Angesichts steigender Rohstoffpreise brauchen wir neue Lösungen für das Zusammenspiel zwischen Kosten-, Prozess- und Ressourceneffizienz. Die ACO Guss hat sich mit kräftigen Investitionen in hochautomatisierte Anlagen zu einem High-Tech-Gießereibetrieb am Standort Kaiserslautern entwickelt.
EBN24: Sehr geehrter Herr Gründemann, die ACO Eurobar, eine Tochter der ACO Guss und Hersteller von Strangguss-Produkten, legt großen Wert auf die Qualität ihrer Produkte. Sie produziert Gussteile auf Basis der neuen europäischen Norm DIN EN 16482 – Gusseisen – Strangguss. Was genau ist darunter zu verstehen?
Gründemann: Unsere Strangguss-Produkte werden in anspruchsvollen Branchen eingesetzt, z. B. in der Hydraulik- und Pneumatikindustrie, dem Werkzeug- und Maschinenbau, der Automobilindustrie etc. Hier besteht heute nur, wer qualitativ hochwertige und zugleich wirtschaftliche Produkte anbieten kann. Deshalb war ACO Eurobar auch mit dabei, als mit der DIN EN 16482 – Gusseisen – Strangguss erstmals eine eigene, allgemein gültige Norm für den Strangguss entwickelt wurde. Sie dient den Herstellern zur Orientierung und erleichtert es Kunden, Ausschreibungen zu erstellen und Strangguss-Materialien zu vergleichen. Deshalb ist die neue DIN EN 16482 auch die Basis unserer technischen Spezifikation. ACO Eurobar garantiert über die Forderungen der Norm hinaus zusätzliche bestimmte Eigenschaften für seinen Strangguss. Die sind z. B. bei der Konstruktion von neuen Bauteilen wichtig für die Berechnung der Lebensdauer.
EBN24: Viele Kunden verlangen nach hoher Verfügbarkeit innerhalb kürzester Zeit. Wie sichern Sie dieses Qualitätsversprechen unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit der Rohstoffe und der damit einhergehenden Logistik?
Gründemann: Wir stimmen uns zum einen eng mit unseren wichtigsten Kunden ab, die uns ihre Bedarfe elektronisch übermitteln, z. B. per EDI. Außerdem halten wir permanent mehr als 6.000 Tonnen Strangguss und viele Standardprodukte in unserem umfangreichen Lager vor. Mit einem Netzwerk an qualifizierten Logistikdienstleistern sowie Zulieferern und Bearbeitern für unsere Strangguss-Produkte aus der Region runden wir unser Just-in-Time Konzept ab. Aktuell diskutieren wir außerdem neue Konzepte in der Fertigung, wie z. B. eine „Expresslinie“.
EBN24: Die Rohstoff- und Energiekosten steigen rapide an und bestimmen maßgeblich den Preis des Endprodukts. Künftig werden sich nur die Unternehmen auf dem Markt behaupten, die Material und Energie nachhaltig und effizient nutzen. Welche Investitionen konnten Sie diesbezüglich bereits realisieren?
Gründemann: Die ACO Eurobar ist ein Tochterunternehmen der ACO Guss GmbH, die sich in den letzten Jahren mit kräftigen Investitionen in hochautomatisierte Anlagen zu einem High-Tech-Gießereibetrieb am Standort Kaiserslautern entwickelt hat. Mit dem neuen Maschinenpark können wir heute deutlich energie- und ressourceneffizienter produzieren. Auch unser Energiemanagementsystem nach DIN 50001 trägt zur systematischen und nachhaltigen Minimierung des CO2-Ausstoßes und der weiteren Senkung des Energieverbrauchs bei. Unser neuer Glühofen ist beispielsweise mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet. Wenig bekannt ist übrigens, dass Gießereien per se Recyclingbetriebe sind, da hauptsächlich Schrott und Späne als Rohstoff eingesetzt werden.
EBN24: Dass beispielsweise bei der Stahlproduktion CO2 frei wird, ist fast unvermeidlich. Wie lassen sich die Emissionen im Gießereibetrieb weiter senken?
