Als Ernst Leitz 1869 das optische Institut von Carl Kellner in Wetzlar übernahm, dachte noch niemand daran, mit Lichtmikroskopen wenige Nanometer kleine Strukturen zu betrachten. Nachdem der Physiker Ernst Abbe 1873 die Grundlagen der modernen Optik und die Theorie formuliert hatte, dass die maximale mikroskopische Auflösung auf etwa die halbe Lichtwellenlänge, also auf 200 bis 350 Nanometer, begrenzt sei, galt diese Grenze als unumstößlich. Bis vor wenigen Jahren.
Über die Grenze hinaus gedacht. Der entscheidende Durchbruch gelang dem Physiker Professor Stefan Hell Anfang der 1990er Jahre. Hell, heute Direktor am Max-Planck-Institut Göttingen und Leiter der Abteilung für NanoBiophotonik, erfand Fluoreszenzmikroskope, die die gängige Lehrmeinung gründlich auf den Kopf stellten. Sie erlauben optische Auflösungen weit unter 100 Nanometer. Tiefe Einblicke in den Nanokosmos ermöglicht die von Hell erfundene STED-Technologie.
Mit dem STED-Mikroskop können bereits bis zu 50 Nanometer kleine Details aufgelöst werden. „STimulated Emission Depletion“ bezeichnet den physikalischen Ansatz dieses neuartigen Fluoreszenzverfahrens, wofür Hell im November 2006 mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet wurde. Einzelne fokussierte Fluoreszenzpunkte werden in ihren Randbereichen durch zusätzliches ringförmiges Licht am Fluoreszieren gehindert. Die verbleibenden Lichtpunkte können so weit verkleinert werden, dass wenige Nanometer voneinander entfernte Strukturen getrennt darstellbar werden. STED-Mikroskope, die das Unternehmen in Exklusivlizenz herstellt und vertreibt, sind heute in hochkarätigen Forschungseinrichtungen im Einsatz, beispielsweise um molekulare Strukturen innerhalb der Zelle oder Prozesse der Signalübertragung zwischen Nervenzellen zu untersuchen. Zu beobachten, wie Proteine und molekulare Komplexe sich in der Zelle bewegen, funktionieren und zusammenwirken, hilft der Wissenschaft zu verstehen, wie Krankheiten entstehen und behandelt werden können.
Kombinierte Präzision. Für industrielle Anwendungen im Nanobereich wurden inzwischen die Konfokalmikroskopie und die Interferometrie in einem einzigen Sensorkopf kombiniert. Das Dual-Core 3D-Messmikroskop Leica DCM 3D basiert auf einem schnell reagierenden Mikrodisplay, das in der Leuchtfeldblende positioniert ist. Über das Mikrodisplay können Hellfeld-, Interferometrie- und Konfokalbilder erzeugt werden. Die Kombination aus konfokalem Mikrodisplay, zwei Lichtquellen und zwei Kameras erzeugt hochpräzise 3D-Messungen und unbegrenzte Tiefenschärfe. Innerhalb von Sekunden werden glatte sowie raue Oberflächen und Flanken bis zu 70 Grad erfasst. Dabei können Höhenunterschiede von wenigen Nanometern bis zu mehreren Millimetern gemessen werden. Das 3D-Messmikroskop wird für vielfältige Messanwendungen in Forschung und Entwicklung sowie in Qualitätssicherungslabors bis hin zu automatisierten Online-Prozesskontrollen eingesetzt, bei denen hohe Geschwindigkeiten und Auflösungen bis 0,1 Nanometer erforderlich sind.
Die Autorin ist Diplom-Oecotrophologin und staatlich geprüfte Kommunikationsfachfrau. Medizin, Wirtschaft, Dienstleistungen und Technik sind ihre Fachgebiete. Seit 2006 ist Anja Schué als Redakteurin für Technologie und Applikationen bei Leica Microsystems tätig und für die Erstellung des Kundenmagazins reSOLUTION und Veröffentlichungen in Fachmagazinen verantwortlich.