„Made in Rheinland-Pfalz“ – Die rheinland-pfälzische Wirtschaft ist geprägt von einem starken Mittelstand, insbesondere in den Branchen Handwerk und Maschinenbau. So liegt der Maschinenbau in Rheinland-Pfalz mit rund 33.500 Beschäftigten auf Platz drei der größten Branchen des verarbeitenden Gewerbes.
Der Industriezweig ist überwiegend durch kleine und mittlere Unternehmen auf dem Markt gekennzeichnet. Diese sind Spezialisten in der Anfertigung von kundenspezifischen Lösungen und häufig Marktführer in ihrem Segment. Die Branche ist vielfältig. Insgesamt besteht diese aus zahlreichen Fachzweigen von der Armatur bis zur Werkzeugmaschine. In der innovativen Werkzeugindustrie sind moderne Techniken zur Herstellung von Diamant- und Bornitridwerkzeugen richtungweisend.
Als bestes Beispiel spiegelt die Günter Effgen GmbH die Kreativität der Branche wider. Das mittelständische Unternehmen setzt in seinem Sektor mit seiner Innovationskraft neue Maßstäbe. Infolge eines Kundenauftrages entwickelte das Unternehmen im Jahr 2007 neue diamantdurchsetzte Polier- und Schleifwerkzeuge. Für die Entwicklung von „Polierwerkzeug zur definierten Bearbeitung von harten und hochharten Werkstückoberflächen, insbesondere für CNC-Schleifmaschinen“ wurde das Unternehmen mit dem Innovationspreis Rheinland-Pfalz 2008 ausgezeichnet.
Konkret geht es darum, an Zerspanwerkzeugen eine definierte Schneidkantenverrundung und gleichzeitig eine hochglanzpolierte Spannut zu erzeugen. Dies alles sollte möglichst in einem Arbeitsgang auf einer 5-Achs-CNC-Maschine geschehen. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Kunden konnte innerhalb weniger Wochen der Prozess auf die Maschine geführt werden. Der nun entstehende Hochleistungsbohrer aus Hartmetall wird im „mannlosen Betrieb“ prozesssicher in Serie hergestellt und zeigt eine Standzeitverbesserung von 200 Prozent gegenüber der vorherigen Herstellmethode.
Bei der Schneidkantenpräparation sind die folgenden drei Schwerpunkte zu berücksichtigen: Reduzierung der Schneidkantenschartigkeit, definierte Kantenverrundung sowie die Verbesserung der Oberflächenrauigkeit an Span- und Freiflächen.
Die Schwierigkeit, diese Eigenschaften zu erreichen, besteht darin, im Herstellungsprozess eine gezielt präparierte und homogene Schneidkante im Mikrometer-Bereich zu erzeugen.
Die Mikrogeometrie der Schneidkante ist nach dem Schleifen durch Schartigkeiten und Unstetigkeiten gekennzeichnet, die im Einsatz hinderlich sind. Unstetigkeiten werden beim Einsatz stark belastet und führen zu Mikroausbrüchen, welche die Standzeit der Schneide reduzieren und die Qualität der bearbeiteten Werkstückoberfläche beeinflussen.
Mit den neu entwickelten Polierwerkzeugen des Herrsteiner Unternehmens zeigt sich erstmals eine prozesssichere Technologie, die beide Arbeitsgänge, Polieren und Verrunden, variabel miteinander kombiniert. Die hiermit erzeugbaren Oberflächengüten liegen bei Rautiefenwerten von Ra 0,02 Mikrometer. Dadurch wird eine wesentlich bessere Spanabfuhr und weitaus geringere thermische Belastung während des Bohrprozesses gewährleistet. Bestimmte Hochleistungsbohrer benötigen keine zusätzlichen Oberflächenbeschichtungen und erreichen mit den polierten Oberflächen insgesamt bessere Standzeiten. Beim Herstellen des Bohrers kann der Arbeitsschritt „Beschichten“ entfallen, die Herstellkosten reduzieren sich damit um zehn Prozent.
Ein entscheidender Vorteil liegt darin, dass der Maschinenbediener mit den ihm bekannten Parametern Schnittgeschwindigkeit, Vorschub und Zustellung weiterarbeiten und letztendlich ein optimal präpariertes Schneidwerkzeug direkt aus der Maschine entnehmen kann. Abgestimmt auf den jeweiligen Bedarf sind die Polierscheiben unter anderem in vier Basishärten gegliedert. Mit dem einstellbar elastischen Charakter dieser Kunstharzbindungen wird im Wesentlichen das Verrundungsverhalten an Schneidkanten gesteuert. Der variable Aufbau der Bindung und die Verwendung spezieller Diamantkörnungen erlaubt die Bearbeitung verschiedenster Werkstoffe, wie zum Beispiel Hartmetall, HSS, Zirkonoxid, Glas, flammgespritzte Legierungen, gehärteter Stahl, Germanium.
Innovation bedeutet für die Günter Effgen GmbH stets neue Anwendungen zu erschließen und neue Fertigungstechniken einzuführen. Ein rasanter Fortschritt bei neuen Technologien prägte in den letzten Jahren auch die Tätigkeit anderer rheinland-pfälzischer Unternehmen. Handwerk und Maschinenbau heißt heute Hightech. Wer am Markt bestehen möchte, muss sich diesen Gegebenheiten anpassen. Flexibilität, Eigeninitiative, Innovationsfähigkeit und Kreativität sind unabkömmliche Wegbegleiter der modernen Unternehmen zur Erschließung der internationalen Märkte. Eine große Herausforderung, der sich die rheinland-pfälzischen Unternehmen in der Zukunft stellen.
Der 1970 geborene Autor absolvierte seinen staatlich geprüften Techniker in der Fachrichtung Kunststoff- und Kautschuktechnik. Er übte eine neunjährige Tätigkeit als Prozessmanager im Bereich Werkstoff- und Prozesstechnik bei einem mittelständischen Automobilzulieferer aus. Seit 2005 ist er bei der Günter Effgen GmbH als F&E-Verantwortlicher und Produktmanager für den Bereich Feinschleif- und Polierwerkzeuge tätig.