Der 2003 gegründete Verein „Grünhelme e.V.“ unterstützt den Bau und den Wiederaufbau von Häusern, Straßen, Dörfern, Krankenhäusern, Schulen und religiösen Einrichtungen in Krisen- und Kriegsgebieten. Seit seiner Gründung arbeiten wir in Afghanistan besonders konzentriert an dem Aufbau von schulischen Einrichtungen, denn Bildung ist ein erster wichtiger Schritt, um das Wachstum und den sozialen Wandel Afghanistans zu fördern. Insgesamt wurden über 30 Schulen in den Distrikten Golram und Karoq im Westen Afghanistans errichtet.
Bei unserer Arbeit ist es uns wichtig, mit Muslimen sowie Christen und Menschen aus anderen Religionen zusammenzuarbeiten. Wir möchten neben der wirtschaftlichen und sozialen Förderung Afghanistans auch zeigen, dass der Islam nicht mit den Taliban gleichgesetzt werden kann, Christen und Muslime gar nicht so verschieden sind und miteinander leben und arbeiten können. Durch die Zusammenarbeit mit Afghanen können wir unsere Projekte effizient umsetzen. So hilft uns beispielsweise der Mullah eines Dorfes im Distrikt Karoq. Er ist auch Leiter der „Konrad-Adenauer-Schule“, die von den Grünhelmen erbaut und im April 2006 eröffnet wurde. Darüber hinaus setzt er sich für den Aufbau von weiteren Bildungseinrichtungen ein. So errichtete er beispielsweise eine Schule für Frauen und eine Abendschule für Männer.
Wir sind darauf angewiesen, dass uns die Menschen in Afghanistan in unseren Vorhaben unterstützen. Nur so ist es uns möglich, effektiv zu arbeiten und Projekte zu entwickeln, die wirklich benötigt werden. Wir arbeiten hierfür eng mit Bürgermeistern zusammen, wie zum Beispiel mit dem Bürgermeister von Demogul. In diesem Dorf beklagten die Einwohner häufig Wassermangel. Um das Problem zu lösen, müssen Staudämme zwischen zwei Bergzügen und in einer Talschlucht errichtet werden, damit das Regen- sowie Schmelzwasser der Berge gespeichert werden kann. Mit einem Team aus deutschen und afghanischen freiwilligen Helfern und der Beratung mit Afghanen, die in den betreffenden Regionen wohnen, können wir unsere Projekte schnell und überlegt in die Tat umsetzen.
Eines unserer wichtigsten Anliegen ist es, Kindern, Frauen und Männern eine gute Schulbildung zu ermöglichen. Die zunehmende Zahl der Kinder und Frauen, die beispielsweise auf den Straßen der Stadt Herat betteln, ist im Winter der Gefahr ausgesetzt zu erfrieren. Hier sind schnelle Entscheidungen und Maßnahmen erforderlich, die diesen Verhältnissen entgegenwirken. Hierfür ist insbesondere die Förderung einer nachhaltigen Wirtschaft ein Ansatz, durch den dann entstehende Betriebe langfristig Arbeitsplätze zur Verfügung stellen können. Darüber hinaus muss der Aufbau von Aus- und Weiterbildungseinrichtungen weiterhin gefördert werden. Es ist wichtig, dass der Schulbau besonders in den ländlichen Gegenden vorangetrieben wird, da dort Armut und Verzweiflung am größten sind. Familien sind auf die Unterstützung aller Mitglieder, vor allem die der Kinder, angewiesen, um zu überleben. Ist die Schule zu weit entfernt, können sie die Kinder nicht besuchen, da aufgrund der langen Hin- und Rückwege zu wenig Zeit zum Arbeiten bleibt.Der Bildungsminister in der Provinz Herat ist daher über die positive Entwicklung des Distrikts Karoq sehr erfreut. Das Team der Grünhelme hat in diesem Bezirk insgesamt vierzehn Schulen für über 20.000 Schülerinnen und Schüler gebaut.
