1846 gegründet, steht die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in der Tradition des von Gottfried Wilhelm Leibniz um 1700 geprägten Akademiegedankens: Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen zu regelmäßigem Meinungsaustausch zusammenzuführen, Methoden und Ergebnisse im interdisziplinären Gespräch zu erörtern und langfristige Forschungsvorhaben zu betreiben.
Die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig – am 1. Juli 1846 als Königlich Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften gegründet – steht in der Tradition des von Gottfried Wilhelm Leibniz um 1700 geprägten Akademiegedankens. Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen sollen zu regelmäßigem Meinungsaustausch im interdisziplinären Gespräch zusammengeführt werden, um – dem großen Universalgelehrten Leibniz folgend – »theoriam cum praxi« zu verbinden. Die Akademie, die der Idee nach das ganze Spektrum disziplinären Wissens umfasst, will transdisziplinäre Verbindungen schaffen und die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Disziplinen und wissenschaftlichen Institutionen herstellen.
Die Akademie gliedert sich in drei gleichberechtigte Klassen, die Mathematisch-naturwissenschaftliche, die Philologisch-historische und die Technikwissenschaftliche Klasse. Der Gelehrtengesellschaft gehören gegenwärtig 151 ordentliche Mitglieder an, die ihren Wohn- bzw. Dienstsitz im Einzugsbereich der Sächsischen Akademie, den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, haben. Hinzu kommen 72 korrespondierende Mitglieder. Diese Wissenschaftler aus verschiedensten Fachrichtungen treffen sich regelmäßig zum Meinungsaustausch, erörtern im interdisziplinären Gespräch Methoden und Ergebnisse der Spezialforschung und stoßen wichtige Forschungsvorhaben an.
Die Sächsische Akademie ist Mitglied der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Diese koordiniert das Akademienprogramm – ein über Deutschland hinaus einzigartiges geisteswissenschaftliches Forschungsprogramm, das von Bund und Ländern zu gleichen Teilen finanziert wird. Es dient insbesondere der langfristigen geisteswissenschaftlichen Grundlagenforschung und erfüllt die zentrale, vom Wissenschaftsrat bestätigte Aufgabe der Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung der kulturellen Überlieferung.
An der Sächsischen Akademie werden gegenwärtig über 20 Projekte des Akademienprogramms betrieben, die regelmäßig in Evaluierungsverfahren durch in- und ausländische Gutachter ihre Exzellenz nachzuweisen haben. Die Forschungsarbeiten erfolgen in engen Kooperationen mit den Universitäten in den Sitzländern sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen, darunter dem Bach-Archiv Leipzig, dem Packard Humanities Institute, Los Altos/California, der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, dem Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur Leipzig und dem Goethe- und Schiller-Archiv Weimar. Ein thematischer Schwerpunkt liegt bei Editionsvorhaben, welche einerseits die besondere Bedeutung der mitteldeutschen Region für Geschichte und Kultur Deutschlands und Europas reflektieren und sich zum anderen der historischen Grundlagenforschung unter thematischen Aspekten widmen. Traditionell haben auch Wörterbuchprojekte große Bedeutung, wobei historische Großwörterbücher im Mittelpunkt stehen. Ein dritter Schwerpunkt sind musikwissenschaftliche Projekte, weitere Themenfelder sind die Rechtsgeschichte sowie die Sprachwissenschaft. Wesentlicher Teil der Forschungsarbeit in diesen Projekten ist seit einiger Zeit der Bereich der Digital Humanities. Forschungsergebnisse und edierte Quellen werden nach höchsten wissenschaftlichen Standards digital aufbereitet und für die wissenschaftliche Fachgemeinschaft sowie eine breite Öffentlichkeit online zugänglich gemacht.
