„Heyme inszeniert Wagner am Originalschauplatz“ – so titelte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, als das Ludwigshafener Theater im Pfalzbau mit dem „Rheingold“ den ersten Teil von Richard Wagners Operntetralogie „Der Ring des Nibelungen“ auf die Bühne brachte.
Die Gegend um Worms, das nur wenige Kilometer nördlich von Ludwigshafen liegt, gilt als Schauplatz der Nibelungensage; und Theaterintendant Heyme hatte, als er das Ludwigshafener Ring-Projekt vorstellte, erklärt, nach seiner Überzeugung könne der sagenhafte Goldschatz der Nibelungen nirgendwo anders als auf Höhe des nördlichen Stadtteils Edigheim im Rhein versenkt worden sein.
Den Schatz hat tatsächlich noch niemand gefunden, aber wer durch Ideen, Fleiß und Arbeit zu Wohlstand kommen will, für den ist Ludwigshafen der richtige Ort. Wenn man dem Städteranking 2011 der Wirtschaftswoche und der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft glauben darf, dann ist Ludwigshafen „die beste Stadt für Unternehmen“.
Die zweitgrößte Stadt von Rheinland-Pfalz bildet gemeinsam mit der auf der baden-württembergischen Rheinseite gelegenen Schwesterstadt Mannheim den industriellen Kern der Metropolregion Rhein-Neckar. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 83.800 Euro pro Beschäftigtem gehört Ludwigshafen zu den produktivsten Städten der Republik. Nur Düsseldorf und Frankfurt können hier einen noch höheren Wert vorweisen.
Ein beachtlicher Teil dieser Wertschöpfung geht auf das Konto der BASF, die an ihrem Stammsitz nicht nur den größten, sondern auch einen der effektivsten und innovativsten Chemiestandorte der Welt betreibt. Wenn die BASF „The Chemical Company“ ist, dann ist Ludwigshafen the chemical city.
Zum Chemiestandort Ludwigshafen gehören aber auch Unternehmen wie Giulini, Raschig oder Reckit Benckiser. Für AbbVie zum Beispiel ist Ludwigshafen der wichtigste Standort der Pharma-Forschung außerhalb der USA. Unter den 2.000 Beschäftigten am Standort sind 900 Wissenschaftler, die hier nach Medikamenten gegen AIDS, Alzheimer und andere Krankheiten suchen.
Die chemische Industrie ist zwar der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig für die Stadt, sie stellt aber trotzdem nur ein gutes Drittel der Arbeitsplätze. Gerade in den letzten Jahren ist es gelungen, durch gezielte Ansiedlungen aus anderen Branchen die wirtschaftliche Basis der Stadt zu verbreitern.
Neue Arbeitsplätze sind vor allem im Maschinenbau, im Einzelhandel, in der Kommunikations- und Informationstechnologie und in der Lebensmittelproduktion entstanden.
Mit der Joseph Vögele AG hat der weltweit führende Hersteller von Straßenfertigern seinen Sitz nach Ludwigshafen verlagert und im Süden der Stadt ein neues Werk gebaut. Die Deutsche Telekom hat mehrere Hundert Arbeitsplätze aus der Region in einem Neubau an der Rheinallee konzentriert. Unmittelbar daneben entsteht ein neues Bürogebäude für BASF-Mitarbeiter, und nur einen Steinwurf davon entfernt hat der traditionsreiche Pumpenhersteller Halberg Maschinenbau 2013 ein neues Verwaltungsgebäude errichtet. Der regionale Großbäcker Görtz hat Firmensitz und Produktion an seinen Ursprungsort Ludwigshafen zurückverlegt und beliefert aus dem neuen Backhaus im Stadtteil Rheingönheim täglich mehr als 100 Filialen.
Ludwigshafen ist also eine Stadt im Wandel. Das ist für uns nichts Neues, denn Wandel und Veränderung waren und sind in der Geschichte unserer jungen Stadt ständige Begleiter. Ludwigshafen ist die einzige erfolgreiche Stadtgründung des 19. Jahrhunderts im deutschen Binnenland. Und obwohl die Stadt den Namen eines bayerischen Königs trägt, verdankt sie diesen Erfolg doch fast ausschließlich ihren Bürgern. Ludwigshafen hat sich nicht aus dem Willen eines Monarchen, sondern aus der Initiative seiner Unternehmer und aus dem Fleiß der Menschen entwickelt. Das ist eine Tradition, der wir uns verpflichtet fühlen und aus der sich eine große Offenheit für die Interessen von Unternehmen und Existenzgründern ergibt. Ludwigshafen war und ist ein Ort für Menschen, die offen sind für Veränderungen und die bereit sind, auch selbst etwas zu verändern, die für sich und für andere ein Stück Zukunft gestalten wollen – eben ein guter Ort für Unternehmer.
