Nachhaltigkeit ist eine Herausforderung für Logistiker,
deren Dienstleistung zwar sauber, aber eben auch günstig sein soll.
Die Logistik gehört zu den zentralen Treibern des weltweiten Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums. In unserer dicht verflochtenen Welt ermöglicht erst das physische Netzwerk der Logistikindustrie den internationalen Austausch. Ohne Logistik wären auch Deutschlands Exporterfolge undenkbar. Effiziente Lieferketten sind zugleich ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Kurzum: Logistik verbindet Menschen und Märkte, und mit einem Anteil von etwa neun Prozent des globalen BIP leistet sie einen wichtigen Beitrag zum weltweiten Wohlstand.
Dies zeigt sich auch regional: Leistungsfähige Logistik ist unverzichtbar für die Stellung Nordrhein-Westfalens als erstrangiger Industriestandort. Moderne und effiziente Lieferketten sind ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil, zu dem ein führender Logistiker wie Deutsche Post DHL maßgeblich beiträgt. Dies kommt Unternehmen vor Ort zugute und stärkt die lokale und regionale Wirtschaftskraft.
Wirtschaftlicher Wohlstand ist heutzutage nicht mehr ohne Nachhaltigkeit – insbesondere Klimaschutz – denkbar. Auch hier ist der Beitrag der Logistik entscheidend – zumal der Transport von Gütern zum CO2-Ausstoß beiträgt. Eine effiziente Logistik ist von strategischer Bedeutung, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Denn Lieferketten- und Logistikprozesse sind tief in die Wertschöpfung aller Branchen eingebettet. Angesichts der steigenden Nachfrage nach ökologischen Produkten und der strikten regulatorischen Vorgaben ist die Branche gefordert, einer ökologisch nachhaltigen, CO2-effizienten Wirtschaft den Weg zu bereiten.
Die Logistikindustrie kann in einer zunehmend nachhaltigkeitsorientierten Gesellschaft also viel bewegen. Mit ihrer Expertise und einzigartigen Rolle entlang der gesamten Lieferkette vermag sie viele Branchen auf dem Weg zu einer CO2-armen Wirtschaft entscheidend zu unterstützen. Entsprechend wird Logistik in den kommenden Jahren nicht länger als Massengeschäft angesehen, bei dem allein ein niedriger Preis den Ausschlag gibt.
Um Bewusstsein für „grüne“ Logistiklösungen zu schaffen und die weitere Diskussion anzuregen, hat die Deutsche Post DHL eine umfassende Studie mit dem Titel „Delivering Tomorrow: Zukunftstrend Nachhaltige Logistik“ veröffentlicht. Die Studie stützt sich auf umfangreiches Datenmaterial und wurde von zahlreichen Spezialisten des Unternehmens sowie namhaften Experten aus Forschungsinstitutionen wie dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), der Technischen Universität Berlin oder dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erarbeitet. Im Rahmen der Studie wird auch eine globale Umfrage bei etwa 3.600 Geschäftskunden und Verbrauchern vorgestellt, die eine wachsende Nachfrage nach grünen Services belegt.
Bereits heute erkennen Geschäftskunden weltweit, wie viel Logistik zu leisten vermag, um die eigenen CO2-Emissionen zu senken und Geschäftsmodelle nachhaltiger zu machen: Wie wir aus einer Befragung von Logistikkunden wissen, sind 63 Prozent der Meinung, dass sich die Lagerung und der Transport von Waren zu einem wichtigen strategischen Hebel entwickeln, um CO2 zu vermeiden. Darüber hinaus halten fast 60 Prozent der Kunden den „grünen“ Transport ihrer Produkte für ein wichtiges Argument, um eigene Kunden zu gewinnen. Die Studie identifiziert sieben Trends, die veranschaulichen, wie Nachhaltigkeit die Logistikbranche verändern wird.
1. Auf Logistik kommt es an – sie ist kein Massengeschäft. Die Logistik ist nicht nur Motor des weltweiten Handels und strukturell an der Wertschöpfung beteiligt – sie ist auch eine Branche mit strategischer Bedeutung für die Entwicklung einer CO2-reduzierten Wirtschaft. Durch ihre einzigartige Rolle als Netzwerkindustrie, die Unternehmen aller Sektoren und Regionen verbindet, ist die Logistik der natürliche Partner für die CO2-Reduktion entlang der gesamten Lieferkette. Wenn Unternehmen ihre Lieferkette als Schlüsselfaktor für die Geschäftsstrategie betrachten, werden sie sich des Verbesserungspotenzials, das in einer umweltfreundlicheren Gestaltung der Lieferkette liegt, stärker bewusst. Das umfasst Kostensenkungen ebenso wie höhere Zuverlässigkeit und CO2-Reduktion.
2. Technologischer Wandel wird durch den Schulterschluss von Unternehmen, Finanzinstitutionen und öffentlichem Sektor erreicht. Zwar sind technologische Innovationen entscheidend für die Entwicklung nachhaltiger Lösungen, dennoch hemmen finanzielle Erfordernisse und lange Amortisationszeiten die Investitionstätigkeit. Da nur wenige Firmen bereit sind, diese Kosten alleine zu tragen, müssen Unternehmen, Finanzinstitutionen und öffentlicher Sektor zusammenarbeiten, um entsprechende Investitionen zu fördern. Gegenseitige Unterstützung und die langfristige Planung aller Akteure sind entscheidend.