Neben der geisteswissenschaftlichen Grundlagenforschung hat auch die natur- und technikwissenschaftliche Forschung an der Sächsischen Akademie eine lange Tradition. So untersucht ein Projekt etwa die Langzeitentwicklung der Stoffströme und der biologischen Strukturen in Talsperrenökosystemen. Auf dem Gebiet der medizinischen Forschung wurde die Wirkung von Melatonin-Rezeptoren auf die pankreatischen α-, β- sowie δ-Zellen erforscht und der Frage nachgegangen, wie Uhrengene die circadian-rhythmische Insulinsekretion steuern. Dabei konnten Wechselwirkungen zwischen dem chronobiologisch bedeutsamen Hormon Melatonin und den Hormonen der Bauchspeicheldrüse Insulin und Glukagon nachgewiesen und damit wichtige Ergebnisse zum möglichen Zusammenhang von Melatonin und Diabetes mellitus erzielt werden. Ein besonderes Anliegen ist die innovative Koppelung von Natur- und Technikwissenschaften auf Gebieten wie der Materialwissenschaft, der Umweltforschung, der Geologie und Geoökologie. Ein auf Initiative der Sächsischen Akademie begründetes gemeinsames Forschungsvorhaben der Universität Leipzig und der Technischen Universität Dresden widmet sich der Erforschung und Entwicklung von funktionellen Biomaterialien zur Steuerung von Heilungsprozessen in Knochen- und Hautgewebe. Es wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und vollzieht einen Brückenschlag von materialwissenschaftlicher und biochemischer Grundlagenforschung bis hin zur klinischen Anwendung.
Basierend auf methodischen Konzepten aus dem Bereich Technikfolgenabschätzung soll der Prozess der Willensbildung und Akzeptanzförderung bei der Einführung neuer Techniken bei Entscheidungsträgern in Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik unterstützt werden. Ein durch das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig-Halle gefördertes Projekt analysiert die Standortpotenziale von Bergbaufolgelandschaften hinsichtlich ihrer Nutzungsmöglichkeiten für eine verstärkte Biomasseproduktion. Durch die Anwendung von Low-Input-Verfahren (Mischkulturen und Vielartensysteme) sollen der Energieaufwand beim Biomasseanbau reduziert und durch die Nutzung von marginalen Standorten der Bergbaufolgelandschaft Flächennutzungskonflikte gemindert werden. Experimentelle Untersuchungen sollen vorliegende Forschungsergebnisse validieren und in anwendungsbereite Produktionstechnologien überführen.
Eine gemeinsame Arbeitsstelle konnte am Institut für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (IEC) der TU Bergakademie Freiberg begründet werden, die im Rahmen des BMBF-geförderten »Zwanzig20-Forums – Partnerschaft für Innovation« eingebunden ist in die Strategiekonzeption zur Entwicklung innovativer und wettbewerbsfähiger Technologien für eine Low Carbon Economy. Dabei sollen die Potenziale entsprechender Technologien analysiert sowie wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Chancen und Konfliktfelder aufgezeigt und entsprechende Handlungsoptionen abgeleitet werden. Ein weiteres Forschungsvorhaben untersuchte Nachhaltigkeitsstrategien, um den CO2-Ausstoß in Industrie und Wirtschaft zu reduzieren.
Im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2015 »Zukunftsstadt« sucht die Akademie mit der Veranstaltungsreihe »Renaissance der Stadt – Chancen für die Zukunft« gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. die Diskussion mit der Fachwelt sowie der interessierten Öffentlichkeit über die Stadt als gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Bezugspunkt, aber auch als Ort kultureller Vielfalt, von Innovation und neuen Formen gesellschaftlichen Miteinanders.
Ihr genuines Anliegen, den transdisziplinären Dialog zu fördern und die Möglichkeit zum offenen Diskurs über das Verhältnis der Wissenschaft zu Politik und Gesellschaft zu bieten, verfolgt die Sächsische Akademie auch mit ihrem Akademiejournal »Denkströme«. Flankiert wird das Akademiejournal durch zwei öffentliche Veranstaltungsreihen: Während das Akademie-Forum für Debatten über die Wissenschaft, ihre Formen, institutionellen Verfassungen, gesellschaftspolitischen Bedingungen und ihre Aufgaben in Ausbildung und Bildung offensteht, dient das Akademie-Kolloquium der unmittelbaren Präsentation von Forschungsergebnissen aus den Projekten und angrenzenden Unternehmungen. Diese sollen nicht nur einer eingeschworenen Gemeinde von Spezialisten vertraut gemacht, sondern in den öffentlichen Raum der gesamten Wissenschaftsgemeinschaft bzw. allgemein an Wissenschaft Interessierter gestellt werden.
Dr. Christian Winter
Der Autor wurde 1965 in Borna geboren. Christian Winter studierte Theologie an der Universität Leipzig und wurde 1994 promoviert. Von 1992 bis 2012 übernahm er die Leitung der Arbeitsstelle eines frühneuzeitlichen Editionsvorhabens an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. Seit 2013 ist er Generalsekretär der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.