Auch wenn der Wandel bei uns Tradition hat, so haben doch die Veränderungen der letzten Jahre eine besondere Qualität. Am augenfälligsten sind diese Veränderungen am Rheinufer. Lange Zeit war fast das gesamte Ludwigshafener Rheinufer mit Hafen- und Industrieanlagen belegt. Heute steht auf dem Gelände des der Innenstadt vorgelagerten ehemaligen Containerhafens ein modernes Einkaufszentrum mit 130 Geschäften, darunter so trendige und in Deutschland bislang noch selten vertretene Markenshops wie Desigual oder Hollister. Daneben ist mit dem Platz der Deutschen Einheit ein neuer urbaner Raum entstanden, der die Innenstadt zum Rhein hin öffnet. Die Innenstadtlage am Rhein ist in dieser Form einmalig in der Region. Sie lässt Ludwigshafen für Einheimische und Besucher als Stadt am Rhein erlebbar werden. Am Rand des ehemaligen Hafengeländes wird eine aus denkmalpflegerischen Gründen erhaltene alte Werfthalle zum neuen Hauptquartier einer Werbeagentur umgebaut. Südlich davon schließen sich mit dem Rheinufer Süd und der Parkinsel die besten Wohnlagen der Stadt an. Die Bebauung der Parkinsel begann 1900. Mit dem alten, parkartigen Baumbestand und einer durch die Insellage bedingten gewissen Abgeschiedenheit in eigentlich zentraler Lage gehört sie schon immer zu den schönsten Wohngebieten der Metropolregion. Seit 2005 ist die Parkinsel alljährlich im Sommer Schauplatz des „Festivals des deutschen Films“, das regelmäßig die Stars des deutschen Kinos nach Ludwigshafen lockt.
Die Entwicklung des auf dem Festland angrenzenden Rheinufers Süd als Wohngebiet begann erst in den letzten Jahren. Insgesamt werden hier gut 700 Wohnungen des gehobenen Segments entstehen. Die Nachfrage in den ersten Baufeldern hat sich so stark entwickelt, dass man heute schon von einer der begehrtesten Wohnlagen der Metropolregion sprechen kann.
Jenseits dieses Top-Level-Segments gibt es in den Stadtteilen, vor allem in Rheingönheim und in Oggersheim, attraktive Neubaugebiete mit Ein- und Zweifamilienhäusern für junge Familien. Das ist – neben der gezielten Ansiedlung von Unternehmen jenseits der chemischen Industrie – vielleicht der tiefgreifendste Wandel in Ludwigshafen: Die Stadt hat lange ihr überkommenes Selbstverständnis als Arbeiterstadt gepflegt und ihre Wohnungsbaupolitik einseitig auf den Geschossflächenbau ausgerichtet. Mittlerweile sind Neubaugebiete vor allem auf die Bedürfnisse des Mittelstandes zugeschnitten.
Der Mittelstand schätzt an Ludwigshafen die zentrale Lage in der Metropolregion, die hervorragende Verkehrsanbindung, ein umfassendes Angebot an Bildungs- und Betreuungseinrichtungen und gerade auf dem Wohnungsmarkt auch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Stadt mit den – im Durchschnitt – am besten dotierten Arbeitsplätzen in der Region wird auch als Wohnort immer attraktiver. Die Nachfrage steigt an, aber der Markt ist noch nicht überteuert. Das ist eine Situation, die nicht nur für Wohnungssuchende interessant ist, sondern auch für die Immobilienwirtschaft. Verschiedene Projektentwickler engagieren sich nicht nur im Neubaubereich, sondern auch in der qualitativ hochwertigen Renovierung und Sanierung von Altbauten. So revitalisiert zum Beispiel die Pantera AG die zwischen 1918 und 1920 erbauten Wislicenushöfe mit 260 Wohnungen in der nördlichen Innenstadt. Im nördlich an die Innenstadt angrenzenden Stadtteil Friesenheim erneuert darüber hinaus die Luwoge GmbH die aus dem Jahr 1923 stammenden Hohenzollernhöfe mit 160 Wohnungen.
Die Entwicklung auf dem Ludwigshafener Immobilienmarkt wird auch überregional aufmerksam registriert. In der Zeitschrift „Capital“ war jüngst zu lesen: „Die Stadt ist raus aus der chemieindustriellen Schmuddelecke. Mit dem Viertel Rheinufer Süd wurde eine der besten Wohnlagen der Region aus dem Boden gestampft. Jetzt werden auch die alten Arbeitersiedlungen salonfähig gemacht. Ludwigshafen hat es geschafft und gleichgezogen mit Mannheim und Heidelberg.“
Natürlich freue ich mich über so viel Anerkennung des Wandels in Ludwigshafen. Aber ganz ehrlich: „Ludwigshafen hat es geschafft“ ist ein Satz, der nicht wirklich zur Mentalität der Stadt passt. Ludwigshafen wird sich selbst – und damit dem Wandel – treu bleiben. Wir bleiben offen für Veränderungen und für Menschen, die etwas gestalten wollen.
Die Autorin hat Jura studiert und danach verschiedene Tätigkeiten als Verwaltungsjuristin ausgeübt. Von 1996 bis 2001 war sie Dozentin an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Mannheim. Seit 2002 ist sie Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen am Rhein, seit 2006 ist sie zudem Vorsitzende des Verbands Region Rhein-Neckar und seit 2013 Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages.