Was ist es, das Mittelhessen so besonders macht? Mit seinen fünf Landkreisen Gießen, Lahn-Dill, Limburg-Weilburg, Marburg-Biedenkopf und dem Vogelsbergkreis ist Mittelhessen zwar der flächen- und bevölkerungsmäßig kleinste Regierungsbezirk in Hessen, jedoch zugleich derjenige mit der zweithöchsten Studierendendichte Deutschlands. Auf der Ebene der Universitätsstädte hat Mittelhessen die Nase ganz vorn, denn Gießen hat mit 44 Prozent die höchste Studierendendichte aller deutschen Universitätsstädte.
Die starke studentische Prägung Mittelhessens wird auch im Vergleich der Regierungsbezirke innerhalb Hessens deutlich, denn der Studentenanteil der Region liegt mit 28 Prozent deutlich höher als ihr Bevölkerungsanteil von 17 Prozent. Dass in dieser Masse auch Klasse steckt, zeigt zum Beispiel die Anerkennung im Rahmen der Exzellenz-initiative der Bundesregierung. Mit dem Exzellenzcluster Cardio-Pulmonary System und dem International Graduate Centre for the Study of Culture beheimatet die Justus-Liebig-Universität zwei der sechs in Hessen ausgezeichneten Forschungshighlights. Auch mit dem LOEWE-Zentrum für hyperproliferative Erkrankungen der Lunge und der Atemwege wird die Forschungsregion Mittelhessen weiter gestärkt.
Über welches Forschungs- und Technologiepotenzial Mittelhessen verfügt, wird auch am Beispiel der Philipps-Universität Marburg deutlich, die zum Beispiel sage und schreibe elf Leibniz-Preisträger vorzuweisen hat und mit dem BSL-4 Hochsicherheitslabor für virologische Forschung eines von europaweit drei solchen Laboren betreibt.
Unsere drei mittelhessischen Hochschulen – Philipps-Universität Marburg, Justus-Liebig-Universität Gießen und Fachhochschule Gießen-Friedberg – genießen einen hervorragenden Ruf. Hier haben Innovation und Gründergeist Tradition: Seit über 150 Jahren werden in Mittelhessen innovative Produkte entwickelt – wer kennt ihn nicht, den bekannten Impfstoff gegen Diphtherie und Tetanus oder die berühmte Leica-Fotokamera. Namen bekannter Wissenschaftler wie Behring, Liebig oder Röntgen sind untrennbar mit Mittelhessen verknüpft. Dass sich Innovation und Tradition dabei nicht ausschließen, sieht man an den renommierten Unternehmen der Region wie zum Beispiel Buderus, Schunk-Gruppe, Leica Camera AG, Leica Microsystems GmbH, Friedhelm Loh Gruppe, CSL Behring und Novartis Behring. Bildung und Forschung ist damit eine zentrale Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Region.
Institutionen wie die TransMIT Gesellschaft für Technologietransfer mbH, das Kompetenznetzwerk Timm und das Entrepreneurship Cluster Mittelhessen (ECM) unterstützen auf nahezu einzigartige Weise die Vernetzung der lokalen Wirtschaft mit den hiesigen Hochschulen und sorgen dafür, wissenschaftliche Erkenntnisse in betriebliches Anwendungs-Know-how zu überführen. Allein die TransMIT GmbH hat in den vergangenen Jahren zum Beispiel über 100 Zentren eröffnet und damit vielen Gründern den Weg in eine erfolgreiche Selbstständigkeit bereitet. Die TransMIT GmbH sieht sich dabei als zentrale Schnittstelle zwischen Hochschulen und Wirtschaft. Unternehmer, die auf der Suche nach einer innovativen Lösung für ihr Problem sind, oder Wissenschaftler, die Ideen vermarkten oder ein Unternehmen gründen möchten, sind hier genau richtig. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch das erst kürzlich ins Leben gerufene Entrepreneurship Cluster Mittelhessen, das es sich zum Ziel gemacht hat, Unternehmensgründungen aus den drei Hochschulen Mittelhessens zu verstärken, systematisch zu initiieren und Unternehmergeist schon bei den Studenten zu wecken. Timm wiederrum bietet eine ideale Plattform für Kooperationen und Wissenstransfer speziell in der Medizinwirtschaft in Mittelhessen. Ziel ist es, Innovationsprozesse zu erleichtern und Forschungsergebnisse schnell in marktfähige Anwendungen zu überführen.
