15 Jahre nach Start der sächsischen Biotechnologie-Offensive setzt die Branche auf interdisziplinäre Vernetzung.
Biotechnologie in Sachsen. Rund um das Thema Lebenswissenschaften hat sich in Sachsen in den vergangenen Jahren ein agiles und innovatives Cluster entwickelt, das vom biosaxony e. V. betrieben wird. Als gesamtsächsisches Netzwerk repräsentiert der biosaxony e. V. die Biotechnologie sowie die daran angrenzenden Bereiche, von den Ingenieurwissenschaften über Materialwissenschaft bis hin zur Medizintechnik. Als Querschnittstechnologie ist die Biotechnologie für eine Vielzahl an Hightech-Branchen von großer Bedeutung und immer mehr Branchen nutzen biotechnologische Verfahren.
Der Freistaat Sachsen und die Kommunen haben in den letzten 15 Jahren einen systematischen Aufbau der Lebenswissenschaften betrieben und wesentlich zur Etablierung des Biotechnologie-Standorts Sachsen beigetragen. Mit der sogenannten Biotechnologie-Offensive erfolgte die konkrete Unterstützung der öffentlich geförderten Wissenschaft in diesem Bereich. Daraus hat sich eine starke universitäre und außeruniversitäre Forschungslandschaft von internationalem Ansehen entwickelt, die außerdem die Basis für einen aus den Lebenswissenschaften entstandenen Wirtschaftszweig bildet.
Inzwischen existieren in Sachsen 45 Biotechnologie-Unternehmen, die sich vorrangig mit roter Biotechnologie beschäftigten. Die Biotechnologie ist jedoch auch mit verschiedenen anderen Branchen eng verknüpft und schafft hier neue Anwendungsmöglichkeiten. So findet man in Sachsen mehr als 200 assoziierte Unternehmen, die nicht direkt biotechnologisch tätig sind, aber wesentlich zur Wertschöpfung der Biotechnologie beitragen. Im Vergleich zu den letzten Jahren war eine deutliche Weiterentwicklung dieser jungen Branche zu erkennen. So stieg im Vergleich zu 2012 der Anteil der wirtschaftlich selbstständigen, dedizierten Biotech-Unternehmen deutlich an. Außerdem konnte eine Zunahme der Mitarbeiterzahlen verzeichnet werden.
Die Lebenswissenschaften mit der Biotechnologie als Zugpferd haben in Sachsen eine wissenschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung erlangt und bilden ein wichtiges Standbein des Hightech-Standorts mit bedeutendem Zukunftspotenzial.
Die strategische Entwicklung des Hightech-Standorts. Sachsen und insbesondere Dresden haben eine lange Tradition als Pharma-Standort, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückgeht. Friedrich von Heyden entwickelte das erste industrielle Verfahren zur Produktion von Salicylsäure, den Ausgangsstoff für Aspirin, und gründete 1874 eine Fabrik in Radebeul. Die Salicylsäurefabrik legte den Grundstein für einen bedeutenden Pharma-Standort, der 1961 Teil des VEB Arzneimittelwerk Dresden wurde und noch heute als Sitz der Arevipharma GmbH aktiv ist. Nach der Wende zerfiel mit dem Arzneimittelwerk Dresden der größte Pharma-Betrieb der DDR.
Im Jahr 2000 entschied der Freistaat Sachsen, strategisch in die Biotechnologie zu investieren und damit ein Hightech-Standbein aufzubauen. Über 200 Millionen Euro wurden über fünf Jahre in Infrastruktur und Wissenschaft investiert, um die notwendigen Rahmenbedingungen für die Entwicklung eines neuen Wirtschaftszweiges zu schaffen. Seither waren Folgeinvestitionen in vielfacher Höhe zu verzeichnen.
Die Entwicklung dieser Offensive wurde zunächst von der Sächsischen Koordinierungsstelle für Biotechnologie gesteuert. Im Jahr 2009 löste der biosaxony e.V. als Branchenverband die Koordinierungsstelle ab. Inzwischen hat sich dessen Mitgliederzahl – ausgehend von 22 Gründungsmitgliedern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung – verfünffacht.
Ein wesentliches Ergebnis der Biotechnologie-Offensive war der Bau zweier Gründerzentren, des BioInnovationsZentrum sDresden und der BIO CITY Leipzig. Außerdem folgte in diesem Zuge die Ansiedelung von Max-Planck-Instituten und Fraunhofer-Instituten, wie zum Beispiel dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig. Das IZI hat wesentlich zur Stärkung der regionalen Wirtschaft beigetragen. Zehn Jahre Geschäftsbetrieb führten zur Ansiedlung und Ausgründung von 13 Unternehmen.
