Das Wareninspektions-Unternehmen „Société Générale de Surveillance“ (SGS) ist eines der multinationalen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. SGS deckt mit ihren Geschäftsfeldern weit mehr als die Hälfte des Weltmarktes ab. In Genf ansässig, ist sie in rund 140 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit 37.000 Mitarbeiter. In der Öffentlichkeit bekannter als die SGS sind Namen wie Nestlé, ABB, Novartis, Roche oder Holcim. Diese fünf Schweizer Firmen gehören zu den grössten Konzernen weltweit. Sie erwirtschaften gemeinsam einen Weltumsatz, welcher fast der Hälfte des schweizerischen Volkseinkommens entspricht. Nestlé zählt hierbei zu den globalsten Schweizer Unternehmen: Der Konsumgüterkonzern ist mit 230.000 Mitarbeitern in 500 Fabriken in fast jedem Land der Welt präsent.
Der Technologiekonzern ABB, welcher die Welt mit Fertigungs-, Prozess- und Konsumgütern beliefert, beschäftigt 160.000 Mitarbeiter in über 100 Ländern. Mit Novartis und Roche haben zwei der fünf größten Pharmaunternehmen der Welt ihren Sitz in der Schweiz. Novartis beschäftigt rund 98.000 Mitarbeiter in 140 Ländern, Roche deren 80.000 in 180 Ländern. Und nicht zuletzt ist Holcim mit seinen 87.000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 25 Milliarden Schweizer Franken (2008) einer der zwei Weltmarktleader im Zementgeschäft.
Daneben sind auch eine ganze Reihe weiterer, kleinerer Schweizer Unternehmen vornehmlich aus der Maschinen-, Metall- und Elektroindustrie wie Geberit, Phonak, Oerlikon, Schindler, GF und Bobst auf den Weltmärkten sehr präsent.
Schweiz ist als Standort für Headquarters attraktiv
All die genannten Unternehmen haben zwar ihre Produktions- und Beschäftigungsstruktur konsequent globalisiert. Ihre Konzernzentralen befinden sich jedoch nach wie vor in der Schweiz. Die Festlegung der Unternehmensstrategie und die Steuerung wesentlicher Konzernprozesse erfolgt damit von der Heimbasis Schweiz aus. Der Entscheid zu Gunsten des Standortes Schweiz gründet hierbei keineswegs nur auf „patriotischen Überlegungen“. Vielmehr scheint die Schweiz die spezifischen Ansprüche, welche Konzernzentralen an einen Standort stellen, optimal zu erfüllen. Dazu zählen die zentrale Lage in Europa, die politische Stabilität, die ausgebaute Infrastruktur, hochwertige Ausbildungsstätten und die hohe Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitsnehmern in unserem Land. Auch das liberale Gesellschafts- und das flexible Arbeitsrecht der Schweiz sind hierbei von Bedeutung. Ein Schlüsselfaktor für diese Standortwahl stellt jedoch das Schweizer Steuersystem dar. Die Steuerbelastung ist in der Schweiz moderat. Bezüglich der für die Konzernfunktionen wichtigen Bereiche kennt die Schweiz international äusserst vorteilhafte Regelungen. Hinzu kommen ein gut ausgebautes Netz von Doppelbesteuerungsabkommen, ein tiefer Mehrwertsteuersatz sowie verhältnismäßig tiefe Einkommensteuern für natürliche Personen. Zu den Vorteilen zählt auch das „Steuerklima“, das von gegenseitigem Verständnis und Respekt geprägt ist.
Auch ausländische multinationale Unternehmen zieht es in die Schweiz
Die hohe Standortattraktivität der Schweiz überzeugt auch zahlreiche ausländische Grosskonzerne. Die Schweiz weist einen hohen Bestand an ausländischen Direktinvestitionen auf. Das Bestehen von „Unternehmens-Clustern“ führt dazu, dass immer mehr erfolgreiche multinationale Firmen den Hauptsitz und zentrale Konzernfunktionen in die Schweiz verlegen.
