Afrikas Wasserressourcen sind begrenzt und hängen überwiegend von klimatischen Faktoren ab, hauptsächlich vom Niederschlag und den allgemeinen Wetterbedingungen. Verfügbare Wassermengen sind meist von schlechter Qualität und beeinträchtigen die Gesundheit der Menschen und die landwirtschaftliche Produktionsqualität.
Zudem erhöht der Klimawandel das Problem der Verfügbarkeit von Wasser und dessen Zugänglichkeit. Tatsächlich hängt die Wasserverteilung in vielen Teilen Afrikas stark von Klimaschwankungen ab und ist durch komplexe Strukturen und gegensätzliche Modelle geprägt – von wichtigen Regenfällen in den Zonen entlang des Äquators bis hin zu extremer Dürre in der Sahara. Nordafrika ist die Region, die am meisten mit dem Wassermangel zu kämpfen hat. Weniger als ein Prozent der erneuerbaren Wasserressourcen des Kontinents muss für ein Gebiet ausreichen, das 19 Prozent der Fläche von Afrika ausmacht. Die Regenfälle beeinflussen zudem die Grundwassermengen, auf die viele afrikanische Länder angewiesen sind. Das Grundwasser wird in vielen Gebieten für den häuslichen Bedarf und in der Landwirtschaft genutzt, vor allem in den wasserarmen Regionen, in denen Oberflächenwasserressourcen begrenzt sind. Auch hier wirkt der Wassermangel be- drohlich, da das Wasser viel schneller entnommen wird als es sich wieder auffüllt.
Die Bereitstellung adäquater Wasserressourcen für Afrika ist eine große Herausforderung. Die Symptome physischer Wasserknappheit mehren sich und rufen schwere Umweltschäden hervor: Austrocknung und Verschmutzung von Flüssen, sinkende Grundwasserpegel und schlechte Wasserverteilung. Dies steigert die Konflikte innerhalb und zwischen den Nationen.
Wasserverfügbarkeit und Nahrungsmittelsicherheit sind untrennbar miteinander verbunden. Sie beeinflussen den Wohlstand der Menschen auf der ganzen Welt und sind in Afrika besonders entscheidend. Die Produktivität der Landwirtschaft hängt entscheidend von der Verfügbarkeit von Wasser für die Bewässerung ab. Es muss deutlich gemacht werden, dass die Wiederaufbereitung und Wiederverwendung von Abwasser in Kombination mit einer effizienten Nutzung von Wasser die einzige nachhaltige Möglichkeit ist, das Wasserproblem in den wasserarmen Regionen Afrikas zu lösen.
In den letzten Jahren haben die afrikanischen Regierungen vor allem in den nördlichen Ländern damit begonnen, der Wasser problematik mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Allerdings wurden bis jetzt, hauptsächlich aufgrund der kostspieligen Technologien und des Wissenstransfers im Wasseraufbereitungssektor, nur einige wenige Maßnahmen durchgeführt. Die Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser in der Landwirtschaft und in der Industrie bietet großes Potenzial, die Knappheit an wertvollen Frischwasserressourcen auf zweierlei Arten zu reduzieren: Vermeidung von Verschmutzung und Reduzierung des Verbrauchs.
In den letzten Jahren lagen konventionelle Abwasseraufbereitungsanlagen im Trend. Allerdings können sich Entwicklungsländer die hohen Energiepreise und Betriebskosten für fortschrittliche und spezialisierte Systeme, die noch dazu geschultes und qualifiziertes Personal benötigen, nicht leisten. Das hat zur Folge, dass in den meisten Regionen Afrikas ein Großteil des häuslichen und industriellen Abwassers unbehandelt oder nur nach einer ersten Behandlung abgeleitet wird. Dies zieht direkte Gesundheits- und Umweltschäden mit sich. Die traditionellen Abwasseraufbereitungstechnologien in Afrika, sofern diese genutzt werden, sind weit von der optimalen Wasseraufbereitung entfernt. Die Wiederverwendung von Wasser, das eine solche Qualität aufweist, ist unmöglich. Diese Situation hat Experten und Behörden motiviert, nach kreativen, effizienten und umweltfreundlichen Wegen zur Kontrolle der Wasserverschmutzung zu suchen. Die Entwicklung von einfachen, leicht zu bedienenden und kosteneffizienten biotechnologischen Wasseraufbereitungstechnologien ist für die afrikanischen Länder von besonderem Interesse. Biotechnologische Methoden basieren auf Pflanzen oder Mikroorganismen, die Verunreinigungen in Wasser, Böden, Sedimenten und Schlamm entgiften können.