Seither haben sich die Lebenswissenschaften dynamisch entwickelt und Sachsen hat eine international wettbewerbsfähige Forschungsposition erreicht. Heute gelten die Lebenswissenschaften als eine der fünf sächsischen Kernkompetenzen.
biosaxony e. V. – Netzwerk der sächsischen Biotechnologie. Das grundlegende Ziel von biosaxony ist es, die Leistungsfähigkeit der sächsischen Lebenswissenschaften unter aktiver Einbeziehung der Akteure aus allen Regionen des Freistaates weiter zu steigern. Ein Wachstum der Branche kann nur erreicht werden, wenn stetig Innovationsimpulse gegeben werden und Technologietransfer aktiv unterstützt wird.
Innovationsimpulse bilden Ausgangspunkte für neue Ideen und Erfindungen mit wirtschaftlicher Bedeutung. Hierfür ist das Beschreiten neuer Wege erforderlich, zum Beispiel in Form interdisziplinärer Kooperationen. biosaxony fördert dies, indem sächsischen Akteuren der Austausch mit anderen Regionen und Branchen ermöglicht wird, wie beispielsweise im Projekt „Aktionsplan Medizintechnik“ zusammen mit der BioRegio STERN Management GmbH aus der Region Stuttgart. Die regionale und überregionale Netzwerkarbeit ist eine Möglichkeit, neue Wege zu explorieren und damit neue Anwendungsfelder, neue Produkte und neue Märkte zu schaffen. Die Zusammenarbeit von biosaxony und Silicon Saxony im Rahmen des von der EU geförderten C3-Saxony-Projekts kombiniert die Schlüsseltechnologien Biotechnologie und Informations-/Kommunikationstechnik. C3-Saxony ist ein Cross-Cluster-Projekt zwischen biosaxony, Silicon Saxony, der Agil GmbH und der Wissensarchitektur der TU Dresden und wird vom Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) koordiniert. Zum Arbeitsprogramm gehören unter anderem die Betreuung und konkrete Unterstützung interdisziplinärer Projekte durch die Vergabe von Innovationsgutscheinen, Besuche anderer Cluster sowie die Erstellung eines Inkubatorkonzepts. Die Initiierung neuer Ideen ist maßgebend für die Innovationskraft der Branche, ihr wirtschaftlicher Erfolg wird jedoch ebenso von der Begleitung bestehender Projekte bis hin zur Marktreife bestimmt. Dieser Wissens- und Technologietransfer ist ein weiterer Aufgabenbereich von biosaxony, um aus dem wissenschaftlichen Potenzial wirtschaftliche Erfolge zu machen. Hierzu wurde zusammen mit der Landeshauptstadt Dresden das Konzept der Technologietransfermesse bionection entwickelt. Nach der Premiere in Dresden mit über 200 Teilnehmern aus zehn Ländern fand die bionection in diesem Jahr in Leipzig statt. In Form eines Technologieschaufensters wurden Projekte von Wissenschaftlern einem breiten Publikum vorgestellt, um Know-how aus Sachsen regional, national und international zu vermarkten. Im Partnering konnten Kooperationen angebahnt und Kontakte geschaffen werden. Mit der bionection hat biosaxony ein Instrument für erfolgreichen Technologietransfer etabliert, das Wissenschaft und Industrie zusammenbringt.
Ausblick. Der biosaxony e.V. wurde als Interessenvertretung der sächsischen Biotechnologiebranche gegründet. Da jedoch die vielfältigen interdisziplinären Anknüpfungspunkte an andere Technologiefelder zunehmend an Bedeutung gewinnen, wird biosaxony in Zukunft noch stärker Verknüpfungen mit anderen Branchen aufbauen. Im Fokus stehen derzeit die Medizintechnik und die Gesundheitswirtschaft, die den Clusterakteuren der Biotechnologie neue Anwendungsmöglichkeiten und Märkte eröffnen können.
André Hofmann
Der Autor leitet als Geschäftsführer des biosaxony e.V. das sächsische Life-Sciences-Cluster biosaxony. Außerdem ist er Geschäftsführer der biosaxony Management GmbH und der BIO-NET LEIPZIG Technologietransfergesellschaft mbH. Nach seinem Studium der Medizintechnik/Biotechnologie forschte er als Wissenschaftler am Max-Bergmann-Zentrum für Biomaterialien Dresden. Von 2007 bis 2012 arbeitete André Hofmann als Kompetenzfeldmanager Life Sciences/Biotechnologie bei der Stadt Dresden.