Kein Zweifel: Wenn heute im Ausland von Nanotechnologie aus Deutschland die Rede ist, fällt regelmäßig der Begriff „Nano-Valley-Saar“. Damit kommt die Anerkennung zum Ausdruck, die man der saarländischen Nanotechnologie mittlerweile zollt.
Die Grundidee dieser Erfolgsgeschichte war einfach: „Forschung heute ist unsere Wohlstandsquelle für morgen“. Im Jahr 1987 wurde im Saarland das Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) gegründet. Hier wurde früher als in anderen Regionen begonnen, die Welt der kleinen Teilchen zu erforschen.
Zwanzig Jahre nach dieser Entscheidung darf sich das Saarland zu einer der führenden Nano- und Nanobioregionen in Europa zählen.
Elf ausgegründete Unternehmen arbeiten erfolgreich und können sich auf dem globalen Markt behaupten. Über 1.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze sind durch die seit dem Jahr 1995 erfolgten Ausgründungen entstanden.
Erfolgreiche Vernetzung von Forschung und Entwicklung
Um die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu forcieren, wurde 2002 mit finanzieller Unterstützung des saarländischen Ministeriums für Wirtschaft und Wissenschaft der gemeinnützige Verein NanoBioNet gegründet. Er moderiert ein leistungsstarkes Netzwerk aus Hochschulen, Forschungsinstituten, Kliniken, Unternehmen und Experten aus den Bereichen Technologietransfer, Patentwesen, Wirtschaft und Finanzierung. Die Mitglieder kommen aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, ihr gemeinsames Interesse gilt der Forschung und Entwicklung sowie den praktischen Anwendungen der Nano- und Biotechnologie.
Ein weiteres wichtiges Netzwerk mit Sitz im Saarland ist das ebenfalls bundesweit aktive Kompetenzzentrum cc-NanoChem, das im Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) angesiedelt ist. NanoBioNet und das cc-NanoChem kooperieren eng miteinander.
Die Akteure der Netzwerke betreuen eine Vielzahl unterschiedlicher Projekte mit dem Ziel, den Vorsprung auf dem Gebiet der Nano- und Biotechnologie weiter auszubauen und die Region national wie international als wettbewerbsfähigen Standort zu stärken. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören die Unterstützung der Aus- und Weiterbildung, die Förderung von Forschung und Entwicklung und eine aktive Öffentlichkeitsarbeit. Ob durch Präsenz auf einem gemeinsamen Messestand oder in einer Broschüre – NanoBioNet und das cc-NanoChem bieten den Mitgliedern auf unterschiedlichen Plattformen die Möglichkeit, Kompetenzen zu kommunizieren.
Die Zusammenarbeit der unternehmerischen Akteure wurde seit 2006 mit der Plattform Saarland Empowering Nano weiter intensiviert, um gezielt die saarländischen Kompetenzen zu fördern. Zusammen mit der Wirtschaftsförderung (gwSaar) und dem Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) wird weltweit für „Nano made in Saarland“ geworben.
Die Kundenstruktur ist international und umfasst alle denkbaren Branchen.
Winzlinge mit Riesenpotenzial
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Forschung und Entwicklung im Saarland liegen in der chemischen Nanotechnologie und der Nanobiotechnologie. Ein Interesse liegt etwa in der antimikrobiellen, also keimtötenden Wirkung, die einige Nanobeschichtungen hervorrufen. Neben der Lebensmittelindustrie eröffnet die Nanotechnologie auch in der Medizin und Pharmazie neue Perspektiven, in der Analytik wie Therapie. Forscher erhoffen sich raschere Diagnosen, um Krankheiten bereits im Frühstadium nachweisen zu können – etwa bei Krebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder viralen Infekten – und neuartige Therapien mit Hilfe von neuen Molekülen.
Ein Weltmarkt
Der Arbeitsmarkt für Nano- und Biotechnologen liegt zurzeit vor allem in den großen Forschungseinrichtungen der Industrie. In Deutschland gibt es ungefähr 150 Unternehmen mit dem Hauptgeschäftsfeld in der Nanotechnologie und etwa 600 Einrichtungen mit Berührungspunkten zur Nanotechnologie. Im Saarland zählt man derzeit etwa 40 Unternehmen, die auf dem Gebiet der Nano- und der pharmazeutischen Biotechnologie arbeiten.
Weltweit rechnet man bis zum Jahre 2015 mit einer Wertschöpfung bis zu 18 Milliarden Euro und mit 160.000 Arbeitsplätzen allein im Bereich der Nanobiotechnologie.
Den wissenschaftlichen Nachwuchs früh begeistern
NanoBioNet und cc-NanoChem engagieren sich in besonderem Maße dafür, Schüler für die Nano- und Biotechnologie zu begeistern. Dafür hat NanoBioNet die NanoSchoolBox entwickelt, einen Experimentierkoffer für den Physik-, Chemie- oder Biologieunterricht, der, dank Unterstützung des Landes, an allen Gymnasien und Berufsschulen des Saarlandes verteilt werden konnte. Aber auch international ist der Schülerexperimentierkasten ein Exportschlager und trägt zur Bekanntheit des Forschungsstandortes bei.
Doch nicht nur die Schüler stehen im Fokus, wenn es darum geht, eine zukunftsträchtige Technologie wie die Nanotechnologie zu zeigen und zu erklären. Ein weiterer Schwerpunkt liegt neben der akademischen Ausbildung in der Weiterbildung von Facharbeitern und Technikern. Hier entwickelt und organisiert NanoBioNet eigene Fortbildungsmodule und Workshops.
Ein Ausblick
Experten prophezeien, dass die großen Durchbrüche in der Nano- und Biotechnologie noch bevorstehen. Sie werden die Computertechnik revolutionieren, in der Medizin völlig neue Möglichkeiten der Diagnose und Therapie eröffnen sowie Werkstoffe mit völlig neuen Eigenschaften hervorbringen, die neuartige Produkte ermöglichen. Noch lässt sich nicht absehen, wie viele der optimistischen Erwartungen sich tatsächlich realisieren lassen.
Was man aber schon heute sagen kann: Diese Technologien bieten heute und in näherer Zukunft sehr gute Wachstumschancen. Und das Saarland wird davon profitieren.
Der Autor hat an der Universität Bonn politische Wissenschaften, Wirtschaftspolitik und Psychologie studiert und ist seit dem Jahr 2005 kaufmännischer Geschäftsführer des Leibniz-Instituts für Neue Materialien (INM). Jochen Flackus ist Vorstandsvorsitzender von NanoBioNet e. V. und Gründungsmitglied von Saarland Empowering Nano.