Mikrochips sind überall – in Computern, Smartphones, im Auto, in Verkehrsleitsystemen, medizinischen Geräten, intelligenten Steuerungssystemen in Fabriken in Produktion, Energieversorgung und Entwicklung. Diese zunehmende Digitalisierung unseres Alltags bedeutet nicht nur Erleichterungen und effizientere Arbeitsabläufe, sie stellt uns auch vor eine große Herausforderung: Denn die modernen mikro- und nanoelektronischen Alleskönner benötigen Energie. Viel Energie.
Der weltweite Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) verschlingt bereits heute etwa acht Prozent der global erzeugten elektrischen Energie und verursacht damit rund zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. Wegen des starken Wachstums der IKT-Märkte wird für das Jahr 2020 eine Verdreifachung des IKT-Energiebedarfs prognostiziert. Dieser Herausforderung stellen sich die Partner des Spitzenclusters „Cool Silicon“ an Europas größtem Mikroelektronikstandort „Silicon Saxony“. Im Dreieck Freiberg – Chemnitz – Dresden entwickeln seit 2009 Hochschulen und Forschungsinstitute gemeinsam mit kleinen und mittelständischen Firmen und international agierenden Großunternehmen intelligente Lösungen für moderne IKT.
Sächsisches Mikroelektronik-Know-how für energieeffiziente IKT. Im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung geförderten Spitzencluster „Cool Silicon – Energy Efficiency Innovations from Silicon Saxony“ bündeln die Akteure wie die internationalen Großunternehmen Globalfoundries, Infineon, X-FAB oder die Zentrum Mikroelektronik Dresden AG und die starken gewachsenen Netzwerke vor Ort ihre Expertise für energieeffiziente Mikroelektronik. Gemeinsam haben sie konventionellen Stromfressern den Kampf angesagt. Die Projektpartner im Spitzencluster entwickeln gemeinsam innovative IT-Lösungen, die den Energieverbrauch im Bereich der IKT deutlich senken – bis hin zu energieautarken Systemen.
Die Cool-Silicon-Projektpartner arbeiten Hand in Hand an energieeffizienten IT-Systemen sowie der entsprechenden Infrastruktur und bündeln ihre Kräfte in drei Areas. Im Bereich „Mikro- und Nanotechnologie“ beschäftigen sich die Forscher mit den Basistechnologien für energieeffiziente IKT-Produkte sowie deren Anwendung in Computern. Im zweiten Bereich „Kommunikationssysteme“ steht die Erhöhung der Energieeffizienz in mobilen Kommunikationssystemen und den notwendigen Systemkomponenten im Fokus. Im dritten Forschungsbereich des Spitzenclusters „Sensornetzwerke“ wird an energieautarken und drahtlos vernetzten Sensorsystemen gearbeitet. Diese können dann überall dort zum Einsatz kommen, wo eine Anbindung an klassische Versorgungssysteme nicht möglich ist – etwa in Flugzeugen aus Kohlefaserverbundstoffen.
Chips sind nicht alles, aber ohne Chips ist alles nichts. Mit ihrer Arbeit legen sie nicht nur die Grundlagen für einen weiterhin innovationsstarken Hochtechnologiestandort Deutschland. Die hier entwickelten Technologien beflügeln auch die traditionellen Industriezweige – vom Maschinenbau über die Luft- und Raumfahrttechnik bis hin zu Automobilbau, Medizintechnik und der Fertigungsindustrie. Nicht umsonst ist die IKT eine der von der Europäischen Kommission definierten „Key Enabling Technologies“ für ein langfristig starkes Europa, bildet sie doch als Querschnittstechnologie das Fundament für eine zukunftsfähige Wirtschaft.
Intelligente Technologien für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Die Region Silicon Saxony verbindet dabei die wichtigen Komponenten moderner IKT: Intelligente Software und leistungsfähige Hardware. Die hier entwickelten Chips, Sensoren und Übertragungsmodule sind das Herz der vernetzten Gesellschaft. Die ansässigen Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen haben in der Vergangenheit die Grundlagen für eine sichere IKT gelegt und werden weiterhin Technologietreiber sein. Die deutsche Mikroelektronik ist stark – sieht sich aber einer zunehmenden Konkurrenz ausgesetzt. Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Datenskandale stellen die in Silicon Saxony vorhandenen Fertigungsstätten jedoch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für die deutsche Wirtschaft dar: Sie halten Deutschland unabhängig von Chips aus Konkurrenzmärkten wie den USA und Asien. Das ist von immenser Bedeutung, denn: Was nützt die sicherste Software, die durchdachteste Datenstruktur, wenn die Hardware, auf der sie installiert ist, selbst ein Sicherheitsrisiko für öffentliche und privatwirtschaftliche Daten bietet? Wenn Chips und Sensoren quasi werkseitig bereits so konfiguriert sein können, dass sie regelmäßig „nach Hause funken“, wie sicher können dann moderne militärische Systeme, Firmendaten, Kraftwerke und Verkehrsleitsysteme sein?

Im Oktober 2012 gründen die führenden europäischen Mikroelektronikcluster in Dresden die Clusterallianz „Silicon Europe – The Leaders for Innovative Electronics“.
Kooperationserfahrungen auf europäischer Ebene erfolgreich nutzen. Um den technologischen und wirtschaftspolitischen Herausforderungen gewachsen zu sein, haben sich Europas führende Mikroelektronikstandorte zur Clusterallianz „Silicon Europe – The Leaders for Innovative Electronics“ zusammengefunden. Hier arbeitet Silicon Saxony mit den anderen großen Mikroelektronikclustern in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Österreich zusammen, um die Position der europäischen Mikroelektronik weiter zu festigen und vor allem international zu stärken. Die erfolgreiche Arbeit in diesem transnationalen Verbund basiert nicht zuletzt auf den Cool-Silicon-Erfahrungen, wie Kooperation über Organisationsgrenzen hinweg funktionieren kann.
Technologie-Know-how und Innovationskraft in Verbindung mit engen Netzwerken und starken Kooperationen zwischen Industrie, Wissenschaft und Administration – damit ist es im Spitzencluster Cool Silicon in den vergangen Jahren gelungen, nicht nur energieeffiziente Produktinnovationen für moderne Industrieanwendungen zu entwickeln, sondern auch belastbare Strukturen für eine starke europäische Mikroelektronikbranche zu schaffen.
Der 1955 geborene Autor hat Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften in Köln studiert. Er war mehrere Jahre in verschiedenen Funktionen in der Gebäude- und Reinraumtechnik tätig, bevor er 1999 die Geschäftsführung der Roth & Rau – Ortner GmbH übernahm. Seit 2002 ist er zudem Vorstandsmitglied des 2001 gegründeten Branchennetzwerks der sächsischen Mikroelektronik Silicon Saxony e.V.