Durch aktuelle Forschungen in der Biotechnologie ergeben sich neue Möglichkeiten. Biotechnologien für die Abwasseraufbereitung erfordern einen relativ geringen Kapitaleinsatz, sofern die dafür notwendige Fläche zu einem akzeptablen Preis verfügbar ist. Die Anlagen sind einfach instandzuhalten und können auch schwankende Massen handhaben. All diese Faktoren sowie die Fähigkeit, organische Verschmutzung, Nährstoffe und die Konzentration von Krankheitserregern merklich zu reduzieren, machen diese Alternativen, besonders für ländliche Gegenden, äußerst attraktiv.
Zu den verfügbaren natürlichen biologischen Aufbereitungssystemen zählt die in Afrika bereits eingeführte Pflanzenkläranlage. Eine erhebliche Menge an Erfahrungswerten und Praxisentwürfen wurde bereits dokumentiert. Pflanzenkläranlagen zählen zu den effizientesten Technologien zur Aufbereitung von Abwasser mit niedrigem Verschmutzungsgrad. Feuchtgebiete haben zahlreiche Vorteile: Nahrung und Lebensraum für die Tierwelt, Verbesserung der Wasserqualität, Schutz vor Überschwemmung, Kontrolle von Küstenerosion und Möglichkeit zur touristischen Nutzung. Die potenzielle Anwendung von Feuchtgebieten reicht von der Aufbereitung von städtischem sowie industriellem Abwasser bis hin zur Aufbereitung von tertiärbehandeltem Wasser und der Diffusion von Verschmutzung. Feuchtgebiete reduzieren die organische Verschmutzung und den Anteil von Schwebstoffen, Krankheitserregern, Schwermetallen und übermäßigen Nährstoffen im Wasser erheblich.
Pflanzenkläranlagen bergen ein großes Potenzial für die Anwendung in Entwicklungsländern, besonders für kleine Gemeinden und ländliche Gegenden. Die Verschmutzung wird in solchen Systemen durch eine Kombination von physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen beseitigt. Biologische Abwasseraufbereitung in Kombination mit Membranen, den so genannten Membranbioreaktoren MBR, hat sich als eines der effizientesten Aufbereitungskonzepte herausgestellt. Membranen erlauben die Entkopplung der Verweilzeit von Schadstoffen von der hydraulischen Verweilzeit im Bioreaktor und ermöglichen dadurch einen gleichmäßigen biologischen Abbau von Schadstoffen, die unter normalen Umständen nicht biologisch abbaubar sind. Mit der richtigen Wahl der Membraneigenschaften kann die Qualität des aufbereiteten Wassers auf die geplante Wiederverwendung zugeschnitten werden. Für den landwirtschaftlichen Gebrauch beispielsweise kann die Konzentration von Stickstoff und Phosphor für die Bewässerung auf die Bedingungen der angebauten Pflanzen angepasst werden. Der wichtigste Vorteil der MBR-Systeme ist keimfreies aufbereitetes Abwasser. Innovative MBR-Systeme zeichnen sich außerdem durch einen Energieverbrauch von nur circa zwei kWh pro m³ aufbereitetem Wasser aus – drei- bis viermal weniger als der Bedarf für Meereswasserentsalzung. ttz Bremerhaven hat vor einigen Jahren erfolgreich die Entwicklung solcher Technologien wie das EU FP6-Projekt PURATREAT für den Einsatz in Nordafrika initiiert.
