Im Vergleich zu anderen Städten zeichnet Braunschweig eine besondere Standortqualität aus: Die Stadt verfügt über eine in Deutschland fast einmalige Konzentration von Forschungseinrichtungen und ist laut Deutsche Bank Research das Zentrum der forschungsintensivsten Region Europas. Gemessen an der Wirtschaftsleistung kann die Region auf den höchsten Anteil an Forschungs- und Entwicklungsausgaben verweisen. Weit über 15.000 Menschen sind in den international renommierten Forschungsinstitutionen beschäftigt.
Sie forschen unter anderem in den Bereichen Umwelttechnologie, Automobil- und Verkehrstechnik, Telematik, Luft- und Raumfahrt, Informations- und Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik sowie neue Materialien und nachwachsende Rohstoffe. Hier liegt auch der Nährboden für potenzielle Wachstumsbranchen von Stadt und Region und dies bildete den Hintergrund, vor dem Braunschweig 2007 zur Stadt der Wissenschaft gekürt wurde – eine Auszeichnung, die auch die enge Vernetzung von Institutionen der Forschung und Wissenschaft mit der Wirtschaft würdigte.
Derzeit steht der Forschungsflughafen im Norden Braunschweigs, der größte Deutschlands und der zweitgrößte Europas, als Kristallisationspunkt für Zukunftstechnologien im Blickpunkt. Mit seinem Ausbau werden die Braunschweiger Cluster der Luft- und Raumfahrt sowie der Verkehrstechnik weiter gestärkt. Dort entsteht mit dem Niedersächsischen Zentrum für Fahrzeugtechnik und dem Campus Forschungsflughafen eine Plattform für die gemeinsame Forschung von Industrie und Wissenschaft. Dabei handelt es sich um die wissenschaftliche Vereinigung der luft- und raumfahrttechnischen Institute der TU Braunschweig, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sowie des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik. Diese Veränderungen werden Braunschweig, Standort von 14 Großforschungseinrichtungen und Weltunternehmen wie Volkswagen, Siemens und Intel, weiteres Renommee als Wissenschafts- und Forschungsstadt einbringen.
Kennzeichen einer erfolgreichen Standortpolitik sind neben einem geglückten Wissens- und Technologietransfer sowie maßgeschneiderten Flächen für Industrie und Gewerbe zunehmend „weiche Faktoren“ wie etwa die Hilfen, die eine Stadt zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährt. In Braunschweig hat daher Familienfreundlichkeit die oberste Priorität. Dazu gehören eine offensive Baulandpolitik, die Familien begünstigt, die Verdoppelung der Ausgaben für die Kinderbetreuung innerhalb von zehn Jahren, Rekordausgaben für die Modernisierung der Schulen und Beitragsfreiheit in Kindergärten.
Ein anderer Pluspunkt: Dem Nachwuchs steht die gesamte Palette der Schulformen zur Auswahl – einschließlich einer internationalen Schule. Außerdem ist Braunschweig mit der Technischen Universität, der Hochschule für Bildende Künste sowie der auf die Ansprüche der Wirtschaft zugeschnittenen WelfenAkademie wichtiger Hochschulstandort Niedersachsens.
Weitere Stärken Braunschweigs sind Kultur und Lebensqualität. Das Braunschweigische Staatstheater mit vier Sparten und einem A-Orchester hat ebenso einen exzellenten Ruf wie unsere Museen, von denen das Herzog Anton Ulrich-Museum eine Gemäldesammlung von europäischem Rang besitzt. 2011 eröffnete zudem das Schlossmuseum in der wieder aufgebauten Welfenresidenz und präsentiert dort anschaulich einen Ausschnitt aus Braunschweigs Geschichte als Landeshauptstadt.
Das Staatstheater Braunschweig ist die erste Adresse unter den Kulturinstitutionen der Forschungsregion.
Mit dem Schloss und der umgestalteten Innenstadt hat Braunschweig eine neue Qualität erhalten und glänzt als Einkaufsstadt mit größter Zugkraft auf die gesamte Region. Eine Zentralitätskennziffer von 161,8, die den Zufluss von Kaufkraft in die Stadt kennzeichnet, macht deutlich, wie sehr diese Stadt und ihr Einzelhandel als Magnet auf Menschen auch außerhalb der Stadtgrenzen wirken.
Dies alles sind Kennzeichen einer lebendigen Stadt, die als Wirtschaftsstandort für die Zukunft gewappnet ist – was sich übrigens am besten am Melderegister ablesen lässt: Braunschweig wächst seit acht Jahren kontinuierlich gegen den allgemeinen demografischen Trend und hat 2011 erstmals seit 1997 wieder über eine Viertelmillion Einwohner. Dabei sind die Wanderungsgewinne in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt gestiegen. Dies liegt zu einem guten Teil an der offensiven Baulandpolitik der Stadt, die attraktive und bezahlbare Grundstücke auf den Markt gebracht hat.
Der Aufwärtstrend der Stadt insgesamt spiegelt sich auch in den Medien wider, zuletzt in einem von Wirtschaftswoche und Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft veröffentlichten Städteranking.
