Innovationskraft wird immer mehr zum Wettbewerbsfaktor. Innovationen lassen sich nur in offener Zusammenarbeit mit starken Partnern erzielen. Hohe Effizienz ist der Preis, um im globalen Wettbewerbsdruck bestehen zu können. Effizienz erreicht man nur durch Skalenerträge und Prozessoptimierungen. Skalenerträge lassen sich nur durch Größe oder Kooperation erzielen. Globale Partnerschaften sind daher notwendig, aber nur lokale Partnerschaften, eben Cluster, schaffen langfristige Wettbewerbsvorteile und generieren somit Wirtschaftswachstum.
Aber was sind Cluster überhaupt? Geografische Anhäufungen von Unternehmen einer bestimmten Branche? Nein! Cluster fokussieren sich auf die Stärkung eines bestimmten Profils innerhalb einer Region. Cluster sind spezialisiert auf eine Branche oder ein Thema. So beispielsweise der Luftfahrtcluster der Metropolregion Hamburg oder der Softwarecluster. Cluster sind mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Cluster werden erst real, wenn man konkrete gemeinsame Projekte hat. Cluster werden real, wenn man sich vernetzt, miteinander kommuniziert, miteinander agiert. Es müssen intensive Kontakte gepflegt werden und es muss ein Grundvertrauen unter den Schlüsselpartnern bestehen. Ohne das Wissen übereinander können keine Geschäfte entstehen und ohne ein grundlegendes Vertrauensverhältnis keine Partnerschaften. Cluster bedeuten kurze Wege, intensive Kommunikation, Schnelligkeit und Effizienz.
So können neue Trends erkannt und Forschungsergebnisse entsprechend leichter in Geschäft umgesetzt werden. Doppelforschungen werden so vermieden. Es entsteht eine gemeinsame Wertschöpfung. Denn eines ist klar: Wer schneller Forschungsergebnisse erfolgreich am Markt etablieren kann, wird Wachstum und Beschäftigung sichern. Da besteht in Deutschland grundsätzlich noch Potenzial. Wir wissen zwar, wie man aus Geld Wissen macht, wir müssen das Wissen aber auch wieder zu Geld machen. Erfolgreiche Cluster schaffen das. Sie bilden einen Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, auch in Deutschland. Cluster sind das richtige Instrument, um gezielt Innovationen und Produktivität zu fördern. Cluster sind industrielle Kristallisationszentren und Innovationsmotoren.
Erfolgreiche Cluster sind mehr als Mittelstand und Start-ups. Die Netzwerke brauchen Mittelständler und Start-ups, aber sie brauchen auch Global Player als „Lokomotiven“.
Ohne Global Player können die kleineren Partner im Cluster nicht wachsen. Sie können Forschungsergebnisse nur schwer in Markterfolg umwandeln. Alle Zahlen im Innovationsindex weisen darauf hin. Insbesondere bei der Internationalisierung tun sich kleine Mittelständler oft schwer, neue Märkte zu erobern. Heute reicht ein Berufsleben nicht mehr aus, damit sich ein Mittelständler internationale Sichtbarkeit verschaffen kann. Im Verbund mit größeren Unternehmen ist das leichter. Mittelständler profitieren durch die Wirkkraft der „Großen“. Und die „Großen“ profitieren durch die Flexibilität der „Kleinen“. Nehmen wir das Beispiel der finnischen Stadt Oulu, deren Wirtschaftsregion gemeinhin als eines der erfolgreichsten Cluster in Europa gilt. Ohne die Rolle von Nokia hätte sich Oulu wahrscheinlich nicht so entwickelt, wie es in den letzten 20 Jahren der Fall war.
Cluster schaffen auch Raum für Neues. Die Mobilität und die Gründungsaktivitäten sind in Clustern enorm hoch. Auch die Anzahl von Patenten steigt. Nehmen wir als Beispiel das Silicon Valley. Dort gibt es Ideen, Forschung, Fachkräfte, Dienstleistungen sowie Venture Capital, speziell für den IT- und Softwarebereich auf engstem Raum. Einem Investor, der in Silicon Valley sitzt, muss man die Bedeutung von IT nicht erst erklären. Mit einer guten Idee und dem entsprechenden Businessplan kommt man so an das notwendige Venture Capital heran, das einem woanders möglicherweise verwehrt bleibt. Google, Yahoo oder Facebook sind nicht zufällig dort entstanden. Unternehmen bekommen so schnell und nachhaltig eine kritische Größe. Gerade für KMU sind Investoren ein wichtiger Bestandteil, um Wachstum generieren zu können.
Das alles zeigt: Clusterförderung ist als Organisationsprinzip die richtige Methode, eine zielgerichtete und erfolgreiche Innovations-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik zu betreiben. Der Spitzenclusterwettbewerb von Forschungsministerin Annette Schavan ist ein wichtiger Schritt für die Stärkung der bereits bestehenden Cluster in Deutschland. Das Forschungsministerium investiert im Rahmen der Hightechstrategie die richtige Summe zum richtigen Zweck. Analog zur Exzellenzinitiative werden vorhandene Stärken gestärkt. Das Gießkannenprinzip gehört endgültig der Vergangenheit an. Das ist der Weg, den Deutschland gehen muss. Auch der Koalitionsvertrag der Regierungskoalition weist in diese Richtung. Nur wenn wir die Wachstumsindustrien stärken, also die forschungs- und technologieintensiven Branchen mit einer hohen Wertschöpfung, können wir unsere Wettbewerbsposition als Exportnation halten. Alleine die Softwareindustrie, die als Querschnittstechnologie für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft von essenzieller Bedeutung ist, soll nach Schätzungen des Prognos-Instituts bis 2030 über 400.000 Arbeitsplätze in Deutschland schaffen. Andere Zukunftsbranchen wie die Biotechnologie, die Logistikbranche oder die Medizintechnik haben ebenfalls positive Prognosen. Denn wir sind noch nicht am Ziel. Unsere Cluster sind im internationalen Vergleich immer noch zu klein. Die Potenziale sind da, wir müssen sie jetzt nutzen.
Der 1952 geborene Autor studierte Nachrichtentechnik an der Fachhochschule Offenbach. 1981 begann er seine berufliche Laufbahn bei der Dow Chemical Company. 1996 wurde er in die Geschäftsführung der debis Systemhaus GmbH berufen, deren Fusion mit T-Systems GmbH er verantwortete. Karl-Heinz Streibich ist seit 2003 Vorstandsvorsitzender der Software AG.