Schleswig-Holstein hat eine große Zukunft vor sich. Bedingungen sind ein Zuzug der benötigten Fachkräfte sowie eine konsequente Weiterentwicklung des Landes in den Bereichen Bildung, Verkehr, Kommunikation, Handel und Dienstleistungen. Die drei IHKs, Flensburg, Kiel und Lübeck, nehmen die Herausforderungen an und wollen einen aktiven Beitrag zur Gestaltung des Landes leisten. Die besten Voraussetzungen für eine positive Entwicklung sind bereits gegeben.
Schleswig-Holstein ist geprägt von seiner Lage zwischen den Meeren und als Tor Westeuropas zum und aus dem Ostseeraum. Zudem verbindet es die Metropolregionen Hamburg und Kopenhagen. Sichtbare Ausrufungszeichen setzt es wirtschaftlich mit Lösungen, um den Wind in nutzbaren Energieüberschuss für ganz Deutschland umzuwandeln, mit einer breit gefächerten Produkt- und Dienstleistungspalette der Maritimen Wirtschaft und mit Tourismusstandorten, die zu den bundesweit attraktivsten gehören. Seine Kompetenz in Wissenschaft, Wissens- und Technologietransfer basiert auf einer leistungsfähigen Hochschullandschaft, die durch mehrere Fraunhofer-, Leibniz-, Max-Planck- und Helmholtz-Zentren, ein Universitätsklinikum an zwei Standorten und insg. mehr als ein Dutzend Forschungs- und Hochschulstandorte ergänzt wird. Und: Der echte Norden punktet mit intakten Landschaften, attraktiven Zentren und jeder Menge Raum zum Arbeiten, Lernen und Leben (Abb.1, Standortkarte).
In ihrem Strategiepapier „Schleswig-Holstein 2030“ hat sich die IHK Schleswig-Holstein mit der Frage beschäftigt, wo die Stärken und Perspektiven des Landes zwischen den Meeren liegen und wie diese gestärkt und ausgeschöpft werden können. Die Antwort lautete: Schleswig-Holstein muss Zuzugsland werden! Zuzugsland für engagierte, motivierte Fachkräfte, die hier ein attraktives und intaktes Umfeld zum Leben, Lernen und Arbeiten suchen – und finden.
Wie sieht es aus, in dem Land, in dem laut „Deutsche Post Glücksatlas“ die bundesweit zufriedensten Menschen leben?
Ziemlich gut! Schleswig-Holstein bietet abwechslungsreiche und unverbrauchte Kulturlandschaften. Dazu die Weite von und zwischen zwei Meeren und Deutschlands einzige Hochseeinsel – Helgoland. Dies bedeutet Ruhe und Inspiration für Geist und Augen kreativer Geister. Und für Menschen, die gezielt Abstand zur Hektik des Alltags suchen und diese für ihre Leistungsfähigkeit brauchen wie die Luft zum Atmen. Zudem punktet unser Land mit seiner geografischen Lage, die es zur Drehscheibe zwischen den Ballungsgebieten Deutschlands und dem Ostseeraum macht. Insbesondere Dänemark und die dänisch-schwedische Öresund-Region sind wichtige Partner im Norden, Hamburg und die Metropolregion sind es im Süden. Um diese Lage als Standortvorteil zu nutzen, wird mit Hochdruck an einer infrastrukturell erstklassigen Anbindung über alle Verkehrsträger gearbeitet. Dies gilt für den Nord-Ostsee-Kanal als weltweit wichtigste künstliche Wasserstraße, es gilt für die Bundesautobahnen und auch für das Schienennetz im Norden. Nach Abschluss der Arbeiten werden diese Verkehrsachsen zu noch wichtigeren Entwicklungsachsen und die Märkte für die Unternehmen werden noch leichter erreichbar – in alle und aus allen Richtungen!
Zu einer wirtschafts- und ansiedlungsfreundlichen Infrastruktur gehören darüber hinaus auch leistungsfähige Datennetze – in den Zentren und der Region. Dies gilt heute und wird mit den Herausforderungen einer sich weiter beschleunigenden Digitalisierung zu einer existenziellen Herausforderung für jeden Wirtschaftsstandort, der auch zukünftig vorne mitspielen will. Das Stichwort Industrie 4.0 ist in diesem Kontext von herausragender Bedeutung, da die Industrie der zentrale Treiber für die Wertschöpfung und die Beschäftigung eines Standortes ist, auch wegen der vielen daran hängenden Jobs im Dienstleistungssektor. Ohne entsprechende Anbindung an die Datennetze wird es nicht möglich sein, dezentral geleistete Arbeit zentral in exzellente Forschung und Entwicklung einzuspeisen und die effizienz-steigernden Vorteile arbeitsteiliger Prozesse auch in diesem Kontext in wirtschaftlichem Erfolg münden zu lassen. In Schleswig-Holstein gelingt dies schon seit geraumer Zeit.
