Kaum eine Branche vereint so viel unterschiedliches Expertenwissen wie die pharmazeutische Industrie. Kaum eine Branche investiert so viel in Forschung und Entwicklung wie die pharmazeutische Industrie. Bei kaum einer Branche ist das unternehmerische Risiko so hoch. Und: Kaum eine Branche muss so sehr um die öffentliche Wertschätzung ihrer Leistungen kämpfen.
Großes Risiko – kleine Aussicht auf Erfolg
Die Entwicklung von innovativen Medikamenten ist riskant, zeitintensiv und teuer. Bevor eine neue Substanz die Marktzulassung erhält, vergehen im Durchschnitt zehn bis zwölf Jahre. Die Aussichten, dass sie von der Phase I der klinischen Entwicklung bis zur viele Jahre späteren Zulassung erfolgreich ist, betragen im Durchschnitt nur circa zehn Prozent. Ist ein neues Medikament schließlich zugelassen, muss es die Kosten für seine eigene Entwicklung, die Kosten für die 90 Prozent der fehlgeschlagenen Entwicklungen sowie die Kosten für zukünftige Medikamente erwirtschaften. Wie bei einem Generationenvertrag: Die heutigen Umsätze sichern die Innovationen von morgen. Um ein Beispiel zu nennen: In der Onkologie sind nur drei von zehn Arzneimitteln nach ihrer Zulassung so erfolgreich, dass sie ihre eigenen, bis dahin angefallenen Kosten für Forschung und Entwicklung wieder einbringen.
Target-Identifizierung und Target-Validierung
Um einen neuen Wirkstoff gegen eine Krankheit zu finden, gilt es zuerst zu verstehen, welche Prozesse im menschlichen Körper gestört sind. Ist ein so genanntes Target identifiziert, also ein Molekül oder eine biochemische Struktur im Körper, dessen oder deren Manipulation dazu führen könnte, die Symptome einer Krankheit zu lindern oder sie gar zu heilen, erfolgt dessen Validierung für die pharmakologische Anwendung. Erst wenn seine Molekularbiologie und Biochemie verstanden sind, kann man herausfinden, wie sich die Manipulation auf die Erkrankung auswirken könnte. Testansätze helfen den Forschern, die zu untersuchenden biochemischen Prozesse in Zellen messbar und sichtbar zu machen. Sie werden speziell für das identifizierte Target entwickelt und ermöglichen seine Untersuchung im Reagenzglas, in vitro.
Lead-Identifizierung und Lead-Optimierung
Dann werden ganze Substanzklassen (Leads), die in Bibliotheken zur Verfügung stehen, daraufhin getestet, ob und wie sie mit dem Target interagieren.
Diejenigen Substanzklassen, die einen signifikanten Einfluss auf das Target zeigen, werden näher in vitro untersucht.
Präklinik und Klinik
In die präklinische Phase kommen nur sehr wenige Substanzen, die jetzt auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit im Tiermodell überprüft werden. Sind diese Tests positiv, werden die ausgewählten Substanzen im Rahmen von klinischen Studien danach am Menschen untersucht. Derartige Studien müssen hohen gesetzlichen Standards genügen, die in nationalen und internationalen Richtlinien und Gesetzen vorgegeben sind. Klinische Studien werden zusätzlich durch die Zulassungsbehörden und unabhängige Ethikkommissionen geprüft.
Zulassung
Erst wenn die Ergebnisse der klinischen Studien Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der neuen Substanz gezeigt haben, kann ein Zulassungsantrag gestellt werden. Nationale und internationale Behörden entscheiden darüber, ob die gesammelten Daten überzeugend genug sind, um dem pharmazeutischen Unternehmen die Zulassung zu erteilen, die es berechtigt, den neuen Wirkstoff schließlich auch zu vermarkten.
Pharmazeutische Forschung und Entwicklung betritt Neuland, jeden Tag. Daher ist sie teuer und risikointensiv. Aber: Ein Risiko birgt meist auch eine Chance. Die sinkende Krebsmortalität in den Ländern der ersten Welt beipielsweise beruht im Wesentlichen auf innovativen Therapiestrategien, die pharmazeutische Unternehmen in Kooperation mit führenden wissenschaftlichen Einrichtungen entwickelten und weiter entwickeln.
Celgene ist ein globales biopharmazeutisches Unternehmen, das 1986 in New Jersey, USA, gegründet wurde. Celgene erforscht, entwickelt und vertreibt innovative Arzneimittel, hauptsächlich zur Behandlung von Krebserkrankungen und Krankheiten des Immunsystems. In Deutschland ist Celgene seit 2006 durch die Celgene GmbH in München-Riem vertreten.
Der Autor studierte Molekularbiologie an der LMU München und war von 1991 bis 2002 für AMGEN in München sowie für AMGEN International in der Schweiz leitend tätig. 2006 wechselte Pehl zu Celgene und baute die deutsche Niederlassung in München auf. Seit 2009 ist er für Celgene International als Regional Vice President für das operative Geschäft in Zentraleuropa zuständig.