Zum Finanzplatz Deutschland gehören neben Großunternehmen vor allem kleine und mittlere Unternehmen ohne Zugang zum Kapitalmarkt. Für diese ist die Finanzierung eher schwierig. Das war schon vor 60 Jahren so. Vielen Unternehmen fehlten die notwendigen Sicherheiten und sie kamen deshalb nur schwer an Kredite. Zu diesem Zweck wurden ab 1950 „Kreditgarantiegemeinschaften“ für die einzelnen Branchen wie Handwerk, Handel und Industrie gegründet. Nach Fusionen gingen daraus branchenübergreifende Bürgschaftsbanken in den Bundesländern hervor. Sie greifen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Bürgschaften für Hausbankkredite unter die Arme, wenn Sicherheiten fehlen.
Besonders gefragt waren Bürgschaften während der Krise von 2008 bis 2010. Damit konnte sich der Mittelstand sicher finanzieren. 2012 lag die Nachfrage wieder auf dem Vorkrisenniveau: Mehr als 7.000 kleine und mittelgroße Unternehmen wurden mit Bürgschaften und Garantien in Höhe von knapp 1,1 Milliarden Euro gefördert. Damit konnten die Unternehmen Kredite und Beteiligungen über fast 1,6 Milliarden Euro aufnehmen und so Investitionen für circa fünf Milliarden Euro realisieren.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind stark fremdfinanziert. Sie verfügen häufig über zu wenig Eigenkapital. Auch wenn in den letzten Jahren einige mittelständische Unternehmen mit eigenen Anleihen Schlagzeilen machten, der Großteil deutscher Betriebe kann sich nicht über den Kapitalmarkt finanzieren, weil diese Unternehmen zu klein sind. Deshalb wollte die Bundesregierung Ende der 1960er Jahre den Unternehmen Eigenkapital über private Kapitalbeteiligungsgesellschaften mit staatlicher Hilfe zur Verfügung stellen. So entstanden die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen), die KMU wirtschaftliches Eigenkapital in Form von Beteiligungen anbieten. Als Wirtschaftsförderinstitute arbeiten sie eng mit den Bürgschaftsbanken zusammen. Die Mittelstandsförderung wurde somit rund 20 Jahre nach Gründung der Bürgschaftsbanken durch die MBGen ergänzt.
In den vierzig Jahren ihres Bestehens haben sich die MBGen zu Finanzierern entwickelt, die heute mit ihrem Beteiligungskapital zwar nur fünf Prozent des Volumens, aber die Hälfte aller in Deutschland vergebenen Beteiligungen ausmachen! 2012 genehmigten sie 591 Beteiligungen über 182 Millionen Euro. Die MBGen engagieren sich derzeit bei etwa 3.300 Unternehmen aller Branchen mit Beteiligungen über 1,2 Milliarden Euro.
Für 2013 und die nächsten Jahre rechnen Bürgschaftsbanken und MBGen mit einer ähnlich großen Nachfrage. Sollte die Konjunktur jedoch nicht an Fahrt gewinnen, erwarten wir insbesondere bei den Bürgschaftsbanken verstärkte Anfragen. Auch die Regulierungen des Finanzmarktes drohen die Finanzierung des Mittelstands zu erschweren. Denn angesichts höherer Eigenkapitalanforderungen für Banken und Unternehmen werden Sicherheiten bei der Kreditvergabe künftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Mit den Programmen der Bürgschaftsbanken und der MBGen können negative Auswirkungen von Basel III auf KMU abgemildert werden.
Gesellschafter der Bürgschaftsbanken und MBGen sind Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Wirtschaftsverbände, Banken, Sparkassen und Versicherungen. Damit diese „von der Wirtschaft für die Wirtschaft“ geschaffenen Förderinstitute auch in Zukunft den deutschen Mittelstand unterstützen können, ist eine Fortentwicklung nötig – auch in Anbetracht der Regulierungen. Aus Anlass der Bundestagswahlen im September 2013 haben die Bürgschaftsbanken und MBGen deshalb ihre Forderungen an die Politik formuliert. Diese wirtschaftspolitischen Instrumente müssen aber auch unabhängig von Wahlen weiterentwickelt werden. So sollten die Bürgschaftsbanken und MBGen bei allen mittelstandspolitischen Maßnahmen von Bundes- und Landesregierungen berücksichtigt werden. Weder diese noch künftige Regierungen dürfen Einschränkungen der bestehenden Förderkulisse zulassen, etwa im Bereich der Betriebsmittelfinanzierung. Vielmehr sollte das Instrumentarium von Bürgschaftsbanken und MBGen gestärkt und weiterentwickelt werden.