Sie müssen somit nicht länger in Zelten oder in der heißen Mittagssonne unterrichtet werden, sondern haben die Möglichkeit, in hellen, kühlen Räumen konzentriert zu arbeiten. Zudem sind sie vor umherwehendem Sand geschützt. Der Wissenshunger der Afghanen ist Grund für diese Entwicklung. Ohne ihre Bereitschaft, lernen zu wollen, wären die Projekte wirkungslos. Allerdings ist neben dem Angebot von Bildungsmöglichkeiten in reinen Mädchen- und gemischten Schulen auch entscheidend, dass Jungen und Männer eine Ausbildung erhalten können. Denn nach wie vor stellen die illegale Wirtschaft und Abwanderung aufgrund von Arbeitsplatzmangel ein Problem dar. So leben in den Ortschaften Pahlewan Piri, Chagmagh, Armalek oder Sangur beispielsweise fast nur noch Frauen und Kinder, da annähernd alle arbeitsfähigen Männer illegal in den Iran oder nach Süd-afghanistan zur Opiumernte gegangen sind. Viele der Männer wurden an der Grenze zwischen Afghanistan und Iran von Grenzpolizisten erschossen und trotzdem versuchen weiter jährlich Hunderttausende junger Männer ihr Glück, diese Grenze zu überwinden.
Fortschritte im Bildungssystem sind auch in dem kleinen Ort Pahlewan Piri zu erkennen, der etwa 15 Kilometer von Herat entfernt liegt. Dort gab es selten Schülerinnen, die länger als sechs Jahre die Schule besuchten, da es nur männliche Lehrkräfte gab und es Mädchen, die in die Pubertät kommen, nicht erlaubt ist, von diesen unterrichtet zu werden. Mädchen, die in den Kriegsjahren im Iran zur Schule gegangen sind, konnten länger als sechs Jahre unterrichtet werden. Von diesen ausgebildeten Frauen sind zwei als Lehrerinnen nach Pahlewan Piri zurückgekehrt. Sie unterrichten in der von uns aufgebauten Schule Mädchen in Englisch, Farsi (Persisch, das auch in Herat gesprochen wird), Geschichte sowie Biologie. Besonders die Motivation der Schülerinnen wird durch die Tatsache gestärkt, dass es eine Frau, Bundeskanzlerin Angela Merkel, geschafft hat, ein großes Land wie Deutschland zu regieren. Mit dieser Erkenntnis glauben sie noch stärker an ihre eigenen Fähigkeiten und nehmen die Chance auf Bildung wahr. Der Schuldirektor ist stolz darauf, dass Schülerinnen durch seine Einrichtung mindestens die zehnte Klasse absolvieren können. Er ist dankbar für die Unterstützungen und Bemühungen der deutschen Regierung und der Grünhelme, durch die in Pahlewan Piri erste Abiturientinnen und Abiturienten die Schule verlassen werden. Er hofft, dass diese künftigen Studenten nach ihrem Studium als Ärzte oder Lehrer zurückkommen und die Entwicklung weiter vorantreiben.
Die Kosten für eine neue Schule sind vergleichsweise gering. Für 40.000 Euro baut ein Team der Grünhelme aus Stein, Mörtel und einem erdbebensicheren Fundament eine Schule mit acht bis zehn Klassenräumen für dreihundert bis sechshundert Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerzimmern. Je nach Größe der Distrikte und Anzahl der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die das Bildungsangebot wahrnehmen werden, variiert die Zahl der Räume. Mithilfe von Zuzahlungen des Bildungsministeriums und unseren Spendern und Förderern können zudem schon existierende Schulen durch Ausbesserung erneuert oder erweitert werden.
Um die Weiterbildung von Schulabgängern und auch die Ausbildung von afghanischen Berufsausbildern sowie Lehrerinnen und Lehrern sicherzustellen, ist der Aufbau weiterführender Schulen von Bedeutung. Aber auch in- und besonders ausländische Unternehmen und private Anleger sollten in Afghanistan investieren und Firmen aufbauen, um so die beruflichen Perspektiven für die afghanische Bevölkerung zu verbessern.
Der Autor ist promovierter Theologe sowie Journalist. Er arbeitete viele Jahre für den Deutschlandfunk. 1979 gründete er das deutsche Notärzte-Komitee Cap Anamur und war bis 1998 dessen Vorsitzender und weitere fünf Jahre dessen Sprecher. Bis 1986 retteten die Hilfsschiffe 11.488 Boots-Flüchtlinge aus dem südchinesischen Meer. Seit 2003 ist er Vorsitzender der Grünhelme e.V.