Forschung und Entwicklung auf höchstem Niveau finden sich etwa in den Unternehmen der Medizintechnik, des maritimen Bereichs und der regenerativen Energien. Über ein dichtes Netzwerk sind diese Unternehmen mit den Hochschulen des Landes verbunden. Beispiele gefällig? Gerne: Bei den regenerativen Energien haben u. a. die Fachhochschule Westküste, die Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Schleswig-Holstein Netz AG die “Smart Region Pellworm“ initiiert. Quasi ein Feldversuch für „Smart Grid“, also die intelligente Vernetzung von Energieerzeugung, -transport, -speicherung und -verbrauch. Die Geowissenschaftler an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel forschen mit dem Projekt „Angus+“ zur Energiespeicherung unter Tage. Das Zentrum für nachhaltige Energiesysteme, getragen von den beiden Flensburger Hochschulen, setzt mit seinem Projekt „Furgy Clean Innovation“ verschiedene Schwerpunkte z. B. auch bei intelligenten Energiesystemen und in der Speichertechnologie.

Offizielle Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2016*17 „Meere und Ozeane“ in Berlin mit GEOMAR-Direktor Professor Peter Herzig, Bundesforschungsministerin Johanna Wanka, dem KDM-Vorsitzenden Ulrich Bathmann und Professorin Antje Boetius.
Die Maritime Wirtschaft nutzt die Reputation und Kompetenz etwa des Instituts für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht oder auch des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. Bei GEOMAR wurde mit dem „HISEM“ ein neuartiges Unterwasser-Messsystem entwickelt, welches z. B. für Leckagemessungen im Bereich der Offshore Öl- und Gasförderung anwendbar und bereits am Markt verfügbar ist. Im Biotech-Segment arbeitet die Coastal Research & Management – CRM, unterstützt durch das von GEOMAR geleitete Projekt „Interreg Baltic Blue Biotechnology Alliance“, an einem neuen Produkt auf der Basis von Makroalgen-Extrakten. Der Wirkstoff soll in Kosmetika verwendet werden, um die Haut vor freien Radikalen zu schützen. Zudem verfügt die Branche mit dem Maritimen Cluster Norddeutschland (MCN) über eine, die maritime Wirtschaft aus fünf Bundesländern zusammenführende Plattform – ein praxisorientierter Ansatz, wie es ihn so im föderalen Deutschland kaum gibt. Rund 325 Mitglieder und mehr als 20 Kooperationspartner sorgen für gemeinsame Interessenvertretung nach außen sowie kurze Wege und enge Zusammenarbeit untereinander. Das Projekt “Munitec“ zur effizienten und gefahrfreien Beseitigung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ist ein Beispiel, das beide Facetten abdeckt. Hinzu kommen viele, auch bilateral angelegte Kooperationen zwischen MCN-Mitgliedern und Kooperationspartnern, die zu regional angelegten Initiativen oder auch konkreten Geschäftsbeziehungen führen.
Generell stehen alle Partner für einen intensiven, Innovationen fördernden Wissens- und Technologietransfer. Schwerpunkte der in Schleswig-Holstein bei der WTSH GmbH gebündelten Aktivitäten sind die Nanotechnologie, die Entwicklung von Steuerungssoftware und die industrielle Bildbearbeitung als weitere Schlüsseltechnologie, die sich auch im nachstehenden Absatz noch einmal wiederfindet. Hinzu kommt die Elektromobilität mit ihren Schnittstellen zur Energieproduktion und -speicherung.

Die menschliche Gewebszelle unter dem Laserscan-Mikroskop – Zelloberfläche (rot) und Zellkern (blau) werden hier sichtbar.
Eine enge Kooperation ist auch charakteristisch für die Gesundheitswirtschaft mit zwei Medizinischen Fakultäten und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Borstel – Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften – wird das Exzellenzcluster Entzündungsmedizin mit zahlreichen Kooperationsprojekten in die Bereiche der Tumor- und Krebsforschung hineingetragen. Komplettiert wird das wissenschaftliche Know-how durch die Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie (EMB) mit dem Forschungsschwerpunkt zellbasierte Medizintechnik und die ebenfalls der Fraunhofer-Gesellschaft angegliederte Projektgruppe MEVIS, die sich der medizinischen Bildverarbeitung widmet. Mit Life Science Nord verfügen Schleswig-Holstein und Hamburg zudem über ein leistungsfähiges Cluster im Bereich Biotechnologie, Pharma- und Medizintechnik mit mehr als 500 Unternehmen aus der Region.