Gründemann: Z. B. mit neuer Filtertechnik für saubere Luft und Lärmschutzmaßnahmen. Statt wie bislang die gesamte Luft in der Halle abzusaugen und zu filtern, wird bei ACO Guss nun der Rauch direkt am Ofendeckel abgesaugt. Außerdem sensibilisieren wir unsere Mitarbeiter, sorgsam mit den Ressourcen umzugehen und alles abzuschalten, was aktuell nicht benötigt wird.
EBN24: Verbessern diese Maßnahmen gleichzeitig die Arbeitsbedingungen?
Gründemann: Ja – effiziente Absaug- und Filteranlagen verbessern auch das Arbeitsumfeld der Mitarbeiter, weil nicht mehr, wie früher in einer Gießerei üblich, unter hoher Staubbelastung gearbeitet wird. Auch als Gießerei mit einem rauen Arbeitsumfeld muss man attraktiv als Arbeitgeber sein, sonst findet man in der heutigen Zeit keine qualifizierten Arbeitskräfte. Die Leute erwarten heute – zu recht – einen hohen Standard. Wir arbeiten weiter daran, als attraktiver, moderner Arbeitgeber in der Region wahrgenommen zu werden und für junge Menschen ein interessanter und spannender Ausbildungsbetrieb zu sein. Schüler und potenzielle Azubis, die bei uns reinschnuppern, sind jedes Mal positiv überrascht, wie sauber unsere Gießerei ist und welche Möglichkeiten sich ihnen in diesem High-Tech Betrieb eröffnen. Unsere Azubis können beispielsweise unter elf verschiedenen Berufen wählen und werden z. B. zum Modellbauer, Industriemechaniker, Werkstoffprüfer oder Gießereimechaniker ausgebildet.
EBN24: Wo sehen Sie die größten Hürden beim Thema Energieeffizienz?
Gründemann: Als Unternehmen mit einer energieintensiven Produktion wird uns die EEG-Umlage erstattet. Ohne diese Erstattung könnte man eine Gießerei in Deutschland kaum noch profitabel betreiben. Denn die Energiekosten steigen zusehends, Auflagen und Vorschriften werden immer härter. Gesetze sind in ihrer Sinnhaftigkeit nicht immer zu verstehen und oftmals hochkomplex. Schlussendlich lassen sich Investitionen in diesem Bereich, die ja auch immer personelle Kapazitäten benötigen, teilweise nur schwer amortisieren. Und natürlich gibt es in jedem Unternehmen nur begrenzte finanzielle Ressourcen, die man einsetzen kann.
EBN24: Insbesondere chinesische Unternehmen zählen zu den größten Stahl- und Gussproduzenten weltweit und drängen auf den europäischen Markt. Wo sehen Sie den Vorteil der deutschen Industriebranche und womit punktet der Standort Kaiserslautern?
Gründemann: Wir und die gesamte deutsche Industriebranche schaffen und erhalten Arbeitsplätze für qualifiziertes Personal in Deutschland und Europa. Wir investieren für nachhaltige Entwicklung an unseren Standorten. Unsere Standards hinsichtlich Energieeffizienz, Umweltschutz und Arbeitssicherheit sind in Deutschland sehr hoch. In Kaiserslautern sind wir logistisch hervorragend aufgestellt, weil wir im Herzen Europas liegen, von wo aus unsere Absatzmärkte und Kunden sehr gut zu erreichen sind. Mit TU, Hochschule, dem Fraunhofer Institut und anderen Forschungseinrichtungen verfügen wir hier über sehr gute Institutionen zur Nachwuchsförderung, Fachkräfteausbildung und -rekrutierung und zum Wissens- und Technologietransfer. Nicht zuletzt bietet Kaiserslautern eine hohe Lebensqualität, z. B. mit der Nachbarschaft zum Biosphärenreservat Pfälzerwald, bei einem erschwinglichen Preisniveau.
Bernd Gründemann
Der Diplom Betriebswirt ist seit 2014 Geschäftsführer der ACO Eurobar GmbH und Prokurist bei der ACO Guss GmbH, Kaiserslautern. Zuvor war er im Unternehmen als Vertriebsleiter tätig. In den Jahren von 1995 bis 2011 leitete Bernd Gründemann u.a. den internationalen Vertrieb bei der BITO Lagertechnik und hatte zuvor verschiedene Positionen in Industrieunternehmen anderer Branchen inne.