinsamer Standort der über 28 Partner nachhaltig etabliert wurde, um die disziplinübergreifende Zusammenarbeit der Partner entlang der gesamten Wertschöpfungskette unter einem gemeinsamen Dach sicherzustellen.
Mit der Einweihung der gemeinsamen Forschungsplattform im Februar 2011 hat die Arbeit des Spitzenclusters FOE rund um die iL noch einmal Fahrt aufgenommen. Auf insgesamt 2.900 Quadratmetern Büro- und Laborfläche arbeiten seitdem über 100 Forscher der Partner gemeinsam an neuartigen Beleuchtungssystemen, hocheffizienten Solarzellenfolien und der gedruckten Elektronik. Für ihre Forschungen steht den Wissenschaftlern und Experten unter anderem ein 650 Quadratmeter großes Reinraumlabor zur Verfügung. Ein weltweit einzigartiges Labor, in dem auf speziell designten Druckmaschinen und mit herausragenden Charakterisierungs- und Analysemöglichkeiten Forscher verschiedenster Fachrichtungen gemeinsam projekt- und applikationsübergreifend die Grundlagen der gedruckten organischen Elektronik für innovative Anwendungen erarbeiten. An einem zentralen Ort können alle wesentlichen Produktionsschritte untersucht und aufeinander abgestimmt werden, die bis dahin dezentral und unabhängig voneinander existierten oder entwickelt wurden. Technologiekompetenz konnte hier in kürzester Zeit gebündelt werden. Als Flaggschiff hat Heidelberger Druckmaschinen eine sechs-Zoll-Rolle-zu-Rolle-Druckmaschine aufgebaut, die einen Durchsatz von 100 Metern pro Minute liefern kann. Nach und nach wird die Anlage an die Erfordernisse angepasst. Ziel ist die kontinuierliche Herstellung verschiedenster Elektronikbauteile, die als Systemkomponenten beispielsweise in der Automobilindustrie und Gebäudearchitektur zum Einsatz kommen können. Erste in Zusammenarbeit erstellte Demonstratoren wurden unter anderem auf der diesjährigen Branchenmesse drupa gezeigt.
Nachdem in der ersten Förderphase der Strategieumsetzung des Spitzenclusters die Identifizierung technologisch grundlegender Fragestellungen und der Aufbau der zentralen Forschungsplattform die Entwicklung des Cluster geprägt haben, steht nun die Umsetzung der erarbeiteten Prozesse von der Labor- auf eine industrienahe Prozessumgebung im Vordergrund. Auch dies wird interdisziplinär auf der dafür optimal abgestimmten und exzellent ausgestatteten Infrastruktur an der iL als Drehscheibe sämtlicher Clusteraktivitäten abgebildet.
Aber der Spitzencluster ist nicht regional oder gar national beschränkt. Gemeinsame Arbeiten und Projekte mit dem Chilworth Technical Centre der Merck Chemicals Ltd (UK) und EMD Chemicals in Boston (US) stellen sicher, dass die Entwicklung der hocheffizienten Materialien mit den Prozessentwicklungen an der iL im Einklang stehen. So wird zum Beispiel die neue Generation organischer Halbleiter für Photovoltaik-Anwendungen oder Schaltungen im englischen Chilworth entwickelt und zugleich in den Laboren der iL an den Herstellungsprozess angepasst.
Neben den verschiedenen Forschungsprojekten liegt dem Cluster die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern am Herzen, um den Fachkräftebedarf dieses Zukunftsmarktes decken zu können. Am gemeinsamen Standort werden Studierende unter anderem aus den Bereichen Physik, Chemie, Materialwissenschaften, Ingenieurwesen, Informatik, aber auch BWL interdisziplinär ausgebildet. Ein in 2011 in Zusammenarbeit mit dem Darthmouth College, dem Massachusetts Institute of Technology und der Princeton University etabliertes Stipendiatenprogramm ermöglicht es den Nachwuchswissenschaftlern, interdisziplinär und interkulturell an gemeinsamen Projekten zu arbeiten.
Die ersten Schritte von der Vision zur Realität wurden bereits getan. Mit dem „smart forvision“ wurde auf der IAA 2011 ein Konzeptfahrzeug von smart und BASF vorgestellt. Dieser smart demonstriert eine Mischung aus visionären, teils noch im Laborstadium befindlichen Materialien sowie Technologien, die gute Chancen auf eine Serieneinführung haben. Die im Fahrzeug verwendeten organischen Farbstoff-Solarzellen (OPV) können Sonnenlicht in Strom umwandeln und semitransparente organische Leuchtdioden (OLEDs) beleuchten den Innenraum des Fahrzeuges, ohne heiß zu werden. So geht keine Energie durch abgestrahlte Wärme verloren.
Das Highlight auf der Consumer Electronics Show 2012 in Las Vegas war ein OLED-Fernseher mit brillanter Bildqualität, einer 1.000-mal höheren Geschwindigkeit als LED/LCD-Displays sowie einer scharfen Wiedergabe von Bewegungen ohne jegliche Unschärfe- oder Bleeding-Effekte. Mit einer Bildschirmdiagonale von 140 Zentimetern ist der LG 55EM9600 mit 7,5 Kilogramm und lediglich vier Millimetern Dicke ein technologisches Schwer-, aber auch Leichtgewicht. Diese Beispiele zeigen, dass die organische Elektronik in den bedeutendsten Industriezweigen als richtungsweisende Technologie der Zukunft und Innovationstreiber bereits lanciert ist. Laut einer Studie von NanoMarkets (2011) wird im Bereich der OPV ein großes Anwendungsfeld bei tragbaren Geräten gesehen. Daraus ergebe sich bis 2016 ein Umsatzvolumen von 250 Millionen US-Dollar. Glasanwendungen in der gebäudeintegrierten Photovoltaik sollen 2016 weitere 113 Millionen US-Dollar Umsätze erzeugen. Im Bereich OLED-Anwendungen wird ein Wachstum des Marktes für OLED-Materialien von 500 Millionen US-Dollar im Jahr 2012 auf über sieben Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 erwartet.
Diese Visionen Wirklichkeit werden zu lassen, ist das Hauptziel des Spitzencluster FOE und aus diesem Grund haben sich die beteiligten Partner schon längst für einen Ausbau der gemeinsamen Forschungsplattform stark gemacht. Die Zukunft der organischen Elektronik hat hier bereits begonnen.
Dr. Nina Traut: Die Autorin absolvierte ein Chemiestudium an der Universität Köln. Während ihrer Doktorarbeit beschäftigte sie sich mit auf kleinen Molekülen basierenden, mehrschichtigen, phosphoreszierenden OLEDs. Seit 2009 ist sie bei der Merck KGaA und darüber hinaus bei der InnovationLab GmbH in Heidelberg tätig, eine gemeinsame Forschungsplattform im Rahmen des deutschen Spitzenclusters „Forum Organic Electronics“.
Michaela Sauer: Nach dem Volkswirtsschafts- und Soziologiestudium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg arbeitete die Autorin in der globalen Unternehmenskommunikation der SAP AG. Michaela Sauer ist zuständig für das Clustermanagement des BMBF-Spitzenclusters „Forum Organic Electronics“, der Teil der 2008 gegründeten InnovationLab GmbH ist.