Im Niveau-Ranking, das den gegenwärtigen Stand mit Daten aus den letzten drei Jahren beschreibt, erreicht die Stadt den zwölften Platz unter den 50 größten Städten Deutschlands. Damit liegt in dieser Kategorie in Norddeutschland nur Hamburg vor Braunschweig, und die Löwenstadt ist Nummer eins in Niedersachsen. Und auch bei der Dynamik, der Entwicklung der letzten fünf Jahre, ist Braunschweig stark: Platz 14. Würde man, wie in vergangenen Jahren üblich, beide Kategorien zusammenführen und die Punktzahlen addieren, wäre Braunschweig in der Gesamtbetrachtung sogar fünftbeste Stadt deutschlandweit – ein großer Sprung, denn das beste Ergebnis war bisher ein zehnter Platz 2008.
Viele Pluspunkte sammelte Braunschweig in der Befragung von 80 Unternehmen. Sie gaben Bestnoten beim Kostenbewusstsein und der Modernität der Verwaltung (jeweils Patz eins), bei der Wirtschaftsfreundlichkeit (Platz zwei), bei der Standortqualität (sechs) und bei den Kosten der Unternehmensansiedlung (drei). Als Wirtschaftsdezernent dieser Stadt freue ich mich besonders darüber, dass fast 90 Prozent der Unternehmer Braunschweig erneut als Standort wählen würden.
Mit Blick auf Europa hat sich die Region um die Städte Hannover, Braunschweig, Göttingen und Wolfsburg 2005 zu einer Metropolregion zusammengefunden, in der rund vier Millionen Einwohner leben. Sie erzielte jüngst einen großen Erfolg, als sie von der Bundesregierung als eine von vier Regionen für ein nationales „Schaufenster Elektromobilität“ ausgewählt wurde. Dadurch eröffnet sich jetzt die Möglichkeit, für ihr gemeinsam mit über 200 Partnern und dem Land Niedersachsen entwickeltes Konzept „Unsere Pferdestärken werden elektrisch“ eine Förderung aus dem mit 180 Millionen Euro ausgestatteten Fonds des Bundes zu erhalten. So kann die Metropolregion bis 2015 mit zukunftsweisenden Projekten Europa und der Welt zeigen, welche herausragenden Kompetenzen auf dem Gebiet der Elektromobilität in dieser Region mit innovativer Industrie und hochkarätiger Wissenschaft stecken.
Im Wettbewerb der Regionen kommt es zunehmend auch auf den Kontext an, in dem Städte stehen. Der Südosten Niedersachsens mit den Städten und Landkreisen Braunschweig, Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg kooperiert mit den regionalen Wachstumsinitiativen Wolfsburg AG und projekt Region Braunschweig GmbH in der „Allianz für die Region“, um Arbeitsplätze zu schaffen, bestehende Beschäftigung nachhaltig zu sichern und die Lebensqualität in der Region zu stärken. Handlungsfelder sind Bildung, Energie, Gesundheit, Freizeit, Wirtschaftsförderung und Ansiedlung, Automobilwirtschaft und –forschung.
Im Handlungsfeld Freizeit sieht das Entwicklungskonzept „Gemeinsam gestalten. ErlebnisRegion 2020“ vor, dass die Attraktivität der Region Braunschweig mit rund einer Million Einwohnern im Bereich Lebensqualität und Freizeitwert bis 2020 maßgeblich gesteigert wird. Damit wird die Voraussetzung für eine Neuentdeckung unserer Region mit ihren überaus vielfältigen Freizeit- und Bildungsangeboten und Ausflugszielen geschaffen. Das Konzept sieht die Vernetzung herausragender Attraktionen wie die Museumslandschaft oder Projekte zur E-Mobilität vor und schärft so das Profil unserer Region. Das gilt für vorhandene touristische Standorte ebenso wie für neue, noch zu entwickelnde Projekte. So entsteht ein Gesamtpaket, das immer mehr bundesweite Aufmerksamkeit auf sich ziehen und unser Renommee entscheidend verbessern wird – als Tourismus- und Freizeitdestination oder bei Fachkräften und ihren Familien als interessanter Arbeits- und Wohnort.Dies zeigt, Braunschweig hat im Zusammenwirken mit der Region überaus günstige Rahmenbedingungen geschaffen, damit die Stadt Herausforderungen der Zukunft meistern kann. Dabei ist auch das Image ein nicht zu unterschätzender Faktor. In der eingangs erwähnten Studie der Initiative Neue Marktwirtschaft hat Braunschweig unter den 50 größten Städten in dieser Kategorie einen hervorragenden Platz acht erreicht. Wer dies vor einem guten Jahrzehnt, als Braunschweig noch als „graue Maus“ unter den deutschen Großstädten gehandelt wurde, vorhergesagt hätte, wäre im besten Fall wohl belächelt worden. Auf Braunschweig, das lehrt diese
Erfahrung, wird künftig stärker zu achten sein.
Der Autor wurde 1952 im niedersächsischen Helmstedt geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Joachim Roth ist als Wirtschaftsdezernent der Stadt Braunschweig auch Sprecher der Geschäftsführung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Braunschweig Zukunft GmbH sowie Vorsitzender der Aufsichtsräte verschiedener kommunaler Unternehmen.