Ein herausragendes Beispiel dafür, wie das hier erworbene Wissen den heimischen Unternehmen direkt zugute kommt, ist zum Beispiel auch der Studiengang „StudiumPlus“ der Fachhochschule Gießen-Friedberg. „StudiumPlus“ ist ein dualer Studiengang, bei dem die Studierenden an der FH immatrikuliert sind und gleichzeitig einen Vertrag mit einem heimischen Unternehmen haben.
Darüber hinaus wird durch eine gezielte Cluster-Bildung versucht, Größen- und Verbundvorteile zu erwirtschaften und Stärken zu bündeln. Die mittelhessischen Unternehmen der Steuer-, Mess- und Regelungstechnik, Optik und Photonik verfügen zum Beispiel jeweils über ein breites Netz von Produzenten, was die Region zu einem echten Kompetenzschwerpunkt in einem der innovationsintensivsten Wirtschaftsbereiche macht. Der Optik-Cluster im Raum Gießen und Lahn-Dill gehört daher auch zu den Top Zehn in der Optik-Branche.
Damit Ideen auch tatsächlich am Markt umgesetzt werden können, müssen selbstverständlich auch die Bedingungen stimmen. Genau das ist in Mittelhessen der Fall. Die zentrale Lage in Deutschland verbindet die Region optimal mit allen europäischen Ballungsräumen und Märkten in der Welt. Das hier zu findende investorenfreundliche Klima mit kurzen Verwaltungswegen und vergleichsweise günstigen Ansiedlungskosten macht die Region Mittelhessen für Gründer und Investoren besonders attraktiv. Der Regionalmanagement-Verein MitteHessen e.V. fungiert in diesem Zusammenhang als ein Schulterschluss aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, interessierte Unternehmen bei ihrer Gründung zu unterstützen.
Auch möglichst kurze Genehmigungsverfahren sind ein wichtiger Standortfaktor, mit dem die Region Mittelhessen punkten kann. Das Regierungspräsidium Gießen hat es sich daher zum Ziel gemacht, Genehmigungsverfahren flexibel und deutlich unterhalb der gesetzlich geregelten Soll-Zeiten abzuschließen. Ein Industrieunternehmen konnte in 2007 zum Beispiel bereits nach durchschnittlich 2,27 Monaten die Genehmigung in den Händen halten und damit schnell auf die Anforderungen des Marktes reagieren. Als zusätzliches Serviceangebot bietet das Regierungspräsidium den heimischen Unternehmen ein umfassendes Beratungsangebot, angefangen bei Fragen zur Unternehmensgründung über die Suche nach Genehmigungsmöglichkeiten für bestimmte Vorhaben bis zur Beratung über Fördermöglichkeiten der EU. Eine innovationsfreundliche Politik sowie flexible Behörden runden damit das Gesamtkonzept der Region ab.
Professoren, Wissenschaftler, Studenten, Unternehmer und Investoren sind damit in Mittelhessen genau richtig.
Der 1974 geborene Autor hat Rechtswissenschaften studiert. Nach verschiedenen Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Rechtsreferendar war er von 2006 bis 2008 als Richter tätig. Von 2008 bis 2009 war er Vollstreckungsleiter einer Jugendarrestanstalt. Seit 2009 ist er Regierungspräsident des Regierungsbezirks Gießen.