Neben diesen durchweg technologieorientierten Branchen spielt in Schleswig-Holstein der Tourismus eine bedeutende Rolle als Wirtschaftsfaktor. In vielen Räumen prägt er maßgeblich das Wirtschaftsleben, wie auch das Erscheinungsbild. Besonders gilt das für die Inseln und Halligen und die touristischen Zentren an den Küsten. Mehr als 140.000 Mitarbeiter in mehr als 16.500 Tourismusbetrieben sorgen dafür, dass sich zuletzt rund sechs Millionen Gäste bei gut 23,5 Millionen Übernachtungen wohlfühlen konnten. Für den Standort Schleswig-Holstein ist der Tourismus nicht nur wegen seiner Umsätze von Bedeutung, sondern auch, weil sich diese Umsätze auf zahlreiche Branchen verteilen und weil touristische Arbeitsplätze standortgebunden und damit so gut wie nicht verlagerbar sind. Darüber hinaus tragen die touristischen Angebote zu einem positiven Image für Schleswig-Holstein bei. Ein Asset, das sich vorteilhaft auf die Attraktivität auch anderer Wirtschaftssektoren, das Standortmarketing und nicht zuletzt das Werben um Fachkräfte auswirkt. Auch für die Schleswig-Holsteiner selbst sind sie ein wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität vor Ort.
Diese gefühlte Lebensqualität, und damit schließt sich der Kreis zum Grundansatz des Strategiepapiers der IHK Schleswig-Holstein, wird für Fachkräfte und ihre Familien bei der Auswahl des bevorzugten Lebensmittelpunkts immer wichtiger. Und da diese gut ausgebildeten, engagierten und motivierten Fachkräfte zukünftig der entscheidende Engpassfaktor für viele Unternehmen sein werden, dürften auch diese nicht nur auf die harten Standortfaktoren wie verkehrliche und datentechnische Erreichbarkeit oder die Verfügbarkeit geeigneter Flächen schauen. Sie werden auch darauf achten, ob ein Standort ihnen die personellen Ressourcen bieten kann, die sie benötigen. Und dies wird maßgeblich davon abhängen, wie attraktiv die Menschen das Umfeld wahrnehmen, das sie vor Ort erwartet. Eine reizvolle geografische Lage, eine intakte, abwechslungsreiche Natur und ein breitgefächertes Sport-, Kultur- und Freizeitangebot verbessern die Ausgangslage dabei erheblich. Die Chance, sich zwischen metropolnahen Standorten einerseits, urbanen, aber dennoch dynamischen Hochschulstandorten andererseits oder einem bewusst ruhigeren Ambiente zum Wohnen und/oder Arbeiten entscheiden zu können, ist ebenfalls ein Argument, das positiv für Schleswig-Holstein zu Buche schlägt. So gesehen gibt es keinen Grund, sich nicht für Schleswig-Holstein zu entscheiden.
Friederike C. Kühn
Friederike C. Kühn, Jahrgang 1962, absolvierte ein Studium zur Kommunikationswirtin an der KAH Kommunikations Akademie Hamburg. 2004 wurde sie erstmals in die Vollversammlung der IHK zu Lübeck gewählt. Seit 05.02.2013 ist sie Präses der IHK zu Lübeck und wurde am 19.04.2013 zur Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein berufen.
Björn Ipsen
Björn Ipsen, Jahrgang 1969, studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Bochum, Kiel, Tours/Frankreich. Von 2000 bis 2016 war er in der IHK zu Kiel tätig, zuletzt als Leiter des Geschäftsbereichs Existenzgründung und Unternehmensförderung. Seit Juni 2016 ist er Hauptgeschäftsführer der IHK zu Flensburg und zudem Hauptgeschäftsführer der IHK Schleswig-Holstein.
Weitere Informationen zu den angerissenen Themengebieten finden Sie unter:
Zur Arbeit der IHK Schleswig-Holstein: www.ihk-schleswig-holstein.deZum Strategieprozess Schleswig-Holstein 2030: www.ihk-schleswig-holstein.de/news/SH_2030
Zum Projekt Angus+: www.angusplus.de/de
Zur Smart Region Pellworm: www.smartregion-pellworm.de
Zum Projekt Furgy: www.furgyclean.eu/de
Zur Arbeit von GEOMAR – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel: www.geomar.de
Zum Thema Kosmetika auf Basis von Algenextrakten: www.submariner-network.eu
Zum Maritimen Cluster Norddeutschland: www.maritimes-cluster.de
Zum Projekt „Munitec“: www.maritimes-cluster.de/Das-Cluster/Themen-und-Projekte
Zur Arbeit der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH: www.wtsh.de
Zur Nanotechnologie: www.nina-sh.de
Zum Thema Steuerungssoftware: www.kosse-sh.de
Zum Thema „Industrielle Bildbearbeitung“: www.initiative-bildverarbeitung.de
Zum Thema Elektromobilität: www.ihk-schleswig-holstein.de/innovation/energie/zahlen_daten_fakten
Zum Exzellenzcluster Entzündungsmedizin: www.inflammation-at-interfaces.de
Zur Arbeit von Life Science Nord: www.lifesciencenord.de