3. Kooperative Ansätze werden verstärkt als Hebel für Nachhaltigkeit gesehen; selbst Wettbewerber werden enger zusammenarbeiten. Zunehmend entdecken Unternehmen, dass Nachhaltigkeit gemeinsame Ansätze erfordert: Vertikale Kooperation zwischen Kunden, Zulieferern und Anbietern gibt es bereits in vielen Branchen. Eine horizontale Kooperation zwischen den logistischen Unternehmen – die in manchen Bereichen sogar Wettbewerber sind – bietet jedoch ebenfalls viel Potenzial zur CO2-Reduzierung. Gemeinsame Läger und konsolidierte Lieferungen mindern nicht nur Überkapazitäten und senken Kosten, sondern verringern auch die Emissionen.
4. Die Geschäftsmodelle der Logistikunternehmen verändern sich, da nachhaltige Innovationen neue Geschäftschancen eröffnen. Technologien und Konzepte, die sich derzeit überwiegend auf eine nachhaltigere Gestaltung der Logistik konzentrieren, eröffnen den Logistikunternehmen zugleich auch neue Geschäftsansätze. Dies gilt etwa für den Betrieb großer Elektroflotten, die ein Bestandteil intelligenter Energienetze (Smart Grids) werden könnten, wodurch Logistiker zu „Energiemanagern“ avancieren. Gleichermaßen bietet auch der anhaltende Trend zur Entmaterialisierung – der digitalen Verbreitung von Dokumenten, Büchern und anderen Medien – neue Geschäftschancen. So werden elektronische Briefe heute mithilfe von Lösungen wie dem E-Postbrief genauso sicher und verbindlich zugestellt wie der klassische Brief.
5. CO2-Kennzeichnungen werden standardisiert. Wer für nachhaltige Lösungen mehr bezahlt, verlangt auch mehr Transparenz. Der Ausweis des CO2-Verbrauchs erlaubt Kunden einen Vergleich „grüner“ Produkte. So können Verbraucher durch ihre Kaufentscheidungen Veränderungen herbeiführen. Regierungen unterstützen diese Entwicklung, indem sie internationale Standards für eine verbesserte Transparenz der CO2-Emissionen fördern.
6. CO2-Emissionen werden bepreist. Die zunehmende Bedeutung von CO2-Reduzierung wird die Forderung nach einem Preis für Emissionen verstärken. Durch die Bepreisung entwickeln sich CO2-Emissionen ebenso zum Faktor in der Kalkulation und Entscheidungsfindung von Unternehmen wie Kosten für Beschaffung oder Personal. Hierdurch entsteht ein wichtiger Anreiz für eine nachhaltigere Gestaltung von Geschäfts- und Logistikprozessen.
7. Die CO2-Bepreisung wird zu strikteren regulatorischen Maßnahmen führen. Eine der großen Herausforderungen im Zusammenhang mit den genannten Maßnahmen ist die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen. Erforderlich sind gemeinsame Standards und Regeln für alle Akteure in der Branche. Für neue Regulierungen gilt: je internationaler, desto effektiver. Insbesondere bei politischen Maßnahmen wie Emissionshandelssystemen oder regulatorischen Vorgaben ist eine globale Reichweite für eine weltweit tätige Industrie wie die Logistik vorzuziehen.
Diese sieben Trends sind in vielfacher Weise miteinander verzahnt. Fortschritte in einem Bereich fördern den Fortschritt in anderen Bereichen. Gleichzeitig zeigt die aktuelle Studie zur nachhaltigen Logistik aber auch, dass auf dem Weg hin zu niedrigeren CO2-Emissionen noch einige Hürden zu überwinden sind. Es gibt keine technologische Wunderwaffe, durch die sich alle Probleme über Nacht lösen ließen. Der Schlüssel für die Reduzierung der CO2-Emissionen des Transport- und Logistiksektors liegt in einem Mix an Lösungen und Technologien, die bereits auf dem Markt sind oder kurz vor der Marktreife stehen.
Führende Logistiker zeigen bereits heute durch zahlreiche Maßnahmen, wie Nachhaltigkeit – allen voran die Minderung der CO2-Emissionen – zu einem zentralen Aspekt des unternehmerischen Handelns werden kann. So hat Deutsche Post DHL mit dem GoGreen-Programm Pionierarbeit geleistet: als erster Anbieter CO2-neutraler Sendungen und als erstes Logistikunternehmen, das sich ein konkretes CO2-Effizienzziel gesetzt hat. Auf diese Weise kann Logistik zu Nachhaltigkeit beitragen.
Dr. Frank Appel
Der 1961 geborene Autor hat Chemie an der Universität München studiert. 1993 promovierte er in Neurobiologie an der ETH Zürich in der Schweiz. Seit 1993 war er zunächst Berater und ab 1999 Mitglied der deutschen Geschäftsführung bei McKinsey & Co. Seit 2000 ist er bei der Deutschen Post AG tätig. 2002 wurde Dr. Frank Appel Mitglied des Vorstandes; seit 2008 ist er Vorstandsvorsitzender.