Mikrochips sind überall – in Computern, Smartphones, im Auto, in Verkehrsleitsystemen, medizinischen Geräten, intelligenten Steuerungssystemen von Fabriken, in Produktion, Energieversorgung und Entwicklung – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Chips sind die Hardware für globale Trends wie Industrie 4.0, Internet der Dinge und Cybersecurity. Eine Schlüsselrolle nehmen dabei Software und IT ein, denn ohne Software ist etwa die „intelligente“ Produktion in der digitalen Fabrik nicht möglich.
An Europas größtem Mikroelektronikstandort „Silicon Saxony“ im Dreieck Freiberg–Chemnitz–Dresden arbeiten Unternehmen und Forschungseinrichtungen an dieser Verschmelzung von digitaler und realer Welt. Vor allem in der Industrie 4.0 liegt dabei Deutschlands und Europas Chance im globalen Wettbewerb. Die effiziente, sich selbst optimierende Fertigung mit enormen Kostenvorteilen – in den Dresdner Halbleiterwerken ist sie bereits Wirklichkeit. Im weltweiten Vergleich zählen die Werke von Infineon und Globalfoundries schon heute zu den am stärksten automatisierten Chipfabriken.
Intelligente Technologien für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Intelligente Software und leistungsfähige Hardware – die im Silicon Saxony entwickelten Chips, Sensoren und Übertragungsmodule sind das Herz der vernetzten Gesellschaft. Diese Technologien beflügeln auch die traditionellen Industriezweige – vom Maschinenbau über die Luft- und Raumfahrttechnik bis hin zu Automobilbau, Medizintechnik und der Fertigungsindustrie. Nicht umsonst ist die IKT eine der von der Europäischen Kommission definierten „Key Enabling Technologies“ für ein langfristig starkes Europa, bildet sie doch als Querschnittstechnologie das Fundament für eine zukunftsfähige Wirtschaft.
Die deutsche Mikroelektronik ist stark, sieht sich aber einer zunehmenden Konkurrenz ausgesetzt. Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Datenskandale stellen die im Silicon Saxony vorhandenen Fertigungsstätten jedoch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für die deutsche Wirtschaft dar: Sie halten Deutschland unabhängig von Chips aus Konkurrenzmärkten wie den USA und Asien. Das ist von immenser Bedeutung, denn: Was nützt die sicherste Software, die durchdachteste Datenstruktur, wenn die Hardware, auf der sie installiert ist, selbst ein Sicherheitsrisiko für öffentliche und privatwirtschaftliche Daten bietet? Wenn Chips und Sensoren quasi werkseitig bereits so konfiguriert sein können, regelmäßig „nach Hause zu funken“, wie sicher können dann moderne militärische Systeme, Firmendaten, Kraftwerke und Verkehrsleitsysteme sein?

Flexibler Materialtransport in einem Halbleiter-Reinraum: Der Roboter „Scout“ der Roth & Rau – Ortner GmbH erkennt in Echtzeit Hindernisse und kann diese selbständig umfahren.
Industrie 4.0 als Chance für Deutschland und Europa.Vor dem Hintergrund des wachsenden globalen Wettbewerbs liegt Europas Chance in der Industrie 4.0. Deutschland und Europa sind bestens positioniert, bei der Industrie 4.0 die Marschroute vorzugeben und Standards zu setzen – als Produktionsstandort und Fabrikausrüster der Welt. Auf diese Weise könnte Europas Anteil an der globalen Wertschöpfung der Mikroelektronik deutlich gesteigert und gleichzeitig wichtige Anwenderbranchen gestärkt werden.
Doch ohne gute Software nutzt die beste Hardware nichts. Die Software-Unternehmen im Silicon Saxony sind besonders auf Industriethemen und Softwareentwicklung an der Schnittstelle zu klassischen Industrien spezialisiert. Die hiesige boomende IT-Branche deckt das gesamte Technologie-Spektrum von der Hardware und (Industrie-)Software über IT bis zu Services ab. Ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist dabei die starke Nähe und Vernetzung der IKT und Digitalwirtschaft im Silicon Saxony: Nirgendwo in Europa befinden sich Chipkonzerne, Forschungsinstitute und hochspezialisierte Zulieferer einerseits und Software- und IT-Unternehmen andererseits so dicht beieinander wie hier.

Im Oktober 2012 gründen die führenden europäischen Mikroelektronikcluster in Dresden die Clusterallianz „Silicon Europe – The Leaders for Innovative Electronics“.
Sächsisches Mikroelektronik-Know-how für energieeffiziente IKT. Die zunehmende Digitalisierung der Welt stellt uns aber auch vor eine große Herausforderung: Der weltweite Einsatz von IKT verschlingt bereits heute etwa acht Prozent der global erzeugten elektrischen Energie und verursacht damit rund zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. Wegen des starken Wachstums der IKT-Märkte wird für das Jahr 2020 eine Verdreifachung des IKT-Energiebedarfs prognostiziert. Dieser Herausforderung stellt sich das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung geförderte Spitzencluster „Cool Silicon – Energy Efficiency Innovations from Silicon Saxony“. Die Projektpartner im Spitzencluster entwickeln gemeinsam innovative IT-Lösungen, die den Energieverbrauch im Bereich der IKT deutlich senken – bis hin zu energieautarken Systemen. Zu den Clusterpartnern gehören internationale Großunternehmen wie Globalfoundries, Infineon, X-FAB oder die Zentrum Mikroelektronik Dresden AG.
Kooperationserfahrungen auf europäischer Ebene erfolgreich nutzen. Um den technologischen und wirtschaftspolitischen Herausforderungen gewachsen zu sein, haben sich Europas führende Mikroelektronikstandorte zur Clusterallianz „Silicon Europe – The Leaders for Innovative Electronics“ zusammengefunden. Hier arbeitet Silicon Saxony mit den anderen großen Mikroelektronikclustern in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Österreich zusammen, um die Position der europäischen Mikroelektronik weiter zu festigen und vor allem international zu stärken. Die erfolgreiche Arbeit in diesem transnationalen Verbund basiert nicht zuletzt auf den Cool-Silicon-Erfahrungen, wie Kooperation über Organisationsgrenzen hinweg funktionieren kann. Technologie-Know-how und Innovationskraft in Verbindung mit engen Netzwerken und starken Kooperationen zwischen Industrie, Wissenschaft und Administration: Im Silicon Saxony ist es damit gelungen, nicht nur moderne und energieeffiziente IKT zu entwickeln, sondern belastbare Strukturen für eine starke europäische Mikroelektronikbranche zu schaffen.
Mehr Informationen
www.silicon-saxony.de
www.cool-silicon.de
www.silicon-europe.eu
Heinz Martin Esser
Der 1955 geborene Autor hat Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften in Köln studiert. Er war mehrere Jahre in verschiedenen Funktionen in der Gebäude- und Reinraumtechnik tätig, bevor er 1999 die Geschäftsführung der Roth & Rau – Ortner GmbH übernahm. Seit 2002 ist er zudem Vorstandsmitglied des 2001 gegründeten Branchennetzwerks der sächsischen Mikroelektronik Silicon Saxony e. V.