Die Schweiz ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Im neusten Global Competitiveness Report des World Economic Forums nimmt die Schweiz hinter den USA Rang zwei ein und ist damit das wettbewerbsfähigste Land Europas. Schweizer und ausländische Versicherungsunternehmen finden damit attraktive Rahmenbedingungen vor, in der Schweiz und von der Schweiz aus das Versicherungsgeschäft zu betreiben. Bei der Aufsichtsbehörde sind 214 private Versicherungsgesellschaften registriert. Die Palette reicht vom global tätigen Universalversicherer über den weltgrössten Rückversicherer und die Tochtergesellschaften ausländischer Versicherungskonzerne bis zum lokal verankerten Anbieter von Speziallösungen. Die ausländischen Märkte sind für die Schweizer Versicherer von grösster Bedeutung.
Zwei Drittel der Prämieneinnahmen von 162 Milliarden Franken erwirtschaften die Versicherer im Ausland. In letzter Zeit haben einige ausländische Versicherer ihren Hauptsitz in die Schweiz verlegt.
Sicherheit, politische Stabilität, eine hohe Lebensqualität, gut ausgebildete Fachkräfte, ein global vernetzter und offener Finanzsektor sowie ein attraktives Steuerumfeld sind oft genannte Gründe für den Entscheid, ein Unternehmen in der Schweiz anzusiedeln.
Hohe volkswirtschaftliche Bedeutung
Die hervorragend positionierte Versicherungswirtschaft erfüllt eine wichtige Rolle innerhalb der Schweizer Volkswirtschaft. Mit der Absicherung unternehmerischer Risiken ermöglicht sie Innovationen und Fortschritt.
Mit einer Steigerung der Bruttowertschöpfung von rund 50 Prozent seit Anfang der neunziger Jahre zählt die Branche zu den verlässlichen Wachstumsmotoren der schweizerischen Volkswirtschaft. Betrachtet man die Produktivität, also die Wertschöpfung pro Mitarbeiter, so liegt die Versicherungsbranche an der Spitze aller Wirtschaftszweige in der Schweiz. Alleine die Unternehmenssteuern der Privatversicherer liegen bei rund einer Milliarde Franken. Sie beschäftigen im Inland 47.500 und im Ausland 78.500 Personen. Mehr als 15 Prozent des gesamten Kapitalbestandes schweizerischer Unternehmungen im Ausland oder rund 97 Milliarden Schweizer Franken stammen von Versicherungen.
Spitzenplatz behaupten und stärker werden
Die Schweizer Versicherungswirtschaft spielt heute in der obersten Klasse. Das Ziel muss sein, im globalen Wettbewerb den Spitzenplatz zu behaupten und noch stärker zu werden. Denn nur die oberste Klasse ist für die Branche eine Option, will sie ihre internationale Ausstrahlungskraft und heutige Bedeutung erhalten.
Dieses Ziel ist mit grossen Herausforderungen verbunden: Die Versicherer müssen sich in einem von Innovation geprägten, dynamischen und zunehmend internationalen Umfeld behaupten. Die demografischen Veränderungen, das „Zusammengehen“ der Welt, der Klimawandel und die Regulierung der Branche sind weitere Herausforderungen, denen sich die Versicherer stellen müssen.
Gute Rahmenbedingungen sind matchentscheidend
Zentral für das Gelingen ist die Entwicklung von geeigneten Rahmenbedingungen auf nationaler und internationaler Ebene. Während noch vor wenigen Jahren der Wille vorherrschte, Gesetze im Sinne der Eigenverantwortung und der Selbstregulierung auf das Notwendigste zu beschränken, ist bereits wieder ein neuer Trend zu Überregulierung zu erkennen. Dieser Trend muss unbedingt gebrochen und der Versicherungsmarkt weiter liberalisiert werden. Dringender Reformbedarf wie in der beruflichen Vorsorge hingegen wird zudem von der Politik nur sehr zögerlich angegangen. Reformbedarf herrscht neben Verbesserungen in der Unternehmensbesteuerung auch bei der Besteuerung von Lebensversicherungen. Besonders vor dem Hintergrund der alternden Gesellschaft dürfen Vorsorgeprodukte nicht durch steuerliche Nachteile unattraktiv gemacht werden.
Die Leibrenten müssen deshalb sachgerecht besteuert und die Stempelsteuer auf Versicherungspolicen abgeschafft werden.
Von grösster Bedeutung für die Schweizer Versicherungswirtschaft sind die Beziehungen zur Europäischen Union. Hier gilt es, die Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Mitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien auszudehnen. Einerseits um die bewährten bilateralen Verträge zu sichern und andererseits, um zu gewährleisten, dass die Branche auch weiterhin genügend Fachspezialisten aus dem Ausland rekrutieren kann. Unsere Branche prüft zudem einen erweiterten gegenseitigen Marktzugang. Speziell im Lebensversicherungsgeschäft würde sich für die Schweizer Versicherer ein großes Marktpotenzial eröffnen.
Aufsicht: Schweiz weiter als die EU
Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit ist auch ein modernes Aufsichtssystem. Die Schweiz verfügt heute über ein solches. Unser Land hat eingeführt, was in der EU in Form von Solvency II noch im Gesetzgebungsprozess steckt. Entscheidend für die Schweiz ist die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit der Aufsicht, damit die Gruppenaufsicht gewährleistet ist. Anfang 2009 hat zudem die integrierte Finanzmarktaufsicht in der Schweiz ihre operative Tätigkeit aufgenommen.
Die Aufsicht über die verschiedenen Finanzmarktakteure wird damit unter einem Dach zusammengefasst. Die Versicherungswirtschaft begrüßt diesen Schritt. Denn eine starke und international anerkannte Aufsichtsbehörde fördert das Vertrauen in unseren Finanzplatz und ist ein grosser Trumpf im internationalen Standortwettbewerb.
Erich Walser (Jahrgang 1947) ist Präsident des Schweizerischen Versicherungsverbandes und Präsident des Verwaltungsrates der Helvetia Gruppe. Walser schloss sein Studium der Ökonomie 1972 an der Universität St. Gallen und 1975 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Bern ab. Nach Tätigkeiten im Bankwesen trat er 1979 in die Helvetia Gruppe ein.