Unser Land gilt nach Grossbritannien als der führende Headquarter-Standort in Europa. Die Ansiedlung ausländischer Unternehmen konzentriert sich auf wenige Kantone. So befinden sich in Zug, Zürich, Waadt, Genf und Freiburg 60 Prozent der internationalen Hauptsitze ausländischer Unternehmen. Eine besonders eindrückliche Konzentration solcher Unternehmenszentralen beherbergt die Region entlang des Genfersees von Genf bis Montreux. International bekannte Konzerne wie Adecco, Caterpillar, Chiquita, Colgate, Hewlett Packard, Nissan, Procter & Gamble sowie Philip Morris haben sich dort niedergelassen. Schätzungen beziffern den Gesamtbestand an internationalen Headquarters in der Schweiz auf rund 500 (inklusive diejenigen von Schweizer Konzernen).
Die Dichte an multinationalen Unternehmen ist in der Schweiz rund doppelt so hoch wie in den Niederlanden, dreimal so hoch wie in den USA und sogar fünfmal höher als in Deutschland.
Grosse volkswirtschaftliche Bedeutung der Headquarters für die Schweiz
Angesichts dieser Dichte erstaunt es nicht, dass den multinationalen Unternehmen eine grosse Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft zukommt. Ein typisches Headquarter schafft durchschnittlich 100 Arbeitsplätze und steuert 25 bis 30 Millionen Franken zum Bruttoinlandsprodukt des Landes bei. Da ausländische Konzerne in der Regel noch zusätzliche Unternehmensfunktionen in der Schweiz angesiedelt haben (wie zum Beispiel Forschung und Entwicklung und spezifische Produktionseinheiten), ist ihre volkswirtschaftliche Bedeutung um einiges höher als dieser Durchschnitt. Insgesamt geht man davon aus, dass schweizerische multinationale Unternehmen rund ein Viertel, ausländische mit Sitz in der Schweiz ein Zehntel zum Bruttoinlandsprodukt des Landes beisteuern. Die Schweiz gehört zu den Gewinnern der Globalisierung. Dank der multinationalen Unternehmen rangiert unser Land bei den ausländischen Direktinvestitionen pro Kopf im weltweiten Vergleich auf dem achten Platz. Auch bezüglich der Exportquote liegt es weltweit in den Top Ten. Zudem wird über unser Land ein erheblicher Teil des internationalen Rohstoff- und Energiehandels sowie des Handels mit Landwirtschaftsprodukten abgewickelt.
Ausblick in die Zukunft: die Schweiz als Standort für Konzernzentralen
Die Dynamik bei der Ansiedlung ausländischer Konzerne in die Schweiz hat aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise zwischenzeitlich einen kleinen Dämpfer erlitten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass mit der wirtschaftlichen Erholung wieder mehr ausländische Unternehmen in die Schweiz kommen werden. Während heute die Mehrzahl dieser Unternehmen aus den USA stammt, dürften künftig auch zunehmend Firmen aus den BRIC-Ländern (Brasilien, Russland, Indien und China) sich in der Schweiz niederlassen.
Die Schweiz tut gut daran, für ihre attraktiven Rahmenbedingungen Sorge zu tragen und auch in Zukunft vorausschauend auf Entwicklungen an anderen wichtigen Standorten zu reagieren.
Dr. Peter Baumgartner (Jahrgang 1949) ist Vorsitzender der Geschäftsleitung von SwissHoldings. Er studierte Staatswissenschaften an der Universität St. Gallen und Internationale Beziehungen an der Universität Genf. Er war im Bereich der internationalen Zivilluftfahrt und mehrere Jahre bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung tätig. Im Jahr 1990 kam er zum Verband der international tätigen Konzerne in der Schweiz in Bern.