Jedoch konnten viele Anwendungen der Biotechnologie bis heute keine praktischen Lösungen liefern. Dies liegt vor allem am Mangel an Information über die Vorteile dieser Technologien und an der mangelnden Verbreitung von an örtliche Umstände angepassten Lösungen. WATERBIOTECH ist eine durch die EU im 7. Rahmenprogramm finanzierte Initiative, die die Wasserknappheit in Afrika bewältigen möchte, und stellt Stakeholdern in West-, Ost- und Nordafrika Fachwissen im Bereich der Biotechnologie, Verfahren und Managementlösungen zur nachhaltigen Steuerung verschmutzter Wasserressourcen zur Verfügung. Als Zielländer hat sich WATERBIOTECH Tunesien, Algerien, Marokko, Ägypten, Senegal, Burkina Faso, Ghana und Saudi Arabien gesetzt. Die Idee liegt in der gemeinsamen Verbreitung bewährter Methoden samt der für die Einführung ausgewählter Biotechnologien notwendigen Bedingungen und Strategien, die speziell auf die einzelnen Regionen innerhalb der Zielländer angepasst sind. Relevante Akteure, die von dieser Aktion profitieren werden, sind Bauern, Dienstleister für Abwasseraufbereitung, Behörden und Entscheidungsträger, wissenschaftliche Einrichtungen sowie Kommunen und die interessierte Öffentlichkeit.
WATERBIOTECH berücksichtigt, dass die Verfügbarkeit von Wasserressourcen von verschiedenen Aspekten beeinflusst wird und nur eine ganzheitlich ausgerichtete Vision effektive Lösungen zur Verbesserung des Wassermanagements in Afrika bereitstellen kann. Umwelt- und Gesundheitsbedenken sowie sozialwirtschaftliche Aspekte, etwa das Einkommen privater Haushalte, unterschiedliche Muster des Wasserverbrauchs, Bewässerungsmethoden oder das Interesse an Wasserressourcen verschiedener Stakeholder müssen beim Vorschlag von Lösungen miteinbezogen werden. Die Leistungen von WATERBIOTECH dienen der Verbesserung des Entscheidungsprozesses durch Bereitstellung von Richtlinien und Materialien, die Stakeholder bei der Einführung von kosteneffizienten und nachhaltigen, an die realen Zustände ihrer Region angepassten Lösungen unterstützen.
ttz Bremerhaven ist ein unabhängiger Anbieter von Forschungsdienstleistungen, unter dessen Dach ein internationales Experten-Team für Lebensmittel, Umwelt und Gesundheit arbeitet. Die Umweltabteilung von ttz Bremerhaven führt weltweit angewandte Forschung und Entwicklungen in den Bereichen „Wasser, Energie und Landnutzungsmanagement“ durch. Innovative Ideen aus den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Wasser- und Abwasseraufbereitung, Auqakultur, nachhaltiges Landschafts- und Ressourcenmanagement werden in Kooperation mit Unternehmen, Verbänden und Forschungspartnern entwickelt, realisiert und auf den Markt gebracht. In den letzten fünf Jahren waren dies über 250 Projekte.
ttz Bremerhaven kooperiert mit Einrichtungen wie dem Centre de Biotechnologie de Sfax, dem Centre International des Technologies de l’Environnement de Tunis, dem Centre de Recherches et des Technologies des Eaux Soliman, mit Office National de l’Assainissment ONAS und Tunisian Engineering Services Company Tunis TESCO zusammen und berät das GIZ-Büro in Tunesien auf dem Gebiet der Verwertung von agroindustriellem Abfall.
Der 1964 geborene Autor hat Allgemeine Verfahrenstechnik studiert und wurde 1999 von der TU Clausthal promoviert. Biologische Abfallbehandlung und Wassermanagement sind die Kernthemen seiner Arbeit. Dr.-Ing. Gerhard Schories ist seit 2001 für die ttz Bremerhaven tätig, seit 2005 als Technischer Leiter des Umweltinstituts. Seit 2012 hat er zudem einen Lehrauftrag an der Hochschule Bremerhaven.