Das Bürgschaftsinstrumentarium arbeitet mit Rückbürgschaften von Bund und Ländern, weshalb die Bürgschaftsbanken permanent durch die Politik überprüft werden. Diese Überprüfungen scheuen sie nicht, denn Bürgschaften sind ein nachweislich gut funktionierendes Instrument, das ordnungspolitisch sauber ist, den größten Hebel aller Förderungen hat und die öffentlichen Haushalte schont. Um die Fördermöglichkeiten noch zu verbessern, könnten durch eine Ausweitung der Programme auf Mikrofinanzierungen und Finanzierungen für nicht gewinnorientierte Unternehmen im Sozialbereich, wie Kitas und Pflegeeinrichtungen, auch Unternehmen gefördert werden, die in Zeiten des demografischen Wandels künftig zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Für den Fall eines Konjunktureinbruchs müssen die Bürgschaftsbanken zudem schnell und unbürokratisch ihr Angebot ausweiten können. So wie während der letzten Wirtschaftskrise, als sie bis zu einer Höhe von zwei Millionen Euro Bürgschaften vergeben konnten. Mit einem Verzicht auf länderspezifische Einschränkungen und kreditvergabefremde Kriterien für Bürgschaften könnte das Bürgschaftsverfahren außerdem entbürokratisiert und beschleunigt werden. Davon würde der Mittelstand unmittelbar profitieren.
Profitieren würde der Mittelstand auch von höheren Bürgschaften. Derzeit liegt die Obergrenze bei 1,25 Millionen Euro und wird nur alle fünf Jahre angepasst. In diesen Abständen müssen mit Bund und Ländern regelmäßig die Rückbürgschafts- und Rückgarantiebedingungen verhandelt werden. Zwar wurde die Obergrenze zuletzt zum Jahresbeginn 2013 um 25 Prozent erhöht, doch wurde sie damit nur an die Preissteigerung angepasst. Anpassungen der Obergrenze sollten deshalb kontinuierlich möglich sein, damit die Bürgschaftsbanken als Wirtschaftsförderinstitute besser auf aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen reagieren und den Mittelstand bedarfsgerecht unterstützen können.
Ein Schwerpunkt der Arbeit von Bürgschaftsbanken und MBGen liegt in der Förderung von Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen. Gerade hier fehlt es an Kapital und Sicherheiten. Bürgschaften sind für diese Vorhaben häufig die einzige Möglichkeit, Sicherheiten zu stellen und sich so zu finanzieren. Entsprechend machten 2012 Gründungen und Betriebsübernahmen 40 Prozent unserer Förderungen aus. Diese Gruppen stärken die Innovationsfähigkeit Deutschlands und treiben den Strukturwandel weiter voran. Deshalb fordern wir, dass Rückbürgschaften und Rückgarantien für Gründer und Nachfolger sowie für Innovationsvorhaben und die Kreativwirtschaft um zehn Prozentpunkte erhöht und deren Finanzierungsmöglichkeiten verbessert werden.
Weniger sinnvoll als ein Ausbau der bestehenden Angebote sind neue Förderprogramme. Doppelförderungen sollten vermieden werden. Deshalb müssen Bund und Länder die Förderinstrumentarien und Angebote auf Parallelangebote und konkurrierende Produktentwicklungen überprüfen.
Die Bürgschaftsbanken und MBGen stehen bereit, als Wirtschaftsförderinstitute auch in Zukunft die Finanzierung des Mittelstands zu sichern. Wir sind zuversichtlich, dass auch die zukünftige Bundesregierung die Wirtschafts- und Mittelstandsförderung im Blick haben wird.
Der promovierte Betriebswirt war nach einer leitenden Position bei der Hamburger Sparkasse von 1994 bis 2013 Geschäftsführer der Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg GmbH sowie der BTG Beteiligungsgesellschaft Hamburg mbH. Dr. Papirow vertritt seit 2007 den Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e.V. (VDB) als stellvertretender Vorsitzender und seit 2011 als Vorsitzender.